Année politique Suisse 2004 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Kulturpolitik
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Kulturpolitik der Kantone und Städte
Im Streit zwischen den Kantonen Zürich und St. Gallen um Kulturgüter, die im Zweiten Villmergerkrieg 1712 von Berner und Zürcher Truppen aus der Stiftsbibliothek St. Gallen nach Zürich gebracht worden sind, wurde ein erster Schritt hin auf eine gütliche Einigung getan. Unter Federführung des EDI vereinbarten die beteiligten Parteien ein Verfahren zur Beilegung der Auseinandersetzung. Konkrete Lösungen sollen bis Ende 2005 vorliegen. Es ist das erste Mal, dass der Bund bei einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kantonen als Vermittler tätig ist; er übernimmt allerdings keine Entscheids- oder Schiedsfunktion [14].
Die Kulturinstitute mit überregionaler Ausstrahlung in Zürich und Luzern sollen von den Nachbarkantonen eine finanzielle Abgeltung erhalten. Eine von Zürich, Luzern, Zug und Schwyz erarbeitete Vereinbarung will dafür eine gesetzliche Grundlage schaffen. Einbezogen werden in Zürich das Opernhaus, die Tonhalle und das Schauspielhaus, in Luzern das KKL, das Theater und das Sinfonieorchester. Diese Liste kann mit Zustimmung der beteiligten Kantone abgeändert werden. Die Kantone zahlen die Beiträge an die Standortkantone und nicht mehr, wie bisher der Kanton Zug, an einzelne Institute [15].
Die 2003 im Grundsatz beschlossene Zürcher Filmstiftung nahm im Berichtsjahr wesentliche politische Hürden. Im Mai stimmte das Kantonsparlament dem Vorhaben der Regierung zu, das Stiftungskapital von 20 Mio Fr. aus dem Fonds für gemeinnützige Zwecke einzuschiessen, worauf auch der Gemeinderat der Stadt Zürich die von der Exekutive beantragte Vervierfachung des jährlichen Filmkredits auf 4 Mio Fr. guthiess. Ende September nahm die Stimmbevölkerung der Stadt gegen die Nein-Parolen der SVP und der FDP den Kredit mit 54% Ja an [16].
Im März hiess der Berner Stadtrat mit deutlichem Mehr den Leistungsvertrag mit dem frisch sanierten alternativen Kulturraum Reitschule gut. Damit soll der Betrieb definitiv in ruhigere Bahnen geleitet werden. Ein rechtsbürgerliches Komitee lancierte daraufhin erfolgreich eine Initiative mit dem Ziel, die Vereinbarung rückgängig zu machen resp. mit einer Reihe von Auflagen zu verschärfen [17].
 
[14] NZZ, 24.8. und 2.9.04.
[15] NZZ, 4.6.04.
[16] NZZ, 3.4., 6.5., 8.5.,11.5., 27.8., 10.9., 14.9.,13.5., 13.11., 17.11. und 21.12.04; Presse vom 27.9.04. Siehe SPJ 2003, S. 284.
[17] Bund und BZ, 19.3., 27.4., 28.4., 13.10. und 27.10.04. Für frühere rechtsbürgerliche Angriffe auf die Reitschule siehe SPJ 2000, S. 287.