Année politique Suisse 2005 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
Im Februar ersetzte die CVP ihr bisheriges Parteiorgan „La Gazette“ durch „Die Politik – Monatszeitschrift des politischen Zentrums“. Das Magazin deutet das Parteilogo nur an und verzichtet auf die in Parteiorganen üblichen Berichte zu nationalen und lokalen Parteiveranstaltungen; die Kantonalparteien hätten hierfür eigene Blätter, zudem existiere der Pressedienst der CVP Schweiz. „Die Politik“ zählte Ende Jahr rund 6000 Abonnenten [18].
An ihrer Delegiertenversammlung in Auvernier (NE) sprachen sich die Christlichdemokraten mit 185:1 Stimmen für die Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten aus und mit 176 Stimmen zum Beitritt zu den Polizei- und Asylabkommen von Schengen und Dublin. Gemäss Parteipräsidentin Leuthard wolle sich die CVP nicht einfach der Kampagne der Wirtschaft anschliessen, sondern bilde ein eigenes Abstimmungskomitee und investiere mindestens 300 000 Fr. in eine Plakatkampagne [19].
Im Hinblick auf die Parolenfassung zum Partnerschaftsgesetz sagte die CVP-Spitze den dazu geplanten Parteitag mit der Begründung ab, eine Veranstaltung nur zu diesem Thema käme zu teuer. Dieses Vorgehen löste bei der Basis, die wie die Nationalratsfraktion gespalten war, gemischte Reaktionen aus. Ende April empfahl der Vorstand der CVP Schweiz in einer öffentlichen Tagung in Baden (AG) mit 37:6 Stimmen bei drei Enthaltungen Zustimmung zur Vorlage. Der Bündner Ständerat Theo Maissen hatte vergeblich Stimmfreigabe beantragt mit dem Argument, wie immer sich die CVP beim Partnerschaftsgesetz entscheide, handle sie sich innerparteiliche Probleme ein [20].
An ihrer Delegiertenversammlung in Einsiedeln (SZ) von Ende Juni verlangten die Christlichdemokraten die Aufhebung der steuerlichen „Heiratsstrafe“ für Ehepaare, eine Vereinfachung der Mehrwertsteuer und die steuerliche Entlastung von kleinen und mittleren Unternehmen (Verminderung der Doppelbelastung beim Risikokapital für Aktionäre mit einer Beteiligung von mindestens 5%). Ausserdem genehmigten die Delegierten das von der Parteileitung präsentierte Konzept „Neue Wege zur Kampagnenfähigkeit“. Dieses will mittels Internet den Kontakt zur Parteibasis und deren Einbindung in die Meinungsbildung verbessern [21].
Um die mit dem Parteiprogramm „Aufbruch Schweiz“ verbundene neue Einheit visuell zu vermitteln, vereinfachte die CVP ihr Logo: orange, mit angeschnittenem weissen Schweizerkreuz und den Parteibuchstaben. Das neue Logo soll künftig in der ganzen Schweiz einheitlich verwendet werden [22].
Ende August lehnten die Christlichdemokraten in Baden (AG) mit 104:39 Stimmen bei vierzehn Enthaltungen das Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft nach eingehender Diskussion ab. Chiara Simoneschi (TI) hatte vergeblich darauf hingewiesen, dass sowohl Bauern- und Konsumentenorganisationen als auch Natur-, Umwelt- und Tierschutzverbände hinter der Initiative stünden und dass es die Bindung der Konsumenten an einheimische Produkte nicht stärke, wenn im Inland nichts anderes produziert werde als im billigeren Ausland. Zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in Zentren des öffentlichen Verkehrs beschlossen die Delegierten mit 122:9 Stimmen bei sieben Enthaltungen die Ja-Parole. Entscheidendes Argument bei beiden Vorlagen war die Sorge um den Wirtschaftsstandort Schweiz gewesen. Wie bereits beim Partnerschaftsgesetz stand die Parole der CVP zu den Sonntagsverkäufen im Widerspruch zur Empfehlung der Schweizerischen Bischofskonferenz, was letztere zu leiser Kritik veranlasste. Gegen Ende Jahr bemühten sich die traditionell eng verbundenen Organisationen um die Durchführung eines klärenden Gesprächs [23].
