Année politique Suisse 2004 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport / Gesundheitspolitik
Wie bereits nach den Schlussabstimmungen in der Wintersession des Vorjahres angekündigt, wurde Mitte Januar von zwei Seiten erfolgreich das Referendum gegen das neue
Stammzellenforschungsgesetz (StFG) ergriffen. Pro-Leben-Organisationen vertraten die Auffassung, das Gesetz widerspreche fundamentalen ethischen Werten und verletze die jedem Lebewesen in der Verfassung garantierten Grundrechte des Lebensschutzes und der Menschenwürde. Gentechnik-kritische Kreise orteten ebenfalls Widersprüche mit der Verfassung und anderen bereits bestehenden Gesetzen und verlangten, sich auf alternative Methoden wie die Forschung an adulten Stammzellen zu konzentrieren. Die Befürworter einer gesetzlichen Regelung machten in der Abstimmungskampagne geltend, die Schweiz würde durch ein Verbot bei dieser zukunftsträchtigen medizinischen Forschung international in Rückstand geraten. Es gelte abzuwägen zwischen der Möglichkeit neuartiger Therapien, die Leiden mindern könnten, und dem Schutz des Embryos. Die Forschung beschränke sich zudem auf die bei einer assistierten Fortpflanzung als überzählig anfallenden Embryonen, die sowieso keine Überlebenschance hätten. Ausser den Grünen, der EVP und der EDU unterstützten alle Parteien das Gesetz. Dieses wurde in der
Volksabstimmung vom 28. November mit über 66% Ja deutlich
angenommen [19].
Stammzellenforschungsgesetz
Abstimmung vom 28. November 2004
Beteiligung: 37,0%
Ja: 1 156 706 (66,4%)
Nein: 585 530 (33,6%)
Parolen:
– Ja: CVP, FDP, SP (*3), SVP, LP, Lega; Economiesuisse, SAGV, SGV, SBV; SEK
– Nein: GP, EVP, EDU; SBK
– Stimmenthaltung: PdA, CSP; SGB, Travail suisse
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die
Vox-Analyse dieses Urnengangs zeigte, dass das Abstimmungsverhalten von der Weltanschauung, insbesondere der
Religiosität recht stark beeinflusst wurde, wobei die Konfessionszugehörigkeit nur eine sekundäre Rolle spielte. Hingegen war kein Konflikt zwischen Links und Rechts festzustellen. Am negativsten eingestellt waren CVP-nahe Stimmende, am positivsten die Anhänger der FDP; die Sympathisanten von SP und SVP verhielten sich sehr ähnlich und positionierten sich in der Mitte zwischen CVP und FDP. Nicht von Bedeutung waren Geschlecht, Einkommen und Siedlungsform
[20].
[19]
BBl, 2004, S. 2429 ff. und 2005, S. 951 ff.;
AS, 2005, S. 947 ff.; Presse vom 16.1. und 29.9.-29.11.04, insbesondere
NZZ, 7.10. (Interview BR Couchepin) und 8.11.04 (Vergleich mit dem Ausland). Siehe
SPJ 2003, S. 211 ff.
[20] Hirter, Hans / Linder, Wolf
Analyse der eidg. Abstimmungen vom 28. November 2004, VOX Nr. 85, gfs.bern und Institut für Politikwissenschaft, Universität Bern, Bern 2004.
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