Année politique Suisse 2005 : Politique sociale / Groupes sociaux / Familienpolitik
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Ehe- und Scheidungsrecht
Nach ausführlicher Diskussion überwies der Nationalrat mit 136:44 Stimmen gegen den Widerstand eines Teils der Linken ein Postulat Wehrli (cvp, SZ), welches verlangt, dass unverheiratete und geschiedene Eltern in der Regel das gemeinsame elterliche Sorgerecht für die Kinder erhalten sollen, auch wenn ein Elternteil nicht damit einverstanden ist. Gemäss geltender Praxis erhält bei einer Trennung meistens die Mutter das Sorgerecht zugesprochen, was laut Wehrli Männer bevorteile, die sich vor der Verantwortung für ihre Kinder drücken und die schlechte Beitragszahler sind. Einige SP- und grüne Nationalrätinnen und Nationalräte hatten gefordert, nicht nur von der elterlichen Sorge als Recht zu sprechen, sondern als verbindliche Pflicht, welche auf beide Elternteile gleich zu verteilen sei [44].
Gemäss einem Bundesgerichtsurteil müssen Richterinnen und Richter Scheidungskinder ab dem Alter von sechs Jahren anhören [45].
Der Ständerat lehnte eine im Vorjahr von der grossen Kammer gutgeheissene Motion der SPK-NR ab, welche den Bundesrat beauftragen wollte, Vorschläge zur Harmonisierung der Gesetzgebung betreffend Alimentenbevorschussung und -inkasso auszuarbeiten, um die enormen Unterschiede zwischen den Kantonen auszugleichen. Der Bundesrat hatte sich gegen den Vorstoss ausgesprochen, weil er die kantonale Gesetzgebung nicht konkurrenzieren wollte [46].
 
[44] AB NR, 2005, S. 1495 ff.; Presse vom 26.2. und 8.10.05; siehe auch die Petition „verantwortungsvoll erziehender Väter und Mütter“ in AB NR, 2005, S. 1505 und Beilagen III, S. 182.
[45] Presse vom 29.7.05.
[46] AB SR, 2005, S. 281 ff.; vgl. SPJ 2004, S. 214. In derselben Debatte nahm der SR Kenntnis von einer in die gleiche Richtung zielenden Petition des Schweizerischen Verbands alleinerziehender Mütter und Väter, welche zudem ein existenzsicherndes Einkommen für jedes in einer Einelternfamilie lebende Kind verlangt hatte. Eine Minderheit der vorberatenden Kommission hatte der Petition Folge geben und die Motion des Nationalrates annehmen wollen.