Année politique Suisse 2004 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Sprachen
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Berücksichtigung der Sprachminderheiten
Einstimmig hatte der Ständerat 2003 eine Empfehlung des Bündners Brändli (svp) gutgeheissen, 2005 oder 2006 „ina sessiun en terra rumantscha“ durchzuführen, da zu diesem Zeitpunkt ohnehin eine grössere Renovation des Parlamentsgebäudes in Bern vorgesehen ist. Brändli betonte, dass das Bundesparlament mit der Durchführung einer dezentralisierten Session im romanischsprachigen Raum (nach Genf 1993 und Lugano 2001) nicht nur der vierten Landessprache, sondern auch dem Berggebiet Reverenz erweisen könne. Das Büro des Ständerates nahm die Empfehlung zum Anlass, eine entsprechende parlamentarische Initiative für einen einfachen Bundesbeschluss einzureichen. Demzufolge wird die Herbstsession 2006 in Flims/Flem (GR) stattfinden. Mit Zustimmung des Bundesrates wurde der Beschluss in der Herbstsession vom Ständerat einstimmig und zwei Tage später vom Nationalrat mit überwältigendem Mehr angenommen [21].
Anders als der Nationalrat 2002 lehnte der Ständerat eine Motion Pelli (fdp, TI) ab, die den Bundesrat beauftragen wollte, die Bundespersonalstatistik so zu gestalten, dass für alle vier Landessprachen ersichtlich wird, welche Angestellten Verwaltungsarbeiten verrichten und welche Übersetzungen anfertigen. Damit sollte dargelegt werden, wie viele Personen deutscher, französischer, italienischer und rätoromanischer Muttersprache tatsächlich am Entscheidungsprozess teilnehmen und wie viele für die landesweite Verständigung arbeiten. Die kleine Kammer folgte bei ihrer Ablehnung den Erwägungen ihrer Staatspolitischen Kommission, welche auf inzwischen geleistete Arbeiten der Bundesverwaltung und einen in Aussicht gestellten Bericht des Bundespersonalamts zur Förderung der Mehrsprachigkeit verwies. Vertreter der lateinischen Schweiz, Marty (fdp, TI) und Brändli (svp, GR), plädierten vergebens für eine Annahme. Sie machten geltend, dem Motionär sei es nicht um eine reine Statistik gegangen, sondern darum, die Aufmerksamkeit auf den Umstand zu lenken, dass in den höheren Chargen der Bundesämter und der bundesnahen Betriebe kaum italienisch- oder romanischsprachige Personen vertreten sind [22].
Zum Widerstand gegen die neue Verfassung des Kantons Freiburg, welche Gemeinden mit einer beträchtlichen angestammten anderssprachigen Minderheit das Recht einräumt, sich zur zweisprachigen Gemeinde zu erklären, sowie zum neuen Statut der zweisprachigen Stadt Biel, siehe oben, Teil I, 1a (Kantonale Verfassungsrevisionen) und 1d (Territorialfragen).
 
[21] BBl, 2004, S. 5215 ff. und 5223 f. (BR); AB SR, 2004, S. 489 f.; AB NR, 2004, S. 1488 ff.; BBl, 2004, S. 5507. Die 7 Gegenstimmen im NR stammten aus der SVP, ohne dass sich diese Opposition im Rat zu Wort gemeldet hatte. Das Büro des NR hatte sich vorerst aus finanziellen und praktischen Gründen gegen eine Session in Graubünden ausgesprochen (BüZ, 25.2.04).
[22] AB SR, 2004, S. 7 ff. Siehe SPJ 2002, S. 278. Zur Untervertretung der Romands in den Präsidien der parlamentarischen Kommission sowie in der Delegation bei der Interparlamentarischen Union siehe die Antwort des Büros auf eine Anfrage im NR: AB NR, 2004, Beilagen III, S. 126 f. In den Expertenkommissionen des Bundes sind die Romands und die Italienischsprachigen hingegen leicht übervertreten (vgl. oben, Teil I, 1c, Regierung).