Année politique Suisse 2004 : Chronique générale / Finances publiques / Direkte Steuern
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Neue Finanzordnung
In der Frühlingssession bereinigten die Räte die letzten Differenzen bei der neuen Finanzordnung und schrieben in der Verfassung fest, dass grundsätzlich 5% des nicht zweckgebundenen Mehrwertsteuerertrages für die Prämienverbilligung der Krankenkassen eingesetzt werden sollen, sofern das Gesetz nicht eine andere Verwendung zur Entlastung der unteren Einkommensschichten festlegt. Die Vorlage passierte die Schlussabstimmung in beiden Räten einstimmig [4].
Die Vorlage zur neuen Finanzordnung wurde im Vorfeld der Abstimmung kaum bekämpft. Einzig die politisch unbedeutende Partei der Arbeit und drei Kantonssektionen der SVP (SG, VS, ZG) gaben die Nein-Parole heraus [5].
Neue Finanzordnung
Abstimmung vom 28. November 2004

Beteiligung: 36,8%
Ja: 1 258 895 (73,8%) / 19 6/2 Stände
Nein: 446 662 (26,2%) / 1 Stand

Parolen:
Ja: CVP, FDP, SP, SVP (3*), GP, LP, CSP, EDU, EVP, FP, Lega, SD; ZSA, economiesuisse, SGV, SBV, SGB, Travail.Suisse.
Nein: PdA.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Am 28. November 2004 stiess die neue Finanzordnung bei einer grossen Mehrheit der Stimmenden (73,8%) und allen Kantonen ausser Zug (51% Nein) auf Zustimmung. Die Vox-Analyse zeigte auf, dass eine deutliche Mehrheit der Stimmbevölkerung keine Ahnung hatte, um was es bei der Vorlage ging. Manche glaubten, sie bilde einen Teilaspekt des neuen Finanzausgleichs (NFA), über den sie am selben Wochenende zu befinden hatten. Auf den Abstimmungsentscheid hatte dies jedoch keine Auswirkungen: Nichtinformierte stimmten exakt gleich wie die wenigen, welche sich mit dem Inhalt der neuen Finanzordnung befasst hatten. Die schlechten Kenntnisse und die Verwechslung mit der NFA führten dazu, dass die Einstellung zu letzterer zum wichtigsten Bestimmungsgrund für den Entscheid über die neue Finanzordnung wurde. Wer der NFA zustimmte, hiess zu 92% auch die neue Finanzordnung gut; wer die NFA ablehnte, votierte zu 65% ebenfalls gegen die Finanzordnung. Wie bei der NFA waren auch bei der Finanzordnung die Einkommensverhältnisse das einzige soziale Merkmal, das die Stimmabgabe beeinflusste; am deutlichsten war die Zustimmung bei Personen in gutsituierten Haushalten [6].
 
[4] AB SR, 2004, S. 5 f. und 165; AB NR, 2004, S. 180 und 499; BBl, 2004, S. 1363 f.; vgl. SPJ 2003, S. 131 f.
[5] Presse vom 23.10.04; SGT, 27.10. und 18.11.04; NZZ, 29.10., 24.11. und 26.11.04; LT, 13.11.04; AZ, 15.11.04.
[6] BBl, 2004, S. 4747 ff. und 2005, S. 951 ff.; Presse vom 29.11.04; Hirter, Hans / Linder, Wolf, Vox – Analyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 28. November 2004, VOX Nr. 85, Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern und gfs.bern, Bern 2004. Zur NFA siehe unten (Finanzausgleich).