Année politique Suisse 2002 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche
 
Fachhochschulen
Im Vorjahr hatte der Bundesrat 600 Experten beauftragt, die total 220 Studiengänge an den sieben Fachhochschulen unter die Lupe zu nehmen. Aufgrund dieser Evaluation zog die Eidgenössische Fachhochschulkommission (EFHK), ein beratendes Organ des Bundesrates, eine erste Bilanz. In allen vom Bund vorgegebenen Bereichen (Lehre, angewandte Forschung und Dienstleistungen) seien markante Fortschritte zu verzeichnen. 126 Studiengänge (57%) erhielten die Note gut bis sehr gut, 67 (30%) wurden als Mittelmass bezeichnet und 27 (12%) genügten den Anforderungen nicht. Zur letzteren Gruppe zählten vor allem Studiengänge in den Bereichen Kunst, Gestaltung und Architektur. Allgemein als mangelhaft wurde die Forschung erachtet. Dafür wurden strukturelle Gründe verantwortlich gemacht, haben die Dozenten an den Fachhochschulen doch ein dreimal höheres Unterrichtspensum als jene der Universitäten, was dazu führt, dass kaum Zeit für Forschung bleibt. Der Verband der Fachhochschuldozierenden verlangte denn auch eine Reduktion der Pflichtlektionen um 50%. Erschwerend für die Forschung kommt hinzu, dass die Fachhochschulen nur über einen sehr schwach ausgestalteten Mittelbau verfügen. Noch nicht nach Wunsch verläuft auch die vom Bundesrat geforderte Konzentration der Lehre und Forschung auf wissenschaftliche Schwerpunkte. Die EFHK verlangte deshalb eine radikale Redimensionierung der Zahl der Studiengänge. Als nicht gelöst bezeichnete sie die Frage des Zugangs mit einer gymnasialen Matura. Die Bedingung eines einjährigen Berufspraktikums sei zunehmend verwässert worden. Damit drohe das spezielle Profil dieser nichtakademischen Hochschulausbildung verloren zu gehen [50].
Noch sind die Schweizer Fachhochschulen im Aufbau, schon sollen ihnen neue Aufgaben zugewiesen werden. Der Bundesrat will ihnen auch die Bereiche Gesundheit, Soziales und Kultur unterstellen und das Bologna-Modell des zweistufigen Studiums einführen. Zudem soll die angewandte Forschung und Entwicklung verstärkt werden. Mit diesem Ziel gab er Ende Jahr eine Teilrevision des Fachhochschulgesetzes in die Vernehmlassung. Bei der Finanzierung will es der Bund bei einem Drittel der Kosten bewenden lassen. Für die neuen Fachbereiche ist er bereit, einen „bescheidenen Beitrag“ (genannt wurden 10 Mio Fr. pro Jahr) zu leisten, an die Umsetzung der Bologna-Doktrin 14 Mio Fr. bis 2007 [51].
Ohne sie materiell zu diskutieren nahm der Nationalrat in der Frühjahrssession mit 82 zu 66 Stimmen eine Motion Gysin (fdp, BL) an, die ein stärkeres Engagement des Bundes an den Fachhochschulen verlangte; der Bundesrat hatte Umwandlung in ein Postulat beantragt. Der Bund sollte mehr Kompetenzen in der Regelung der Studiengänge erhalten und diese massiv stärker subventionieren. Angesichts der angespannten Finanzlage des Bundes und der kantonalen Kompetenzen insbesondere im Billdungsbereich lehnte der Ständerat die Motion in der Herbstsession ab [52].
 
[50] Presse vom 18.6.02. Siehe dazu auch die Interpellationen Müller-Hemmi (sp, ZH) und Grobet (-, GE) in AB NR, 2002, Beilagen, V, S. 121 f. und 143 f. Eine Expertise im Kanton Bern ergab, dass die im Kanton angesiedelten FH nicht jene Spezialisten ausbilden, welche die regionale Wirtschaft braucht (Bund, 14.11.02).
[51] Presse vom 19.12.02. Als erstes Land anerkannte Deutschland die Diplome der FHS (LT, 17.4.02). Der NR überwies eine Motion Kofmel (fdp, SO), die im Bereich der Weiterbildung gleich lange Spiesse für ETH und Fachhochschulen verlangt, als Postulat (AB NR, 2002, S. 1685).
[52] AB NR, 2002, S. 216 f.; AB SR, 2002, S. 641 f.