Année politique Suisse 2005 : Politique sociale / Groupes sociaux / Frauen
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Arbeitswelt
Mit Stichentscheid des Präsidenten unterstützte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Haering (sp, ZH), welche mehr Frauen in den Verwaltungsräten von Unternehmungen des Bundes oder Betrieben mit mehrheitlicher Bundesbeteiligung fordert. Die Rechtskommission, welche sich ebenfalls hinter den Vorstoss gestellt hatte, argumentierte, die verlangte Minimalquote von 30% sei nicht nur wegen des Verfassungsauftrags der Geschlechtergleichstellung angebracht, sondern würde sich auch für die anvisierten Gesellschaften positiv auswirken [29].
Das EDA gab ein Fakultativprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) in die Vernehmlassung. Es sieht unter anderem ein individuelles Mitteilungsverfahren vor, das Einzelpersonen oder Personengruppen erlaubt, nach Durchlaufen des nationalen Instanzenzuges an den zuständigen UNO-Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu gelangen [30].
Basierend auf dem neuen Berufsbildungsgesetz lancierte der Bund Schweizer Frauenorganisationen, „alliance f“, ein flexibles Modell für die berufliche Weiterbildung, das auch vom BBT unterstützt wird. Es ermöglicht, das Lerntempo den Lebensumständen anzupassen. Das heisst, dass jeder Lehrgang jederzeit unterbrochen und innerhalb von einem oder zwei Jahren wieder aufgenommen werden kann. Die Ausbildungen werden vermehrt in Modulen angeboten und sollen insbesondere Frauen mit Kindern die berufliche Weiterbildung erleichtern. Abgeschlossen werden die neuen Weiterbildungslehrgänge mit einem eidgenössisch anerkannten Diplom. Im Berichtsjahr boten erstmals einige Ausbildungsstätten Lehrgänge nach diesem Modell an [31].
In seiner Antwort auf eine Interpellation Markwalder (fdp, BE) hielt der Bundesrat fest, dass eine Aufnahme der Prostitution ins Berufsverzeichnis die Probleme der Prostituierten nicht reduzieren würde, da dieser Eintrag keine rechtlichen Auswirkungen, insbesondere betreffend Sozialversicherungen, habe. Ausserdem sei fraglich, welchen Mehrwert die geschützte Berufsbezeichnung „Sexworkerin/Sexworker“ für die Betroffenen hätte [32].
 
[29] AB NR, 2005, S. 44 ff.; vgl. SPJ 2004, S. 211 f.; siehe auch die Antworten des BR auf die Interpellationen Leutenegger (sp, BL) zum Stand der Gleichstellung in bundesnahen Unternehmen und Roth-Bernasconi (sp, GE) betreffend Lohnanstieg von Männern und Frauen in der Bundesverwaltung in AB NR, 2005, Beilagen II, S. 216 f. und Beilagen IV, S. 415 f.
[30] BBl, 2006, S. 1589; vgl. auch SPJ 2004, S. 211.
[31] NZZ und TA, 10.6.05. Der NR verlängerte die Frist zur Behandlung einer Motion Fehr, Jacueline (sp, ZH) betreffend einen Massnahmenplan für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (AB NR, 2005, S. 1990). Zur Berufsbildung siehe unten, Teil I, 8a (Berufsbildung).
[32] AB NR, 2005, S. 404 f.