Im Oktober verabschiedeten die Christlichdemokraten in Sitten (VS) ein 20-Punkte-Programm „Für stabile Prämien und das Ende der Kostenexplosion“ bei der Krankenversicherung. Unter anderem verlangten sie individuelle Verträge zwischen Krankenkassen und Ärzten, Fallkostenpauschalen für Spitäler, Anreize, um die Versicherten zu einem kostenbewussten Verhalten zu motivieren (z.B. tiefere Selbstbehalte bei konsequenter Verwendung von Generika und bei der Behandlung durch Ärztenetze), die Abschaffung der Krankenkassenprämien für Kinder und, zur Finanzierung der Pflegekosten, die Schaffung eines Gemeinschaftsdiensts als Alternative zum Militärdienst [24].
Im Berichtsjahr kam es zu mehreren personellen Wechseln: Zu Beginn der Frühlingssession trat Nationalratspräsident Jean-Philippe Maitre (GE) krankheitshalber von all seinen Ämtern zurück. Auf Vorschlag der CVP wählte die grosse Kammer die Freiburgerin Thérèse Meyer zur neuen Präsidentin. Den Nationalratssitz Maitres übernahm Luc Barthassat [25].
Im Mai bestimmte die CVP mit dem Freiburger Ständerat Urs Schwaller erstmals einen Vertreter der kleinen Kammer zum neuen Fraktionschef. Der langjährige ehemalige kantonale Finanzdirektor, der dem Parlament erst seit 15 Monaten angehört, löste den im März in die Walliser Regierung gewählten Jean-Michel Cina ab. Zur neuen Vizepräsidentin wurde neben den Bisherigen Ständerat Franz Wicki (LU) und Nationalrätin Chiara Simoneschi (TI) die Thurgauer Nationalrätin Brigitte Häberli gewählt [26].
Im Frühling löste Monika Spring (ZH) Béatrice Wertli (AG) als Kommunikationschefin der CVP Schweiz ab. Bereits Ende Jahr musste Spring ihr Amt jedoch wieder abgeben, weil despektierliche Äusserungen, die sie in privatem Rahmen über den Papst und die katholische Kirche gemacht hatte, öffentlich wurden. Zur Nachfolgerin für Spring wählte die CVP die Aargauer Journalistin Marianne Binder. Diese wird Sprecherin für die Deutschschweiz und Leiterin Kommunikation. Als Sprecher für die lateinische Schweiz amtet neu der ehemalige Generalsekretär und Präsident der CVP Waadt Mario-Charles Pertusio [27].
In den kantonalen Parlamentswahlen mussten die Christlichdemokraten insgesamt 17 Sitze abgeben: in Solothurn neun, im Aargau sechs (in beiden Kantonen waren die Legislativen verkleinert worden) und im Wallis zwei. In Solothurn gelang es Klaus Fischer (cvp), Regierungsrat Roberto Zanetti (sp) nach nur zwei Amtsjahren aus der Exekutive zu verdrängen, und in Zürich konnte Hans Hollenstein (cvp) in den Ersatzwahlen den Sitz des zurückgetretenen SVP-Vertreters Christian Huber erobern.
 
[18] Presse vom 2.2.05.
[19] Presse vom 7.2.05.
[20] Presse vom 30.4.05. Gemäss Vox-Analyse stimmte eine knappe Mehrheit der CVP-Sympathisanten dem Partnerschaftsgesetz zu (siehe oben, Teil I, 7d (Familienpolitik).
[21] Presse vom 27.6.05. Zum Kampagnenkonzept siehe NZZ, 18.6.05.
[22] Presse vom 15.7.05; zu „Aufbruch Schweiz“ siehe SPJ 2004, S. 295.
[23] Presse vom 29.8.05; NZZ, 9.12.05.
[24] Presse vom 24.10.05.
[25] Presse vom 6.1., 19.2., 1.3., 3.3. und 9.3.05.
[26] Presse vom 20.-21.5.05.
[27] TA, 5.1.05; LT, 6.1.05; Presse vom 6.12.05; AZ und NZZ, 29.12.05.