Année politique Suisse 2003 : Economie / Crédit et monnaie
Banken
Die im Rahmen der zweiten Bilateralen Verträge mit der EU geführten Verhandlungen über die
grenzüberschreitende Information der Finanzämter über Bankkonten zur Verhinderung der Steuerhinterziehung machten im Berichtsjahr gewisse Fortschritte. Am 21. Januar einigten sich die Finanzminister der
EU darauf, dass ab 2004 zwölf Staaten diese Informationen automatisch austauschen werden, und die drei übrigen (Belgien, Luxemburg und Österreich) eine Quellensteuer einführen, welche bis 2010 schrittweise auf 35% erhöht wird. Diese Quellensteuer als Alternative zur Meldepflicht entsprach den früher gemachten schweizerischen Vorschlägen. Damit waren die Türen für eine analoge Regelung mit der Schweiz geöffnet, welche dieser, wie auch Österreich und Luxemburg, die Beibehaltung des Bankgeheimnisses gegenüber den Fiskalbehörden erlauben würde. Nach den Vorstellungen der EU-Finanzminister sollten von der in der Schweiz auf Konten von natürlichen Personen mit Steuersitz in der EU erhobenen Quellensteuer mindestens 75% in den Wohnsitzstaat fliessen. Nachdem die Finanzminister der EU ihr Projekt im Juni definitiv verabschiedet hatten, ging es für die EU darum, neben der Schweiz auch andere Finanzplätze (Liechtenstein, Kanalinseln, USA etc.) für diese Regelung zu gewinnen, da die Schweiz die Gleichbehandlung aller in Frage kommender Finanzplätze verlangt hatte. Um die neue Steuereinnahmen generierenden Vorschriften so schnell wie möglich in Kraft zu setzen (ursprünglich geplant war der 1.1.2004), wünschte die EU die rasche Unterzeichnung eines entsprechenden Abkommens mit der Schweiz, da Österreich und Luxemburg ihre Unterschrift von derjenigen der Schweiz abhängig gemacht hatten. Dies stiess allerdings bei der schweizerischen Regierung auf wenig Gegenliebe. Diese stellte sich auf denselben Standpunkt wie die EU in den neunziger Jahren anlässlich der Verhandlungen über die ersten Bilateralen Verträge zwischen der EU und der Schweiz. Sie beharrte darauf, dass nicht einzelne Dossiers aus dem Paket heraus gebrochen werden dürfen, sondern bei allen Dossiers der Verhandlungsrunde (u.a. dem Mitmachen der Schweiz beim Schengener- und beim Dubliner-Abkommen) eine Übereinkunft erzielt werden muss
[14].
Die im Vorjahr von der SVP-Nationalratsfraktion eingereichte parlamentarische Initiative für eine Verankerung des
„Bankkundengeheimnisses“ in der Bundesverfassung wurde trotz Protesten und erfolglosen Ordnungsanträgen der SVP nicht vor den Parlamentswahlen, sondern erst in der Wintersession traktandiert: Der Antrag der WAK, der Initiative Folge zu geben und eine entsprechende Verfassungsvorlage auszuarbeiten, setzte sich gegen den Widerstand der SP und der GP durch. Die WAK war zwar nicht davon überzeugt gewesen, dass das auf Gesetzesebene definierte Bankgeheimnis durch eine Präzisierung von Art. 13 BV („Schutz der Privatsphäre“) explizit in den Verfassungsrang zu befördern sei. Angesichts der schwierigen Verhandlungen der Schweiz mit der EU im Rahmen der zweiten Bilateralen Abkommen hätte jedoch ihrer Ansicht nach eine Ablehnung der Initiative im Parlament ein falsches Zeichen nach Brüssel gesendet und die Verhandlungsposition des Bundesrates markant geschwächt. Mit demselben Argument gab der Ständerat vier analogen Standesinitiativen aus den Kantonen Aargau, Basel-Land, Genf und Tessin Folge
[15].
Die vom Bundesrat im Jahr 2002 beantragte Revision des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen mit dem Zweck, das
Verfahren bei Bankinsolvenzen zu verbessern, kam im Parlament gut an und konnte im Berichtsjahr ohne Veränderungen und ohne Gegenstimmen verabschiedet werden
[16].
[14]
NZZ, 22.1. und 5.6. (EU) sowie 27.1.03 (BR);
TA, 4.6.03. Vgl. oben, Teil I, 2 (Europe: UE) sowie
SPJ 2002, S. 97 f.
[15]
AB NR, 2003, S. 304 f. und 1277 f. (Ordnungsanträge), 1790 ff.;
AB SR, 2003, S. 1092 ff. (Standesinitiativen); Presse vom 3.12. und 4.12.03. Vgl.
SPJ 2002, S. 98.
[16]
AB NR, 2003, S. 1209 f. und 1751;
AB SR, 2003, S. 768 f. und 1035;
BBl, 2003, S. 6791 ff. Vgl.
SPJ 2002, S. 98.
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