Année politique Suisse 2003 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport / Gesundheitspolitik
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Kostenentwicklung
Die Statistiker des BFS werteten alles verfügbare Zahlenmaterial zur Entwicklung der schweizerischen Gesundheitskosten von 1960 bis 2000 aus. Dabei relativierten sie das von Politikern gerne verwendete dramatische Bild der „Kostenexplosion“: Die Kostenentwicklung sei kein Vulkanausbruch jüngeren Datums, sondern ein seit 40 Jahren stetig verlaufendes Phänomen. In den 90er Jahren, als die Politik sich mit neuer Intensität dem Gesundheitswesen zuwandte, war die teuerungsbereinigte Kostenzunahme mit jährlich 2,3% sogar geringer als in den untersuchten Jahrzehnten zuvor: Zwischen 1960 und 1990 belief sie sich auf 3,9%. Die Gesundheitskosten stiegen losgelöst von Wirtschaftszyklen, aber auch weitgehend unbeeinflusst vom seit 1996 geltenden KVG. Gemäss BFS beruht der Kostenanstieg auf einem komplexen Geflecht von Ursachen. Erwähnt wurden auf der Angebotsseite die wachsende Spezialisierung und Technisierung, die steigende Zahl von Ärzten in freier Praxis und die Entwicklung neuer, kostspieliger Medikamente. Auf der Nachfrageseite verwiesen die Statistiker auf den (dank KVG) verbesserten Zugang der Bevölkerung zu qualitativ hoch stehender Versorgung, die gestiegene Anspruchshaltung und andere Merkmale des gesellschaftlichen Wandels.
Der Gesellschaftswandel spiegelt sich anschaulich in der Kostenentwicklung der stationären Versorgung. Der Anteil der Spitäler, Alters- und Pflegeheime, Behinderteninstitutionen, sozialpsychiatrischen Einrichtungen und Suchtbehandlungsstellen an den Gesamtkosten stieg von 39,7% im Jahr 1960 auf 51,8% im Jahr 2000. Das BFS erklärte diesen Trend mit der Alterung der Bevölkerung, mit loser gewordenen familiären und nachbarschaftlichen Solidaritätsnetzen, höheren Komfortansprüchen und sozialen Ausgrenzungserscheinungen. Die teilweise Übernahme der Pflegekosten durch das KVG wirkte sich gemäss Statistik hingegen kaum aus; der grösste Schub in diesem Bereich fand schon vor 1996 statt, insbesondere zwischen 1960 und 1971. Das neue Zahlenwerk beleuchtete neben dem Kostenwachstum auch die Verteilung der Finanzierungslast und damit das zweite grosse Problem des schweizerischen Gesundheitssystems: Der Anteil der öffentlichen Hand sank zwischen 1960 und 2000 von 31,4% auf 25,3%. Im Gegenzug stieg die Belastung der Haushalte immer weiter, von 55,4% (1971) auf 68,2% (2000). Das erklärt sich im Wesentlichen mit den proportional gesunkenen Kantonssubventionen für die Spitäler [9].
 
[9] Presse vom 23.7.03.