Année politique Suisse 2002 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt
 
Arbeitnehmer
In seinem Kampf gegen die Privatisierung und Liberalisierung bisher vom Staat oder seinen Betrieben erbrachter Leistungen konnten der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und seine Unterorganisationen im Berichtsjahr mehrere Erfolge erzielen. So lehnte auf nationaler Ebene das Volk das von den Gewerkschaften mit einem Referendum bekämpfte neue Elektrizitätsmarktgesetz ab. Im weiteren reichte die Gewerkschaft Kommunikation die vom SGB und der Stiftung für Konsumentenschutz unterstützte Volksinitiative für die Erhaltung von flächendeckenden Postdienstleistungen ein. Eine deutliche Niederlage erlitt der SGB hingegen bei seiner Volksinitiative für die 36-Stunden-Woche. Nur gerade 25% der Stimmenden unterstützten in der Volksabstimmung vom 3. März diesen Vorschlag. Gemäss einer repräsentativen Befragung wurde er sogar von einer Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder und -sympathisanten abgelehnt. Erfolglos blieb der SGB auch in der Volksabstimmung über die von ihm mit dem Referendum bekämpfte Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes [6].
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Organisation und Mitgliederbewegung
Der Mitgliederbestand des SGB nahm im Berichtsjahr wieder leicht zu: er stieg um 511 auf 384 690 Personen. Zu diesem Zuwachs beigetragen hat ausschliesslich der Beitritt von drei neuen Verbänden mit insgesamt rund 6000 Mitgliedern. Es handelte sich dabei um den Berufsverband Soziale Arbeit, den Bühnenkünstlerverband sowie die rund 3200 Mitglieder starke Gewerkschaft des Kabinenpersonals der Fluggesellschaften (kapers), welche sich als assoziiertes Mitglied dem SGB anschloss. Von den bisherigen SGB-Organisationen verzeichneten insbesondere die Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI), welche im Berichtsjahr unter anderem mit Streiks für einen neuen GAV gekämpft hatte, und die vor einigen Jahren vom SMUV und der GBI für den Dienstleistungssektor gegründete Unia Mitgliederzuwächse. Einbussen erlitten namentlich der Bankpersonalverband und die traditionelle Dienstleistungsgewerkschaft VHTL, welche bestandesmässig von der auf 17 642 Personen angewachsenen Unia überholt wurde [7].
Am 14. Dezember schlossen sich der Christlichnationale Gewerkschaftsbund (CNG) und die Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände (VSA) zum neuen gewerkschaftlichen Dachverband Travail.Suisse zusammen. Zum neuen Präsidenten der rund 150 000 Mitglieder aufweisenden Organisation wurde einstimmig der bisherige CNG-Präsident und Nationalrat Hugo Fasel (FR) von der unabhängigen Christlichsozialen Partei gewählt [8]. An ihren ausserordentlichen Kongressen am 7. September fällten die Delegierten der beiden grössten Einzelgewerkschaften des SGB, des SMUV und der GBI, einen Grundsatzentscheid für eine Fusion, an welcher auch die Dienstleistungsgewerkschaft Unia beteiligt sein soll. Die Vereinigung soll im Jahr 2004 stattfinden und vier Jahre später abgeschlossen sein. Opposition gegen die Fusion der von ihrer Tradition und Mentalität her verschiedenen Organisationen gab es nur wenig; die Skepsis gegen einen Zusammenschluss, welche noch im Jahr 2000 in beiden Verbänden bestanden hatte, war weitgehend verschwunden. Im SMUV fiel der Entscheid mit 159:9 Stimmen bei 17 Enthaltungen, bei der GBI mit 184:11 bei 8 Enthaltungen. Die Verbandsleitungen beschlossen später, dass die neue Gewerkschaft den Namen der 1996 von ihnen gemeinsam gegründeten Dienstleistungsgewerkschaft Unia übernehmen soll [9].
 
[6] Vgl. dazu die einzelnen Sachkapitel (Teil I, 6a, 6b, 7a und 7c).
[7] NZZ, 16.12.02 (kapers) und 3.4.03 (Mitgliederzahlen).
[8] NZZ, 7.5., 29.6., 14.12. und 16.12.02; BaZ, 16.12.02. Der VSA war mit dem Ende 2000 erfolgten Austritt seiner mitgliederstärksten Unterorganisation, dem Schweizerischen Kaufmännischen Verband, stark geschwächt worden (vgl. SPJ 2000, S. 363).
[9] NZZ, 9.9. und 29.11.02. Vgl. dazu auch Presse vom 30.8.02 und WoZ, 5.9.02. Zu den Vorbereitungen der Fusion siehe SPJ 2000, S. 363. Zur Unia siehe SPJ 1996, S. 371 f.