Année politique Suisse 2004 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises
 
Kirchen
Papst Johannes Paul II nahm die Einladung der Schweizerischen Bischofskonferenz an, Anfang Juni ein Jugendtreffen in Bern zu besuchen. Bei seiner Ankunft auf dem Militärflughafen Payerne (VD) wurde er von Bundespräsident Deiss, Bundesrätin Calmy-Rey und Bundesrat Schmid empfangen. Anlässlich dieses Besuches normalisierte die Schweiz auch ihre diplomatischen Beziehungen zum Vatikan. 1873, auf dem Höhepunkt des Kulturkampfes, war der päpstliche Gesandte aus der Schweiz ausgewiesen worden. Erst 1920 war wieder eine Nuntiatur in Bern errichtet worden, doch hatte der Bundesrat aus Rücksicht auf die protestantische Bevölkerung auf die Eröffnung einer schweizerischen Vertretung beim Heiligen Stuhl verzichtet. 1991 hatte er in Folge der Auseinandersetzungen um den Churer Bischof Wolfgang Haas einen „Botschafter in Sondermission“ beim Vatikan ernannt, dessen Titel nun in jenen eines ordentlichen Gesandten umgewandelt wurde [23].
Spitzenvertreter von Christen, Juden und Muslimen wollen einen Dialog führen und vereinbarten deshalb auf Anregung des Präsidenten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, einen „Rat der Religionen“ ins Leben zu rufen. Dieser soll als Plattform der Verständigung und als Ansprechorgan des Bundes dienen [24].
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) konnte sein hundertjähriges Bestehen begehen. An den Feierlichkeiten war die Landesregierung durch Bundesrat Couchepin vertreten. Ruth Dreifuss, die erste jüdische Bundesrätin der Schweiz, wurde bei dieser Gelegenheit ins Goldene Buch des SIG aufgenommen [25].
Äusserungen muslimischer Imame, welche mit der schweizerischen Rechtsordnung nicht vereinbar sind, geben seit Jahren zu Besorgnis Anlass. Immer mehr greift deshalb die Vorstellung um sich, dass die Vorbeter in der Schweiz oder zumindest in Europa ausgebildet werden sollten, um eine Ausbreitung des fundamentalistischen Islam zu verhindern. Die Universitäten von Freiburg, Basel und Luzern erklärten sich bereit, die Frage entsprechender Lehrgänge zu prüfen. In Beantwortung einer Frage im Nationalrat zeigte sich der Bundesrat allerdings skeptisch gegenüber der Idee einer universitären Ausbildung für Imame, da es nicht Aufgabe der Universitäten sei, Leute ohne entsprechenden Vorbildungsausweis auf einen spezifischen Beruf vorzubereiten [26].
 
[23] Presse vom 4.5., 13.5. und 3.-7.6.04. Siehe dazu auch die Antwort des BR auf parlamentarische Fragen in AB NR, 2004, S. 1026 und 1028. Diplomatische Beziehungen: Presse vom 28.-30.5.04.
[24] NZZ, 7.7. und 6.11.04; LT, 29.9.04.
[25] NZZ, 19. und 21.5.04. Zur Kontroverse um das Schächtverbot siehe oben, Teil I, 4c (Production animale).
[26] AB NR, 2004, Beilagen V, S. 359; LT, 16.11. und 18.11.04; Presse vom 22.11.04; TA, 23.11. und 27.11.04; Blick, 28.11.04. Für die Haltung der gemässigten Muslime in der Schweiz vgl. TA, 30.11.04 und NZZ, 11.2.04.