Année politique Suisse 2001 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Kulturpolitik
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Filmförderung
Obgleich der Entwurf des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über Filmproduktion und Filmkultur durch den Verzicht auf eine generelle Lenkungsabgabe zugunsten kleinerer Filmproduktionen („Hollywood-Rappen“) bereits einem hart erkämpften Kompromiss zwischen dem BAK und der Branche entsprach, scheiterte die Vorlage vorerst an der bürgerlichen Opposition im Ständerat. Die beiden CVP-Abgeordneten Schmid (AI) als Vertreter der Werbebranche und Cottier (FR) als Präsident der Filmverleihvereinigung Procinéma liessen kaum einen guten Faden an dem Gesetz, das sie als „dirigistisch“ und „existenzgefährdend“ für kleine Kinounternehmen bezeichneten. Zur Garantie der Vielfalt des gezeigten Filmschaffens wollten sie allein auf die Gewerbefreiheit und die Verantwortung der Branche setzen und auch die dem Bund zugestandene Möglichkeit, subsidiär eine Abgabe zu erheben, falls trotz Branchenintervention in einer Region nur noch ausländische Grossproduktionen gezeigt werden, aus dem Gesetz kippen. Vergeblich machten die Freisinnigen Beerli (BE), Langenberger (VD) und Marty (TI) geltend, das neue Gesetz sei viel liberaler als das alte von 1962 und die Lenkungsabgabe lediglich die „ultima ratio“ für den Fall, dass es der Branche nicht gelinge, in Eigenregie die von der Verfassung (Art. 71) postulierte kulturelle Diversität herzustellen; sie vermochten nicht einmal alle ihre Parteikollegen zu überzeugen. Auch die Feststellung von Bundesrätin Dreifuss, man könne in einem Markt, der von einem (amerikanischen) Oligopol beherrscht sei, nicht allein auf die Gesetze der Marktwirtschaft setzen, fruchtete nichts. Mit 27 zu 12 Stimmen wurde der Entwurf zur Überarbeitung an den Bundesrat zurückgewiesen [9].
Noch bevor die Vorlage von der zuständigen Nationalratskommission behandelt wurde, einigten sich BAK und Procinéma auf Vermittlung der beiden Ständeräte Bieri (cvp, ZG) und Schiesser (fdp, GL) auf eine weitere Stärkung der Verleih- und Betreiberbranche. Die Erhaltung der Vielfalt soll ganz dem Gewerbe und seinen Branchenvereinbarungen überlassen bleiben, das BAK nur noch die Einhaltung der Ziele regelmässig evaluieren. Die subsidiäre Erhebung einer Förderabgabe durch den Bund – falls die Selbstregulierung dennoch versagen und das Filmangebot einer Region verkümmern sollte – wurde zwar aufrecht erhalten, aber redimensioniert; insbesondere sollen bei wiederholtem Zuwiderhandeln lediglich geringfügige Bussen verhängt werden [10]. Dieser informelle Weg führte in der Sommersession zu einem ersten Etappensieg für das neue Gesetz. Zwar etwas erstaunt über das Vorprellen der beiden Ständeräte und ohne die Vorlage inhaltlich diskutieren zu können, sprachen sich die meisten Fraktionssprecher im Nationalrat gegen die Rückweisung an den Bundesrat aus, um den Gesetzgebungsprozess wieder in Gang zu bringen. Einzig der Zürcher SVP-Abgeordnete Mörgeli benutzte die Gelegenheit zu einem Rundumschlag gegen die Kulturbehörden und das schweizerische Filmschaffen; da er es aber verpasst hatte, seinerseits einen Rückweisungsantrag zu stellen, wurde das Geschäft stillschweigend an den Ständerat zurückgeschickt [11].
