Année politique Suisse 2005 : Chronique générale / Finances publiques / Direkte Steuern
Ende April gab der Bundesrat den Bericht „
Um- und Durchsetzung der Steuerharmonisierung“ in die Vernehmlassung. Der Bericht empfiehlt die Schaffung einer Kontrollinstanz, welche die kantonalen Steuergesetze und die darauf gestützte Praxis auf ihre Übereinstimmung mit der formellen Steuerharmonisierung überprüft und nötigenfalls ein Verfahren einleitet. Die bürgerlichen Parteien lehnten ein solches Organ ab, weil sie dadurch die kantonale Steuerhoheit bedroht sahen. Die Kantone selber hegten keine diesbezüglichen Befürchtungen; die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren hatte sich schon im vergangenen September lediglich gegen die Stimme Genfs für die Schaffung einer Kontrollinstanz ausgesprochen. Unterstützung erhielt das Modell des Bundesrates auch von der SP
[1].
In ihren Antworten auf zwei Vorstösse Berberat (sp, NE) erklärte die Regierung, dass die Quellensteuer nur bei ausländischen Arbeitnehmenden ohne Niederlassungsbewilligung für ihr Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit erhoben werde. Eine Ausdehnung der
Quellensteuer auf alle Arbeitnehmenden würde das bestehende Steuersystem nicht nur komplizieren, sondern sei auch mit den geltenden Regelungen nicht vereinbar. Denkbar sei hingegen die Einführung von obligatorischen Vorauszahlungen, um säumige Zahler mit solchen, die ihre Steuern rechtzeitig entrichten, gleichzustellen
[2].
Mit 87:67 Stimmen lehnte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) im Vorprüfungsverfahren ab. Der Vorstoss verlangte die Aufhebung der
Besteuerung nach Aufwand. Diese steht Personen offen, die erstmals oder nach einer Landesabwesenheit von mindestens zehn Jahren in der Schweiz Wohnsitz oder Aufenthalt nehmen und hier keine Erwerbstätigkeit ausüben. In der Regel handeln die Steuerbehörden eine Pauschalsteuer aus, deren Bemessung aufgrund des Lebenshaltungsaufwandes der Steuerpflichtigen und ihrer Familien erfolgt; bei der direkten Bundessteuer beträgt sie mindestens den fünffachen Mietzins oder den fünffachen Eigenmietwert. Nach Auffassung der Linken profitierten nur mobile Reiche von dieser Art der Steuererhebung, die zudem den Ruf der Schweiz als Steuerumgehungsparadies zementiere. Die Bürgerlichen wiesen auf die vorhandenen Kontrollen hin; darüber hinaus sei davon auszugehen, dass ein beträchtlicher Teil der Vermögensbestandteile und Einkommensquellen der Personen, die nach dem Aufwand besteuert werden, im Ausland liege, so dass die Schweizer Steuerbehörden oft nicht in der Lage seien, eine sachgemässe Veranlagung durchzuführen. Diese Art der Besteuerung stelle demnach keine Privilegierung dar, sondern sei aus praktischen Gründen angebracht. Ausserdem verfügten diverse europäische Staaten über steuerliche Ausnahmeregelungen für Ausländer, wodurch ein Wettbewerb entstehe, dem sich die Schweiz nicht entziehen könne
[3].
Um reiche Steuerzahler anzulocken, führte der Kanton Obwalden ein
degressives Steuermodell für hohe Einkommen ein, was die Linke heftig kritisierte. In seiner Antwort auf eine Interpellation Rey (sp, VS) hielt der Bundesrat fest, dass sich eine politische Begrenzung des interkantonalen Steuerwettbewerbs nur dann aufdränge, wenn dieser die Kantone zwinge, die Steuern auf ein Niveau zu senken, das die Finanzierung der öffentlichen Leistungen verunmöglicht. Je nach konkreter Ausgestaltung könne ein degressiver Steuertarif den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie das Erfordernis einer rechtsgleichen Besteuerung verletzen. Dies zu überprüfen obliege den Gerichten. – Die kantonalen Finanzdirektoren gaben bekannt, dem Wettbewerb um die tiefsten Steuern mit einer Vereinbarung entgegentreten zu wollen
[4].
Diskussionslos überwies der Ständerat eine im Vorjahr bereits von der grossen Kammer gebilligte Motion Banga (sp, SO), welche analog dem Sold für Militär- und Zivilschutzdienst sowie dem Taschengeld für Zivildienst den
Feuerwehrsold von der direkten Bundessteuer befreien will
[5].
In der Sommersession nahm die kleine Kammer die Beratungen zum
Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen in Angriff; da Mitarbeiteraktien und -optionen als Salärbestandteil stark zugenommen haben, sollen sie künftig nach einheitlichem Recht besteuert werden. Die Linke und vereinzelte FDP-Politiker kritisierten, dass es wegen fehlender statistischer Erhebungen nicht möglich sei, die finanziellen Folgen für Bund und Kantone abzuschätzen; es sei deshalb auch nicht korrekt, von einer haushaltsneutralen Vorlage zu sprechen. Mit 26:7 Stimmen lehnte der Rat jedoch einen entsprechenden Rückweisungsantrag ab, der vom Bundesrat zusätzliche Informationen verlangt hatte. In der Detailberatung wehrte sich die SP vergeblich gegen vorgesehene Steuerrabatte: Bei Mitarbeiteraktien mit einer Veräusserungssperre wollte sie den Diskont von 6% pro Sperrjahr (während längstens zehn Jahren) nicht generell, sondern nur für Beträge bis zu 50 000 Fr. gewähren; bei nicht börsenkotierten oder gesperrten Mitarbeiteroptionen, deren Besteuerung neu einheitlich statt bei der Zuteilung erst beim Ausübungszeitpunkt erfolgen soll, stemmte sie sich dagegen, dass der beim Ausüben der Option erzielte geldwertige Vorteil pro Sperrjahr um 10% (bis maximal 50%) vermindert wird. Beide Anliegen wurden mit 30:7 resp. 26:8 Stimmen abgelehnt. Bei der Ergänzung der Vorschriften zur Quellenbesteuerung beschloss der Ständerat mit 19:12 Stimmen, den vom Bundesrat vorgesehenen Maximalsteuersatz von 11,5% auf 10% zu senken. Die Vorlage passierte die Gesamtabstimmung mit 28:6 Stimmen bei zwei Enthaltungen
[6].
[1]
BBl, 2005, S. 2753;
NZZ, 14.4. und 16.8.05; siehe auch die Antwort des BR auf die Frage Rey (sp, VS) in
AB NR, 2005, S. 757.
[2]
AB NR, 2005, S. 1804 f. und Beilagen IV, S. 170 f.;
Lib. und
NF, 1.10.05;
Exp., 1.12.05.
[3]
AB NR, 2005, S. 1483 ff.;
SGT, 31.8.05;
AZ und
BaZ, 1.9.05;
Bund, 3.9.05;
TA, 30.9. und 5.11.05; Presse vom 7.10.05.
[4]
AB NR, 2005, Beilagen IV, S. 413 f.; Presse vom 12.-14.12. und 24.12.05.
[5]
AB SR, 2005, S. 786; vgl.
SPJ 2004, S. 106.
[6]
AB SR, 2005, S. 420 ff.;
TA, 7.12.05; vgl.
SPJ 2004, S. 107.
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