Année politique Suisse 2002 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires / Parlament
Nachdem es das Volk 1992 abgelehnt hatte, den Parlamentariern Mittel für die
Einstellung von
persönlichen Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen, unternahm die SPK des Nationalrats im Berichtsjahr einen neuen Anlauf. Ausgehend von der grossen und weiter zunehmenden Arbeitslast der Parlamentarier und der Überlegung, dass eine substanzielle Erhöhung der Entschädigungen in einer Volksabstimmung keine Chance hätte, beantragte sie, jedem Parlamentsmitglied einen zweckgebundenen jährlichen Kredit von 40 000 Fr zu gewähren, mit welchem persönliche Mitarbeiter zur Vorbereitung der Ratstätigkeit angestellt werden können. Da aus diesem Betrag nur eine Teilzeitstelle finanziert werden kann, dürfen Parlamentarier ihre Kredite auch zusammenlegen, um gemeinsam Assistenzpersonal einzustellen
[19].
Im Nationalrat beantragte die SVP erfolglos Nichteintreten. Ihre Opposition richtete sich nicht nur gegen die beantragten Mittel für die persönlichen Mitarbeiter, sondern auch gegen die Absicht der SPK, den dafür einzusetzenden Betrag nicht im referendumsfähigen Gesetz, sondern in einer Verordnung festzuschreiben. Die Argumente der SVP gegen die persönlichen Mitarbeiter waren einerseits finanzpolitischer Natur, andererseits befürchtete sie aber auch eine Zunahme der persönlichen Vorstösse und damit eine zeitliche Mehrbelastung für die Parlamentsmitglieder. Die Ratsmehrheit lehnte auch in der Detailberatung einen Streichungsantrag der SVP ab und ging dann sogar noch weiter: auf Antrag Tschuppert (fdp, LU) beschloss sie, dass die Höhe sämtlicher Bezüge der Abgeordneten (Einkommen, Entschädigungen und Beiträge für Mitarbeiter) sowie deren automatische Anpassung an die Teuerung in Zukunft nicht mehr im Gesetz, sondern in einer Verordnung geregelt sein soll.
Die SPK des Ständerats lehnte die Entschädigungen für die Einstellung von persönlichen Mitarbeitern ab, da diese zweckgebundene Zahlung den unterschiedlichen individuellen Bedürfnissen der Abgeordneten nicht gerecht würde und ihre Verwaltung durch die Parlamentsdienste zu aufwändig wäre. Da aber auch für die SPK des Ständerats eine bessere materielle Unterstützung der Parlamentsangehörigen gerechtfertigt war, beantragte sie erstens die Jahrespauschale von 12 000 auf 24 000 Fr. zu verdoppeln und zweitens die bisherige Spesenpauschale in eine Entschädigung für Sach- und Personalauslagen umzuwandeln und von 18 000 auf 30 000 Fr. zu erhöhen. Insgesamt würden damit die Entschädigungszahlungen nur um 24 000 statt um 40 000 Fr. verbessert. Um die Parlamentarierbezüge nicht dem Referendum zu entziehen, beantragte die SPK zudem, dass diese weiterhin auf Gesetzesebene festzulegen sind. All diese Vorschläge setzten sich im Ständerat deutlich durch.
In der
Differenzbereinigung schwenkte die vorberatende Kommission des Nationalrats auf den Beschluss der kleinen Kammer ein, die Beträge für Einkommen, Entschädigungen und Mitarbeiter weiterhin auf Gesetzesstufe festzulegen; an den 40 000 Fr. für die persönlichen Mitarbeiter hielt sie aber fest. Die Lösung des Ständerats lehnte sie unter anderem auch deshalb ab, weil ihrer Ansicht nach mit dieser Verdoppelung der Jahrespauschale das Referendum geradezu provoziert würde. Ihre Position setzte sich gegen den Widerstand der SVP sowie einer Mehrheit der FDP- und einer Minderheit der CVP-Fraktion mit 93:78 Stimmen durch. In der Folge hielten beide Kammern an ihren Beschlüssen fest. In der
Einigungskonferenz setzte sich das Modell des Ständerats durch und der Nationalrat gab seine Zustimmung. In der Schlussabstimmung passierte die Vorlage mit 116:34 Stimmen im Nationalrat und mit 33:1 im Ständerat. Die Opposition in der Volkskammer kam von einer starken Mehrheit der SVP und einigen Freisinnigen
[20].
Die GPK des Nationalrats beantragte zudem mit einer parlamentarischen Initiative eine Verbesserung der
Altersvorsorgeleistungen für Parlamentarier. Diese soll soweit erhöht werden, dass sie die Beitragslücke voll kompensiert, welche für die Parlamentsmitglieder infolge der durch das Mandat veranlassten Reduktion ihrer beruflichen Tätigkeit entsteht. Zudem sollen neu auch die Risiken Tod und Invalidität in die Versicherung mit einbezogen werden. Der Nationalrat stimmte der Vorlage gegen die Stimmen der Mehrheit der SVP-Fraktion zu. Er ergänzte sie zudem um einen Beitrag, der an Abgeordnete mit Kindern ausbezahlt wird, wenn sie aufgrund der Mandatsausübung eine Einbusse bei der Kinderzulage erleiden. Im Ständerat passierte das Projekt ohne Gegenstimme
[21].
[19]
BBl, 2002, S. 3985 ff. und 4006 ff. (BR); Presse vom 29.1.02;
NZZ, 18.3.02. Gleichzeitig beantragt wurde auch eine Titeländerung des relevanten Gesetzes: dieses soll in Zukunft nicht mehr Entschädigungsgesetz heissen, sondern „Bundesgesetz über die Bezüge und Infrastrukturen der Mitglieder ...“. Zur Volksabstimmung von 1992 siehe
SPJ 1992, S. 37 f.
[20]
AB NR, 2002, S. 317 ff., 872 ff., 967 f., 1070 und 1140;
AB SR, 2002, S. 269 ff., 443 ff., 489 f., 549 und 554;
BBl, 2002, S. 4448 ff.
[21]
BBl, 2002, S. 7082 ff. und 7102 ff. (BR);
AB NR, 2002, S. 926 ff., 1801 f. und 2177;
AB SR, 2002, S. 568 ff., 1085 f. und 1311;
BBl, 2002, S. 8217 ff.;
BaZ, 28.5.02. Der Bund zahlt seit 1988 Beiträge an die Altersvorsorge der Parlamentarier.
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