Année politique Suisse 2005 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires / Parlament
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Die von der SVP-Fraktion nach dem Sonderkredit für die Rettung der Luftfahrtgesellschaft Swissair angestrebte Neuregelung der Bewilligung von ausserordentlichen und dringlichen Ausgabenbeschlüssen des Bundesrats scheiterte. Die SPK-NR beurteilte zwar den aktuellen Zustand, der die Kompetenzen des Parlaments auf eine nachträgliche Sanktionierung beschränkt, nach wie vor als unbefriedigend. In der Dezembersession beschloss der Nationalrat aber auf ihren Antrag, an der von ihm im Vorjahr unterstützten und von der kleinen Kammer abgelehnten parlamentarischen Initiative der SVP nicht mehr festzuhalten. Diese hatte verlangt, dass ab einem bestimmten Minimalbetrag eine vorhergehende Bewilligung durch das Parlament erforderlich ist. Bereits zuvor hatten sich der Ständerat und der Bundesrat durchgesetzt, als sie die Aufnahme einer entsprechenden neuen Regelung für die Bewilligung von dringlichen ausserordentlichen Ausgaben in das totalrevidierte Finanzhaushaltsgesetz verhinderten [34].
Die Zahl der Motionen ist in den letzten Jahren so stark angestiegen, dass viele von ihnen nicht mehr behandelt, geschweige denn diskutiert werden können. Den nicht behandelten Vorstössen droht nach zwei Jahren die Abschreibung, auch wenn dies gemäss dem neuen Parlamentsgesetz nicht mehr automatisch, sondern auf Antrag des Büros geschieht. Die Unzufriedenheit der meisten Nationalräte mit diesem Zustand manifestierte sich anlässlich des Entscheids über eine von 139 Abgeordneten unterzeichneten Motion Kunz (svp, LU). Diese verlangt, dass das Parlament alle Motionen spätestens ein Jahr nach der Beantwortung durch den Bundesrat behandeln muss; der Vorstoss wurde gegen den Antrag des Ratsbüros angenommen [35].
Die Forderung, mit einer elektronischen Abstimmungsanlage mehr Transparenz über das Abstimmungsverhalten im Ständerat zu schaffen, scheiterte erneut. Der Rat lehnte eine entsprechende Motion Sommaruga (sp, BE) mit 26 zu 13 Stimmen ab. Die Mehrheit führte nicht nur die hohen Kosten ins Feld, sondern hatte auch Bedenken, dass die volle Transparenz über das Stimmverhalten bei Gesamt- und Schlussabstimmung der Diskussions- und Entscheidfindungskultur der kleinen Kammer nicht gerecht würde [36]. Das Mass der gewünschten Transparenz ist aber auch in der grossen Kammer nicht unbestritten. Zwar sind alle elektronisch durchgeführten Abstimmungen einsehbar, nur die als namentlich bezeichneten werden aber automatisch publiziert, für die anderen muss auf umständliche Weise ein Gesuch um Einsicht gestellt werden. Der Nationalrat lehnte eine Motion Vollmer (sp, BE) ab, welche alle Abstimmungsresultate veröffentlichen wollte. Das Gegenargument des Ratsbüros war, dass bei den Abstimmungen zu einzelnen Anträgen oft auch taktische Erwägungen eine Rolle spielten. Wenn dies bei einer Publikation nicht berücksichtigt und erläutert würde, wären die Angaben über das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier irreführend [37].
 
[34] AB NR, 2005, S. 1895. Vgl. SPJ 2004, S. 32 f. Zum Finanzhaushaltsgesetz siehe unten Teil I, 5 (Ausgabenordnung).
[35] AB NR, 2005, S. 944 ff. Eine Motion Huguenin (pda, VD) für die Durchführung einer Sondersession zur Behandlung der hängigen Vorstösse fand hingegen keine Mehrheit (a.a.O., S. 944 ff.).
[36] AB SR, 2005, S. 1202 ff. Vgl. SPJ 2002, S. 37. Dabei wurden in der Diskussion insbesondere die so genannten Parlamentarier-Ratings (Einstufung auf einer Links/Rechts-Skala aufgrund des Abstimmungsverhaltens) kritisiert, welche von Politologen seit einigen Jahren ermittelt werden.
[37] AB NR, 2005, S. 1969 f.