Nach diesem Vorgeplänkel stand der einlässlichen Behandlung des Gesetzes durch den Ständerat nichts mehr im Wege. Die Vorschläge der vorberatenden Kommission übernahmen in den wesentlichen Punkten das Vermittlungsergebnis und waren damit näher beim Entwurf des Bundesrates als bei den (allerdings nie positiv formulierten) Anträgen der Gewerbelobby. Diesmal erwuchs der Vorlage keinerlei Widerstand, Abänderungsanträge über die Detailkorrekturen der Kommission hinaus wurden keine gestellt. Das Gesetz passierte problemlos mit 27 zu 3 Stimmen. In der Wintersession stimmte der Nationalrat dem Gesetz im Eiltempo (und ohne eine einzige Differenz zum Ständerat zu schaffen) mit 120 zu 25 Stimmen zu, worauf das Gesetz definitiv verabschiedet werden konnte [12].
Kurz vor der Wintersession riefen Filmschaffende das Parlament dazu auf, den Filmkredit massiv anzuheben; die im Budget 2002 vorgesehene Erhöhung um zwei Mio Fr. genüge nicht für ein längerfristiges Überleben des Schweizer Films. Die Aufstockung der Gelder reiche nicht einmal aus, um die bisher von privater Seite mitfinanzierte und im neuen Filmgesetz definitiv als Aufgabe des Bundes verankerte erfolgsabhängige Filmförderung („Succès cinéma“) aufrecht zu erhalten [13]. Bei der Beratung des Voranschlags stellten vor allem Abgeordnete aus der lateinischen Schweiz mehrere Anträge zur Erhöhung der Mittel. Im Nationalrat setzte sich vorerst ein Antrag Simoneschi (cvp, TI) für eine zusätzliche Aufstockung um 3,5 Mio Fr. durch; angesichts des finanzpolitischen Widerstands in der kleinen Kammer einigten sich die Räte schliesslich auf eine Anhebung um total 3,75 Mio Fr. gegenüber dem Vorjahr [14].
Der Tessiner Grosse Rat stimmte einem Kredit zu, der es der Kantonsregierung erlaubt, das Filmfestival von Locarno in den nächsten fünf Jahren mit total 13 Mio Fr. zu unterstützen. Dieser Betrag, der die bisherigen ad hoc-Subventionen ersetzt, soll es den Organisatoren ermöglichen, das Festival auf eine finanziell gesunde Basis zu stellen, ohne Abstriche im künstlerischen Bereich zu machen und damit seine Stellung zu gefährden. Die kulturelle Ausstrahlung und das touristische Gewicht des Filmfestivals, die dem Ansehen und der Wirtschaft des Kantons zugute kommen, dienten als Rechtfertigung für diese Finanzspritze [15].
 
[9] AB SR, 2001, S. 117 ff. Vgl. SPJ 2000, S. 284. Die Presse zeigte sich mehrheitlich konsterniert ob dieser als „Filmriss“ bezeichneten offenen Lobbyingpolitik der amerikanischen Filmgesellschaften, umso mehr, als im Vorfeld der Beratungen nichts auf diesen Eklat hingewiesen hatte (Presse vom 21.3.01).9
[10] Presse vom 28.4.01. 10
[11] AB NR, 2001, S. 649 ff. 11
[12] AB SR, 2001, S. 528 ff. und 1045; AB NR, 2001, S. 1524 ff. und 2011. 12
[13] Presse vom 23.11.01; NZZ, 26.11.01. Zur positiven Bilanz von „Succès cinéma“ nach fünfjähriger Versuchszeit siehe Lit. Holzer; NZZ, 4.8.01. Vgl. auch SPJ 1996, S. 308, 1997, S. 322, 1998, S. 324, 1999, S. 330 und 2000, S. 284. 13
[14] AB SR, 2001, S. 767 ff., 932 ff. und 970 f.; AB NR, 2001, S. 1681 ff., 1847 ff. und 1877. 14
[15] Presse vom 7.6.01. Zum Bundesbeitrag an das Festival siehe die Antwort des BR auf eine Frage Fehr (sp, ZH) in AB NR, 2001, S. 760. 15