Année politique Suisse 2005 : Politique sociale / Population et travail
Schutz der Arbeitnehmenden
Als Erstrat stimmte der Ständerat in der Frühjahrssession der Senkung der Altersgrenze für den
Sonderschutz für Jugendliche am Arbeitsplatz von 20 auf 18 Jahre mit 27 zu 8 Stimmen zu. Damit gelten in Bezug auf Nacht- und Sonntagsarbeit für alle Beschäftigten ab 18 Jahren die gleichen Schutzbestimmungen. Grundsätzlich hatte auch die Linke gegen die generelle Senkung der Altersgrenze kaum Einwände; auch für sie machte es wenig Sinn, für Personen zwischen 18 und 20 Jahren, welche zivilrechtlich als volljährig gelten, Nachtarbeit grundsätzlich zu verbieten. Ständerätin Fetz (sp, BS) verlangte aber die Beibehaltung von besonderen Schutzbestimmungen für Lehrlinge. Ein Antrag der Linken, das Schutzalter für Lehrlinge bei 20 Jahren zu belassen, fand zwar bei einem Teil der CVP-Abgeordneten, nicht aber bei der Ratsmehrheit Anklang und wurde mit 27 zu 11 Stimmen abgelehnt. Bundesrat Deiss hatte als Gegenargument gegen diesen Antrag ins Feld geführt, dass die Sozialpartner in Branchen mit regelmässiger Nachtarbeit auch nach der Gesetzesänderung ohne weiteres Sonderbestimmungen für ihre Lehrlinge vereinbaren können. Die Jugendsektionen der Gewerkschaften und der SP protestierten gegen diesen Entscheid und drohten, sollte er vom Nationalrat bestätigt werden, mit einem Referendum
[24].
Der im europäischen Vergleich schwache schweizerische
Kündigungsschutz sieht vor, dass bei missbräuchlicher Kündigung kein Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung besteht, sondern nur auf eine monetäre Entschädigung. Aber auch dieser Anspruch gilt nur, wenn die betroffene Person während der Kündigungsfrist gegen die Kündigung Einspruch erhebt und die Entschädigungsforderung bis höchstens 180 Tage nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses anmeldet. Da Arbeitnehmer oft ungenügend über ihre Rechte informiert seien, wollte Nationalrätin Thanei (sp, ZH) zumindest die erste Frist streichen. Der Nationalrat lehnte es jedoch mit 81 zu 75 Stimmen ab, ihrer parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Für die obsiegende bürgerliche Kommissionsmehrheit macht die Beibehaltung dieser Frist vor allem deshalb Sinn, weil nach einer Einsprache gegen eine Kündigung die Arbeitgeber oft deren missbräuchlichen Charakter einsehen und diese zurückziehen würden. Dieser erwünschte Effekt könne aber nur zum Tragen kommen, wenn die Einsprache vor Ablauf der Kündigungsfrist eingereicht werden muss
[25].
Gegen den Widerstand der Linken beschloss der Nationalrat, eine parlamentarische Initiative Gross (sp, TG) für den
Schutz der Beschäftigten bei Massenentlassungen, welcher der Rat 1998 Folge gegeben hatte, nicht weiter zu verfolgen und abzuschreiben. Einige von Gross angesprochene Probleme (z.B. die Rechte der Beschäftigten beim Besitzwechsel einer Firma) seien mit dem neuen Fusionsgesetz geregelt worden, andere Forderungen (v.a. Ansprüche auf einen Sozialplan oder Weiterbeschäftigung nach dem Neustart einer Konkurs gegangenen Firma) wurden wegen ihrer für die Wirtschaft schädlichen Auswirkungen abgelehnt
[26].
[24]
AB SR, 2005, S. 259 ff.;
SGT und
TA, 16.3.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 170 f.
[25]
AB NR, 2005, S. 1490 ff.
[26]
AB NR, 2005, S. 1956 ff. Vgl.
SPJ 1998, S. 232. Zum Fusionsgesetz siehe
SPJ 2003, S. 108.
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