Année politique Suisse 2002 : Politique sociale / Groupes sociaux / Familienpolitik
print
Alternative Lebensformen
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Registrierung gleichgeschlechtlicher Paare fand in der Vernehmlassung breite Zustimmung. Einzig SVP und EVP lehnten sie rundweg ab. Die Schweizerische Bischofskonferenz widersetzte sich einer zivilrechtlichen Regelung nicht, erklärte aber, sie würde keine homosexuellen Partnerschaften segnen. FDP, SP, dem Katholischen Frauenbund und den Homosexuellenorganisationen ging sie – insbesondere wegen des vorgesehenen Adoptionsverbots – zu wenig weit. In seiner Ende November verabschiedeten Botschaft hielt der Bundesrat aber daran fest, ebenso wie am Verbot des Zugangs zur Fortpflanzungsmedizin. Er begründete dies damit, dass sonst ein Kind entgegen der Natur rechtlich zwei Mütter oder zwei Väter hätte, wodurch es zum gesellschaftlichen Aussenseiter würde. Das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare stellt diese im Erb- und Sozialversicherungsrecht sowie bei der beruflichen Vorsorge den Ehepaaren gleich. Eine eingetragene Partnerschaft entsteht, indem die beiden Männer bzw. Frauen ihren Willen beim Zivilstandsamt zu Protokoll geben – anders als bei einer Eheschliessung gibt es kein Jawort. Auf den Namen und das Bürgerrecht hat dieser Akt keinen Einfluss. Ausländische Partner werden den ausländischen Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern resp. niedergelassenen Ausländerinnen und Ausländern gleichgestellt (Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung, nach fünf Jahren auf eine Niederlassungsbewilligung). Liegt offensichtlich ein Missbrauch vor, kann der Zivilstandsbeamte die Eintragung verweigern. Um möglichst wenig Probleme beim Aufheben der Verbindung entstehen zu lassen, werden die Partner (anders als Eheleute) von Gesetzes wegen der Gütertrennung unterstellt. Der Weg aus der anerkannten Partnerschaft ist kürzer als jener aus einer Ehe: Ein Jahr Trennung genügt, um auch gegen den Willen des anderen die Auflösung durchzusetzen [56].
Der Zürcher Kantonsrat stimmte einem Gesetz über die Registrierung gleichgeschlechtlicher Paare zu. Die Lösung bringt den betroffenen Personen wesentliche Verbesserungen im Sozialversicherungs- und Erbschaftsrecht, auferlegt ihnen aber durch eine Unterstützungpflicht auch Aufgaben. Gegen das Gesetz wurde von evangelikalen Kreisen das Referendum ergriffen, doch wurde es in der Volksabstimmung mit 62,7% Ja-Stimmen deutlich gutgeheissen [57]. Das Walliser Parlament lehnte ein Gesetz zur Gleichstellung homosexueller Paare ab. Es folgte dem Argument, der Schutz der Familie dürfe nicht abgeschwächt werden; eine kantonale Regelung dränge sich ohnehin nicht auf, weil eine eidgenössische Lösung weit fortgeschritten sei [58]
 
[56] BBl, 2003, S. 1288 ff.; Presse vom 28.2., 4.10. und 30.11.02. Siehe SPJ 2001, S. 213.
[57] TA, 22.1., 20.8., 24.8.02; LT, 21.9.02; Presse vom 23.9.02. Siehe SPJ 2001, S. 213.
[58] TG, 27.6.02; Presse vom 7.12.02.