Année politique Suisse 2002 : Economie / Crédit et monnaie
Börsen
Ein Bundesgerichtsurteil vom 15. April 2002 deckte eine Unklarheit bei der
Auslegung der Insiderstrafnorm, welche das Ausnutzen von Geschäftsgeheimnissen zum Erzielen von Börsengewinnen sanktioniert, auf. Während für die Bankenkommission auch Geschäfte darunter fallen, die aufgrund von Insiderinformationen über bevorstehende Warnungen vor Gewinneinbrüchen getätigt werden (z.B. Verkäufe zum Vermeiden von Verlusten), hielt das Bundesgericht fest, dass dieser Fall vom Gesetz nicht abgedeckt sei. Der Nationalrat überwies diskussionslos eine Motion Jossen (sp, VS), welche diese Gesetzeslücke schliessen will. Die Bankenkommission hatte zuvor auch weitere infolge von Bundesgerichtsurteilen zutage getretene Schwachpunkte bei der Handhabung der Insiderstrafnorm bemängelt. Angesprochen war damit insbesondere die Erschwerung der Amtshilfeleistung an die Aufsichtsgremien ausländischer Börsen durch im internationalen Vergleich zu stark ausgebaute Rekursmöglichkeiten und durch die vom Bundesgericht verlangte Nichtöffentlichkeit von Verfahren. Nach Ansicht der EBK liegt eine entsprechende Gesetzesrevision nicht zuletzt auch im Interesse des Finanzplatzes Schweiz, welcher auf eine konfliktfreie Zusammenarbeit mit anderen Börsen und deren Aufsichtsorganen angewiesen ist
[15].
Die als Konsequenz der Kurseinbrüche auf dem Aktienmarkt aufgetretenen Probleme der vom Finanzier Martin Ebner geschaffenen
Investmentgesellschaften (v.a. BZ-Visionen) führten zur Forderung nach einem besseren Schutz der Anleger. Derartige Gesellschaften bieten zwar ihre Aktien als Anlageinstrument öffentlich an, sind aber bloss dem Aktienrecht-, nicht aber dem Anlagefonds- oder dem Bankengesetz unterstellt. Der Nationalrat überwies ein Postulat Walker (cvp, SG) für eine verschärfte Aufsicht über diese Gesellschaften resp. deren Einbezug in das neue Finanzmarktaufsichtsgesetz, das von einer Ende 2001 eingesetzten Expertenkommission ausgearbeitet wird
[16]. Der Bundesrat hatte das EFD zu Jahresbeginn beauftragt, eine Expertenkommission einzusetzen, welche eine Anpassung des schweizerischen
Anlagefondsgesetzes an die neuen EU-Richtlinien vorbereiten soll. Gleichzeitig soll auch eine Unterstellung der Investmentgesellschaften unter dieses Gesetz überprüft werden
[17].
[15]
AB NR, 2002, S. 1686;
AZ und
NZZ, 26.4.02. Siehe auch EBK-Direktor Daniel Zuberbühler in
TA, 25.1.02.
[16]
AB NR, 2002, S. 2161. Zur Expertenkommission siehe
SPJ 2001, S. 85 und
AB NR, 2002, I, Beilagen, S. 244 f. (Einfache Anfrage Strahm, sp, BE). Zu den Investmentgesellschaften von M. Ebner siehe
BaZ, 19.1.02 und
NZZ, 6.7.02.
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