Année politique Suisse 2003 : Politique sociale / Population et travail
 
Schutz der Arbeitnehmenden
Der Bundesrat verabschiedete seinen Bericht über die von der Internationalen Arbeitskonferenz in den Jahren 2001 und 2002 genehmigten Instrumente. Es handelt sich um das Übereinkommen Nr. 184 über die Sicherheit und die Gesundheit in der Landwirtschaft sowie um ein Protokoll zu einem IAO-Abkommen über die Sicherheit und Gesundheit der im Agrarbereich beschäftigten Arbeitnehmenden. Da das Übereinkommen auch die selbständig Erwerbenden umfasst, also praktisch den ganzen Bereich der Landwirtschaft, der in der Schweiz nicht in den Anwendungsbereich der Gesetzgebung über den Schutz am Arbeitsplatz fällt, kam der Bundesrat zum Schluss, dass das Übereinkommen nicht mit der schweizerischen Gesetzgebung vereinbar sei und deshalb nicht ratifiziert werden könne. Gleiches gilt für das Protokoll zum Übereinkommen Nr. 155, welches von der Schweiz ebenfalls nicht ratifiziert wurde [27].
Einstimmig nahmen beide Kammern eine Änderung des SchKG an, welche das Anrecht der Arbeitnehmenden auf einen 13. Monatslohn im Konkursfall umfassend schützt. Bisher regelte das SchKG lediglich die Forderung nach sechs von möglichen 12 Anteilen [28]. Der Nationalrat gab einer parlamentarischen Initiative Zanettti (sp, SO) Folge, die eine Begrenzung des Konkursprivilegs für Arbeitnehmerforderungen im SchKG verlangt. Damit soll sichergestellt werden, dass Lohnbezüger ohne hierarchisch klare Unterordnung, selbst wenn sie nur einen geringen Lohn beziehen, gegenüber Arbeitnehmern, die zumindest formal in einem Unterordnungsverhältnis stehen, die aber aufgrund ihrer Funktion hohe Bezüge ausweisen, bei einem Konkurs schlechter gestellt werden [29].
Mit einer Motion verlangte Nationalrat Rechsteiner (sp, SG) eine strengere Kontrolle der Arbeitsbedingungen der Lastwagenchauffeure, insbesondere bei der Einhaltung der Ruhezeiten. Der Bundesrat unterstützte zwar die Stossrichtung der Eingabe, sah sich aber ausserstande, alle Massnahmen in der gewünschten Form und Zeitspanne umzusetzen, weshalb er erfolgreich Umwandlung in ein Postulat beantragte. Er machte insbesondere geltend, umfangreiche Sicherheitskontrollen könnten nur in Absprache mit den anderen europäischen Staaten erfolgen, da sich sonst für die Schweizer Wirtschaft ungünstige Wettbewerbsverzerrungen ergeben würden [30].
 
[27] BBl, 2003, S. 7855 ff.
[28] BBl, 2003, S. 6369 ff. und 6377 ff. (BR); AB NR, 2003, S. 1477 f. und 2129; AB SR, 2003, S. 1149 und 1245; BBl, 2003, S. 8203. Siehe SPJ 2002, S. 192. Für die Rechte der Mitarbeitenden bei Fusionen siehe oben, Teil I, 4a (Gesellschaftsrecht).
[29] AB NR, 2003, S. 1962. Gegen den Antrag der Kommission wurde hingegen eine pa.Iv. Thanei (sp, ZH) für einen besseren Schutz vor missbräuchlicher Kündigung abgelehnt (a.a.O., S. 1789 f.). Zu einem Bundesgerichtsurteil, das entschied, dass der Übernehmer einer konkursiten Firma nicht gezwungen ist, die ausstehenden Löhne zu übernehmen, siehe LT, 26.3.03.
[30] AB NR, 2003, S. 1224 und Beilagen III, S. 159 ff.