Année politique Suisse 2003 : Politique sociale / Groupes sociaux / Familienpolitik
In der Wintersession behandelte der Nationalrat als erster das neue Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare. Damit können sich homosexuelle Paare auf dem Zivilstandsamt eintragen lassen und werden so im Erbrecht, im Ausländerrecht, im Sozialversicherungsrecht, bei der beruflichen Vorsorge sowie im Steuerrecht den Ehepaaren gleichgestellt. Eine Auflösung der Partnerschaft muss mit richterlichem Beschluss erfolgen und ist erst nach einem Jahr der Trennung möglich. In der Eintretensdebatte sagte Bundesrätin Metzler, das Gesetz setze ein Zeichen der Toleranz und helfe Diskriminierungen abzubauen. Sie betonte aber, das neu geschaffene Rechtsinstitut sei nicht mit der Ehe gleichzusetzen, sondern lediglich die rechtliche Absicherung von Lebensgemeinschaften zweier erwachsener Menschen. Gegen Eintreten sprachen sich die SVP sowie die EVP/EDU-Fraktion aus. Die SVP kritisierte, mit dem neuen Gesetz werde nur ein unnötiger neuer bürokratischer Apparat aufgezogen. Grundsätzlicher gegen das Gesetz wandte sich die EDU: die gleichgeschlechtliche Lebensweise sei widernatürlich und widerspreche der Schöpfungsordnung Gottes. Als falsches Signal wertete auch die EVP die neue Rechtsform, weil sie als eigentliche Alternative neben die Ehe gestellt werde. Eintreten wurde mit 125 zu 55 beschlossen. Ein Antrag aus der CVP, die Anerkennung der Partnerschaft nur in Form einer notariellen Erklärung zu ermöglichen, wurde in ähnlichem Stimmenverhältnis abgelehnt.
In der
Detailberatung gab vor allem die Frage zu reden, ob den gleichgeschlechtlichen Paaren auch die Möglichkeit der gemeinsamen Adoption eines Kindes offen stehen soll. Bundesrätin Metzler begründete das vom Bundesrat vorgeschlagene
Verbot der Adoption sowie den verweigerten Zugang zur medizinisch assistierten Fortpflanzung damit, dass man nicht einem Kind rechtlich zwei Mütter oder zwei Väter zuordnen sollte, da damit die bisherigen Prinzipien des Kindesrechts durchbrochen würden. Demgegenüber plädierten zwei links-grüne Kommissionsminderheiten dafür, das Verbot ganz zu streichen oder zumindest die Adoption von leiblichen Kindern eines Partners oder einer Partnerin zuzulassen, wenn sich dies für das Wohl des Kindes vorteilhaft erweist. Diese Anträge wurden mit 111 zu 72 resp. 116 zu 56 Stimmen abgelehnt. Die Vorlage passierte die Gesamtabstimmung mit 118 gegen 50 Stimmen. Die Neinstimmen stammten von der geschlossenen EDU/EVP-Fraktion, von einer Mehrheit der SVP- sowie einer Minderheit der CVP-Fraktion. Vor der Abstimmung hatte ein Vertreter der EDU erklärt, seine Partei werde gegen das Gesetz das Referendum ergreifen
[41].
Nachdem die Stimmberechtigten des Kantons
Zürich im Vorjahr das neue
Partnerschaftsgesetz gutgeheissen hatten, wurde dieses auf den 1. Juli in Kraft gesetzt. Ab diesem Zeitpunkt können sich gleichgeschlechtliche Paare, die einen gemeinsamen Wohnsitz haben, bei den Zivilstandsämtern registrieren lassen. Sie sind bei den Schenkungs- und Erbschaftssteuern sowie der Sozialhilfe den Ehepaaren gleichgestellt. Alle Bereiche die der Bund regelt, sind ausgeklammert, beispielsweise die Einkommens- und Vermögenssteuer oder Adoptionen. In den ersten sechs Monaten liessen sich fast 200 Paare, davon vier Fünftel männliche, bei den Zivilstandsämtern eintragen
[42].
[41]
AB NR, 2003, S. 1809 ff., 1823 ff. und 1828 ff. SVP und EVP distanzierten sich mehr oder weniger klar von der Referendumsankündigung der EDU (Presse vom 4.12.03). Zum Druck, den die katholischen Bischöfe der Schweiz vor der Beratung der Vorlage auf die CVP ausübten, siehe unten, Teil I, 8b (Kirchen).
[42]
NZZ, 6.6., 2.7. und 28.9.03;
TA, 29.12.03.
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