Année politique Suisse 2004 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt
 
Arbeitnehmer
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) rief zu Jahresbeginn zum Kampf gegen „Staats- und Sozialabbau“ auf und hatte dabei recht grossen Erfolg. Die von ihm mit Referenden bekämpften Vorlagen (die 11. AHV-Revision und das Steuerpaket) wurden in der Volksabstimmung abgelehnt. Die von der SGB-Gewerkschaft Kommunikation eingereichte Post-Initiative scheiterte allerdings, wenn auch nur hauchdünn [5]. Im Herbst lancierte der SGB das auch von Travail.Suisse unterstützte Referendum gegen die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in Bahnhöfen und konnte dieses Anfang 2005 einreichen [6]. Weniger einig waren sich die Gewerkschaften in ihrer Haltung zur europäischen Integration. Konkret ging es um die Erweiterung der Personenfreizügigkeit, wie sie im bilateralen Abkommen I festgelegt ist, auf die neuen Mitgliedstaaten der EU. Während sich die Gewerkschaftsspitze bemühte, mit der Andeutung einer Referendumsdrohung möglichst griffige flankierende Massnahmen zur Verhinderung von Lohnkonkurrenz zu erkämpfen, wollte die Tessiner Sektion der neugegründeten UNIA (siehe unten) weiter gehen. Ihr Antrag, das Referendum zu ergreifen, fand am Gründungskongress der UNIA grossen Anklang, konnte sich allerdings nach eindringlichen Warnungen der Gewerkschaftsführer nicht durchsetzen. Nach dem für die Gewerkschaften befriedigenden Ausgang der Parlamentsverhandlungen über die flankierenden Massnahmen verzichtete der SGB definitiv auf die Lancierung eines Referendums. Er drohte aber, dass er die Vorlage in der für 2005 vorgesehenen Volksabstimmung nicht aktiv unterstützen werde, falls sich die Kantone bei der Umsetzung der flankierenden Massnahmen lasch oder zögerlich verhalten würden [7].
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Organisation und Mitgliederbewegung
Der Mitgliederbestand des SGB betrug Ende 2004 382 203; das waren rund 10 000 weniger als im Vorjahr. Diese Einbusse war nahezu vollständig auf die Bereinigung der Mitgliederlisten anlässlich der Fusion von vier Gewerkschaften zur neuen Organisation UNIA (siehe unten) zurückzuführen. Der Frauenanteil erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr leicht von 22,4% auf 23,2% [8].
Die beiden grössten Gewerkschaften des SGB, die GBI und der SMUV haben sich im Berichtsjahr zusammen mit den kleineren Verbänden VHTL und Unia zur neuen Gewerkschaft UNIA zusammengeschlossen. Nachdem im Juni die vier Fusionspartner die Statuten der neuen UNIA genehmigt hatten, fand der Gründungskongress am 15./16. Oktober in Basel statt. Die bisherigen Präsidenten des SMUV und der GBI, Renzo Ambrosetti und Vasco Pedrina, wurden zu Co-Präsidenten der neuen Organisation gewählt. Die UNIA ist mit rund 203 000 Mitgliedern die bei weitem grösste Einzelgewerkschaft des SGB und deckt die Bauwirtschaft, sämtliche Industriebranchen, den Handel und das private Transportgewerbe ab [9].
 
[5] Presse vom 8.2.04. Siehe dazu die einzelnen Sachkapitel.
[6] NZZ, 5.11.04. Siehe oben, Teil I, 4a (Wettbewerb).
[7] Bund, 18.10.04; NZZ, 22.12.04. Das Referendum wurde dann von den Schweizer Demokraten eingereicht (siehe dazu oben, Teil I, 2, Europe: UE).
[8] Presseinformation SGB vom 23.4.05.
[9] TA, 14.6. und 2.10.04; LT, 12.10.04; Presse vom 16.10. und 18.10.04. Zum VHTL, der lange mit einem Beitritt gezögert hatte, siehe auch NZZ, 16.10.04. Vgl. auch SPJ 2003, S. 353.