Année politique Suisse 2003 : Politique sociale / Population et travail
Arbeitswelt
Der Stress am Arbeitsplatz ist in den letzten Jahren merklich angestiegen, die Zahl der psychisch kranken Mitarbeitenden nimmt zu, und die Invalidenversicherung ist nicht zuletzt wegen psychisch bedingter Frühpensionierungen stark defizitär. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten
arbeitsbedingter Erkrankungen werden für die Schweiz auf 4,3 Mia Fr. pro Jahr geschätzt. Anlässlich der 5. Arbeitstagung der Plattform Nationale Gesundheitspolitik präsentierten die Akteure aus Politik, Wirtschaft, Medizin und Forschung erste Bausteine einer nationalen Strategie „Arbeit und Gesundheit
für die Schweiz“. Zudem verständigten sich Bund und Kantone über eine Stärkung des gesundheitspolitischen Dialogs
[4].
Unter dem Patronat des Seco gründeten im November zahlreiche Unternehmen den Schweizerischen Verband für
betriebliche Gesundheitsförderung. Mit ihrer freiwilligen und öffentlichen Verpflichtung zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz zeigten die Firmen ihre Bereitschaft, sich für die Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Leistungsmotivation ihrer Mitarbeitenden zu engagieren
[5].
Gegen einen rechtsbürgerlichen Antrag gab der Nationalrat ganz knapp mit 87 zu 86 Stimmen einer parlamentarischen Initiative Dormann (cvp, LU) Folge, die eine Regelung der
Arbeit auf Abruf verlangt. Die Initiantin machte geltend, laut der Arbeitskräfteerhebung SAKE arbeiteten rund 160 000 Personen (5% aller Erwerbstätigen) in dieser prekären Form. 66% seien Frauen, 60% verfügten über kein garantiertes Minimum an Arbeitsstunden. Es gehe ihr nicht darum, die Arbeit auf Abruf, die für einen Teil der Frauen auch positive Aspekte habe, zu verhindern, doch es müssten gesetzliche Leitplanken geschaffen werden, um Missbräuche von Seiten der Arbeitgeber zu verhindern. Insbesondere fordert die Initiative die Einführung einer Abrufverpflichtung, einer Ankündigungsfrist und eines vereinbarten Mindestpensums. Gegen die Annahme der Initiative votierten die geschlossenen Fraktionen von SVP und LP sowie eine grosse Mehrheit der FDP
[6].
[4]
Lit. Ramaciotti/Perriard; Presse vom 11.9. und 19.9.03.
[5] Presse vom 29.11.03. An der Gründung anwesend waren u.a. die bundesnahen Betriebe Post, SBB und Swisscom.
[6]
AB NR, 2003, S. 1460 ff. Siehe auch
TG, 5.7.03 (Haltung von Travail.Suisse). Mit 94:70 Stimmen abgelehnt wurde dagegen eine pa.Iv. Thanei (sp, ZH) für einen besseren Schutz der Arbeitnehmenden gegen Mobbing (
a.a.O., S. 1458 ff.). Siehe
SPJ 2001, S. 168 und
2002, S. 185.
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