Année politique Suisse 2005 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises / Kulturpolitik
Im Sommer gab der Bundesrat den Entwurf für ein
Kulturförderungsgesetz (KFG) und die Revision des Pro Helvetia-Gesetzes [1] in die
Vernehmlassung. Mit dem KFG, das den seit 2000 geltenden „Kulturartikel“ der BV praktisch umsetzt, will der Bund die Partnerschaften mit den Kantonen, Gemeinden, Städten und Privaten stärken, Schwerpunkte für die Kulturförderung bilden sowie Aufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen Bundesakteure entflechten. So obliegt die Durchführung von bedeutenden Kulturanlässen im Ausland (Veranstaltungskosten ab 10 000 Fr.) künftig Pro Helvetia und nicht mehr dem EDA. Dieses zeichnet hingegen für kulturelle Anlässe der diplomatischen Vertretungen im Ausland verantwortlich. Umgekehrt wirken das Bundesamt für Kultur und Pro Helvetia bei der Ausbildung der Kulturattachés mit. Zentrales Lenkungsinstrument der bundespolitischen Kulturpolitik bilden die Vierjahrespläne: Der Bundesrat legt dem Parlament in diesem Rhythmus Rechenschaft über seine Tätigkeit als Kulturförderer ab, und das Parlament entscheidet anschliessend darüber, welche Schwerpunkte es in den darauf folgenden vier Jahren setzen will; dabei stehen alle Bereiche der Kultur zur Disposition. Die grösste inhaltliche Änderung des KFG bildet die gezielte Förderung der Breitenkultur. Der Bund verzichtet hingegen auf die Unterstützung kultureller „Leuchttürme“ (Kulturinstitutionen von nationaler Bedeutung) wie das Zürcher Opernhaus oder das Paul-Klee-Zentrum in Bern, welche weiterhin von den Kantonen und Gemeinden finanziert werden müssen
[2].
Mit Ausnahme der SVP
begrüssten die Parteien mehrheitlich die
Stossrichtung des KFG, übten aber in einzelnen Punkten
massive Kritik: So forderte die CVP die Bündelung der bundesstaatlichen Kulturförderung in einem unabhängigen Kompetenzzentrum nach dem Modell des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und damit die faktische Abschaffung von Pro Helvetia. FDP und die Linke hingegen wollten die Autonomie der Kulturstiftung ausbauen. SP und Grüne verlangten – wie der Dachverband Suisseculture – ein verbindlicheres Engagement des Bundes und eine bessere soziale Absicherung für Kulturschaffende. Die Mehrheit der Kulturverbände befürchtete, dass die alle vier Jahre zu verabschiedenden Schwerpunktprogramme sowie deren Evaluation zu mehr Bürokratie führten. Die Kulturbeauftragten der Kantone und Städte bedauerten die fehlende Unterstützung der „Leuchttürme“
[3].
In seiner Antwort auf eine Interpellation Widmer (sp, LU) erklärte der Bundesrat, dass das BFS aufgrund der Aufgabenverzichtsplanung ab 2006 nur noch die Filmstatistik sowie, in reduzierter Form, die Bibliotheksstatistik und die
Statistik über das Kulturverhalten und den Kulturkonsum weiterführe. Den Sparmassnahmen zum Opfer fielen die Statistiken zur öffentlichen Kulturfinanzierung durch Gemeinden, Kantone und Bund sowie die Statistiken zur privaten Kulturfinanzierung und zu den Kulturstiftungen. Wenn die Arbeiten im Zusammenhang mit dem KFG wie geplant vorankämen und die Finanzierung für diese Statistiken gesichert sei, könne das BFS die Erhebungen jedoch spätestens in zwei Jahren wieder aufnehmen
[4].
Im Vorjahr hatte das Parlament eine Motion für eine klarere gesetzliche Grundlage für den Verein
Memoriav überwiesen; Hauptziel von Memoriav ist die Verbesserung der
Sicherung, Erschliessung und Vermittlung audiovisueller Dokumente der Schweiz, die akut gefährdet sind. Im Frühjahr präsentierte der Bundesrat eine entsprechende Vorlage, welche die Räte im Winter zusammen mit einem Zahlungsrahmen für Finanzhilfen für die Jahre 2006-2009 in der Höhe von 11,7 Mio Fr. verabschiedeten
[5].
[2]
BBl, 2005, S. 3955; Presse vom 11.6.05; vgl.
SPJ 2004, S. 234. Zur Kulturaussenpolitik siehe auch die Antworten des BR auf die Interpellationen Rutschmann (svp, ZH) und Markwalder (fdp, BE) in
AB NR, 2005, Beilagen III, S. 209 ff. und 214 ff.;
NZZ am Sonntag, 13.2.05;
TA, 19.2.05;
TG, 8.6.05;
Lib. und
LT, 11.6.05.
[3] Presse vom 16.-17.9.05 (Tagung zum KFG in Aarau);
AZ, 24.9.05;
NZZ, 14.10.05;
TA, 27.10. und 4.11.05;
SN, 27.10.05;
SZ, 29.10.05. Siehe auch die Beiträge von Hermann Bürgi (svp, TG), Robert Nef, Rainer Peikert, Anita Fetz (sp, BS)/Hans Furer, Iris Bischof, Benno Schubiger sowie Pro-Helvetia-Direktor Pius Knüsel in
NZZ, 25.1., 11.2., 29.3., 15.6., 19.9., 31.10. und 16.11.05. Zur sozialen Absicherung Kulturschaffender siehe auch die Anfrage Müller-Hemmi (sp, ZH) in
AB NR, 2005, Beilagen III, S. 152.
[4]
AB NR, 2005, Beilagen IV, S. 376 f.;
TA, 29.11.05.
[5]
BBl, 2005, S. 3307 ff.;
AB SR, 2005, S. 724 ff. und 1223;
AB NR, 2005, S. 1579 ff. und 2002;
BBl, 2006, S. 3937; vgl.
SPJ 2004, S. 235. Siehe auch die Absichtserklärung von BAK-Direktor Jauslin zur „Memopolitik“ in der Presse vom 29.6.05;
Lib., 19.7.05.
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