Année politique Suisse 2003 : Politique sociale / Assurances sociales
Allgemeine Fragen
Im
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) erfolgten im Berichtsjahr gewichtige personelle Veränderungen. Am 1. Januar übernahm der Freisinnige Couchepin als neuer Vorsteher des Departements des Innern (EDI) die Verantwortung für dieses Amt. Kurze Zeit darauf gab BSV-Direktor Piller seinen Rücktritt per Ende Februar bekannt. Der Wechsel an der Spitze des BSV war nach der Rochade im Bundesrat allgemein erwartet worden. Pillers Nachfolge trat Yves Rossier an, bisher Direktor des Sekretariats der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK). Kurz nach seinem Amtsantritt liess Couchepin Vor- und Nachteile einer Eingliederung der Abteilung Kranken- und Unfallversicherung des BSV ins Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf die Frage hin prüfen, inwieweit sich mit dieser Umstrukturierung die Koordination der zentralen Fragen im Gesundheitsbereich innerhalb des EDI verbessern liesse. Auf seinen Antrag stimmte der Bundesrat im September dieser Abteilungsverlegung zu, die auf den 1.1.2004 effektiv wird
[1].
Mit einer Motion wollte die FDP-Fraktion den Bundesrat beauftragen, im Hinblick auf die absehbaren finanziellen Mehrbelastungen für die Sozialwerke und die privaten und öffentlichen Haushalte den Bericht über die Entwicklung des finanziellen Mehrbedarfes aller Sozialversicherungen bis 2025 nachzuführen. Ihrer Ansicht nach erfordern die wichtigen zurzeit in parlamentarischer Bearbeitung stehenden Gesetzesvorhaben und -revisionen sowie die Schuldenbremse eine Gesamtschau im Sinne einer
Aktualisierung der IDA-Fiso-1-Ergebnisse. Der Bundesrat erklärte, diese Aufdatierung erfolge laufend und werde den zuständigen Kommissionen jeweils umgehend kommuniziert. Auf seinen Antrag wurde der Vorstoss nur als Postulat verabschiedet
[2].
Stillschweigend überwies der Nationalrat eine Motion der CVP-Fraktion, die den Bundesrat auffordert, in der Legislaturperiode 2003-2007 die rechtlichen Grundlagen anzupassen, damit
Abrechnungen mit den einzelnen Sozialversicherungen in einem Schritt und nach einheitlichem Muster vollzogen werden können. Der elektronische Verkehr mit den Behörden sei zudem zu gewährleisten. Die CVP begründete ihren Vorstoss mit dem markant gestiegenen zeitlichen Aufwand, welchen vor allem kleinere Unternehmen für den Vollzug der Administrativlasten im Sozialversicherungsbereich leisten müssen. Eine Reduktion dieser Lasten würde die Standortattraktivität der Schweiz und die Konkurrenzfähigkeit der betreffenden Firmen erhöhen. Mit den neuen Informationstechnologien sei die Einrichtung eines "elektronischen Amtschalters" ein realistischer Schritt zu mehr Effizienz
[3].
Das seit 1998 beobachtete kontinuierliche Absinken der
Sozialausgabenquote (Ausgaben für soziale Sicherheit im Verhältnis zum BIP) setzte sich 2001 und 2002 nicht weiter fort. Laut Schätzungen des Bundesamtes für Statistik (BFS) betrugen die nominalen Gesamtausgaben für die soziale Sicherheit 2002 123,1 Mia und die Einnahmen 141,0 Mia Fr. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen die Ausgaben um 4,6% zu, während sich die Einnahmen um 0,1% verringerten. Die Differenz von 18 Milliarden Franken zwischen den Ausgaben und den Einnahmen ist grösstenteils auf das in der beruflichen Vorsorge angewandte Kapitaldeckungsverfahren zurückzuführen und darf somit nicht als Einnahmenüberschuss interpretiert werden. Die Sozialausgabenquote, die in den Jahren 1998-2000 bei rund 27% gelegen hatte, betrug 2001 etwa 27,8% und wird für 2002 auf 28,8% veranschlagt. Der grösste Teil der Sozialleistungen wird für die Altersvorsorge (43%) ausgegeben. Danach folgen Krankenpflege und Gesundheitsvorsorge (26%) sowie die Ausgaben für Invalidität
[4].
Nach einem Defizit von 191 Mio Fr. im Vorjahr erzielte die AHV 2003 einen Überschuss von 1977 Mio Fr. Die IV wies dagegen ein von 1189 auf 1448 Mio erhöhtes Defizit aus. Bei der EO resultierte nach dem vorjährigen anlagebedingten Defizit von 30 Mio ein Überschuss von 229 Mio Fr. Die
markante Verbesserung bei AHV und EO war darauf zurückzuführen, dass sich die Börse nach zwei schlechten Jahren wieder erholte. Der Ausgleichsfonds erreichte einen Anlageerfolg von 1517 Mio Fr., was einer Jahresperformance von 7,6% entspricht. Die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber, des Bundes und der Kantone, die Anteile der AHV an Steuern und die Einnahmen aus Regress brachten 40 510 Mio Fr. ein. Der Aufwand der drei Sozialwerke von 41 270 Mio Fr. war damit nicht ganz gedeckt. Für den Ausgleich des IV-Defizits mussten wiederum die positiven Umlageergebnisse von AHV und EO herangezogen und das Vermögen mit 760 Mio Fr. belastet werden. Ende 2003 wies die AHV ein Kapital von 25 040 Mio Fr. aus. Das entspricht 84% einer Jahresausgabe (Vorjahr 79%). Die EO verfügte noch über 2270 Mio Fr., nachdem 1500 Mio an die IV übertragen worden waren. Trotz der EO-Spritze blieb der Verlustvortrag der IV mit 4450 Mio Fr. praktisch unverändert. Das Vermögen des Ausgleichsfonds betrug 19 690 Mio Fr., d.h. knapp die Hälfte der Jahresausgabe 2003 der drei Sozialwerke
[5].
[1] Presse vom 4.2., 25.2., 1.3. und 27.9.03;
CHSS, 2003, S. 62-66 (Interview Piller). Auf Antrag des BR wurde eine Motion der liberalen Fraktion, die eine externe Untersuchung des BSV verlangte, abgelehnt (
AB NR, 2003, S. 1905).
[2]
AB NR, 2003, S. 1905. Siehe auch die Antwort des BR auf eine Interpellation der FDP-Fraktion:
a.a.O., Beilagen V, S. 92 ff. Vgl.
SPJ 2002, S. 211 f.
[3]
AB NR, 2003, S. 1722.
[5] Presse vom 5.3.04. Siehe
SPJ 2002, S. 212 f.
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