Année politique Suisse 2005 : Economie / Politique économique générale / Wettbewerb
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Importe
Im Berichtsjahr wurde die Diskussion über die Einführung des sogenannten Cassis-de-Dijon-Prinzips (d.h. die volle Anerkennung der Zulassungsprüfungen anderer Länder, auch wenn deren Vorschriften von den landeseigenen abweichen) weitergeführt. Die Wettbewerbskommission sprach sich im April für den Warenverkehr mit der EU für dieses Prinzip aus. Im Juni überwies der Ständerat eine Motion Hess (fdp, OW), welche die einseitige Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips für Importe aus der EU verlangt, falls mit der EU keine Einigung erzielt werden kann. Unterstützung fand Hess auch bei der Konsumentenschützerin Sommaruga (sp, BE). Diese führte ins Feld, dass unnötige Sondervorschriften der Schweiz (z.B. bezüglich Deklaration [21]) dazu führten, dass die importierten Produkte durch die ausländischen Produzenten speziell verpackt werden müssen. Damit werden Parallelimporte verunmöglicht, und die offiziellen Importeure nützten diese Marktbeherrschung auf dem kaufkräftigen schweizerischen Markt zu massiven Preiszuschlägen aus. Gemäss Sommaruga könnten, wo sich aus Gründen der Gesundheitspolitik oder des Tierschutzes die Respektierung der strengeren schweizerischen Normen aufdränge, Ausnahmen vom Prinzip erlaubt werden. Der Bundesrat war zwar mit der Annahme der Motion einverstanden, wies aber auch darauf hin, dass eine einseitige Einführung dieses Prinzips nicht unproblematisch wäre. So würden etwa einheimische Produzenten benachteiligt, welche sich im Inland weiterhin an die schweizerischen Sondervorschriften halten und im Export aber zusätzlich die EU-Vorschriften respektieren müssten.
In seiner Antwort auf eine Interpellation Bührer (fdp, SH) erklärte der Bundesrat im Mai, dass er sich vom Cassis-de-Dijon-Prinzip grundsätzlich eine Belebung des Wettbewerbs und Preissenkungen verspreche. Da das Schutzniveau in Bezug auf gesundheitliche Gefahren in den EU-Staaten seiner Ansicht nach ausreichend hoch sei, werde er einen Vorschlag für die – unter Umständen einseitige – Einführung dieses Prinzips für Güter aus der EU vorlegen. In einem im Herbst veröffentlichten Bericht bekräftigte der Bundesrat seine Haltung. Da der Abschluss eines diesbezüglichen, auf Gegenseitigkeit beruhenden Abkommens mit der EU nicht realistisch sei, wolle er eine partielle, einseitige Anwendung des Casis-de-Dijon-Prinzips für Importe aus der EU anstreben. Durch eine Revision des Gesetzes über die technischen Handelshemmnisse soll dieses Prinzip insbesondere dort Anwendung finden, wo – wie etwa bei den Lebensmitteln – die Vorschriften auch in der EU nicht vollständig harmonisiert sind. Um die Benachteiligung einheimischer Produzenten zu vermeiden, möchte der Bundesrat allerdings grundsätzlich an seiner bisherigen Strategie einer bestmöglichen Harmonisierung der Produktevorschriften mit der EU und der vertraglichen Zusicherung der gegenseitigen Anerkennung festhalten [22].
 
[21] So wird etwa auf Etiketten die gemäss Duden korrekte deutschsprachige Bezeichnung „Sahne“ nicht akzeptiert und muss durch das in der Schweiz übliche Synonym „Rahm“ ersetzt werden. Vgl. dazu TA, 16.2. und 22.4.05.
[22] AB SR, 2005, S. 482 ff.; AB NR, 2005, Beilagen III, S. 201 ff. Wettbewerbskommission: TA, 6.4. und 6.5.05. Bericht BR: NZZ, 24.9.05.