Année politique Suisse 2005 : Enseignement, culture et médias / Médias
 
Presse
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Presseförderung
Die parlamentarische Initiative „Medien und Demokratie“ wurde in der Frühlingssession des Nationalrates definitiv abgelehnt. Die Initiative hatte die Einführung eines neuen Verfassungsartikels zum Ziel, der die Medienvielfalt und Unabhängigkeit der Medien gewährleisten sollte. Stattdessen überwies der Nationalrat die vom Ständerat im Vorjahr gebilligte Motion ebenfalls, die eine Presseförderung mittels Beteiligung an den Verteilungskosten anstrebt [4]. Die schweizerische Presseförderung wurde auch seitens der Europäischen Union kritisch beäugt. Ausländische Zeitungen müssen den vollen Posttarif bezahlen gegenüber einem subventionierten Tarif für Schweizer Publikationen. Dies stellt laut der Europäischen Kommission eine Diskriminierung dar [5].
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Arbeitsbeziehungen
Nachdem der Gesamtarbeitsvertrag der Pressebranche 2004 ausgelaufen war, blieben im Berichtsjahr die Fronten hart [6]. Der Verband Schweizer Presse lehnte es weiterhin ab, Gespräche mit den Journalistenverbänden Comedia und Impressum zu führen, solange von diesen Mindestlöhne gefordert werden. Die Verleger plädierten weiterhin für eine Lösung der Lohnfrage auf Betriebsebene und verabschiedeten an ihrer Jahrestagung einen Katalog von Mindeststandards für individuelle Arbeitsverträge, den sie im Alleingang, das heisst ohne Konsultation der Gewerkschaften erarbeitetet hatten [7].
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Qualitätssicherung und Selbstkontrolle
Das Selbstkontrollorgan der Printmedien, der Presserat, hatte im Berichtsjahr mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Als Grund wurde der Anstieg der zu beurteilenden Fälle auf etwa 100 angeführt. Um den höheren Kosten entgegen zu wirken, will der Presserat die Beiträge der Trägerverbände erhöhen und gleichzeitig eine Sammelaktion starten. 2005 waren 88 Beschwerden eingegangen, gegenüber 74 im vorherigen Jahr; ein Viertel davon wurde zurückgezogen [8].
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Pressekonzentration
Das Jahr 2005 war gekennzeichnet von zahlreichen Übernahmen und der Einführung einer Gratiszeitung in der Romandie. Ein Ratgeber für Medienschaffende, „der Schweizer Journalist“, wurde von einem österreichischen Verleger auf den Markt gebracht [9]. Ausserdem feierte die NZZ mit einem Festakt ihren 225. Geburtstag. Sonderpublikationen und Podiumsdiskussionen waren Teil der ausgiebigen Feierlichkeiten [10].
Die NZZ-Gruppe hat ihre Position durch die Übernahme von 37% der Zürcher Oberland Medien AG weiter gestärkt. Zu der Gruppe gehören der „Zürcher Oberländer“ und der „Anzeiger von Uster“ [11]. Die NZZ hatte sich schon früher Minderheitsanteile bei der Zürichsee Presse und dem „Zürcher Unterländer“ sichern können. Fast zeitgleich kündigte der andere grosse Zürcher Verlag Tamedia den Erwerb von 20% des Winterthurer Landboten-Verlags an [12]. Im Berichtsjahr lancierte zudem der von Tamedia herausgegebene „Tages-Anzeiger“ seine erste Regionalausgabe mit einem lokalen Zusatzheft und trat so in direkte Konkurrenz zu der Zürichsee Presse [13]. Einen weiteren Einstieg ausserhalb der Zürcher Kantonsgrenzen schaffte die Tamedia mit der Übernahme des Huber-Verlags und damit der „Thurgauer Zeitung“. Diese Zeitung soll ihre eigene Redaktion beibehalten [14]. Die St. Galler Tagblatt AG, ebenfalls interessiert an der „Thurgauer Zeitung“, übernahm stattdessen zu 100% das Ausserrhoder Druck- und Verlagsunternehmen „Appenzeller Medienhaus“ [15].
Die in den Kantonen Aargau und Solothurn verankerten so genannten Mittellandzeitungen gaben die unbefristete Fortführung ihrer Kooperation bekannt. Zeitgleich sicherte sich die AZ-Medien-Gruppe 35% der Vogt-Schild-Gruppe, u.a. Herausgeberin der „Solothurner Zeitung“ [16].
Zu einer Fusion kam es im aargauischen Norden zwischen der „Fricktaler Zeitung“ und dem „Fricktaler Boten“. Daraus entstand die „ Neue Fricktaler Zeitung“, an der die Basler Zeitung beteiligt ist [17].
In der Westschweiz fusionierte Edipresse ihre Waadtländer Titel unter dem Dach der Tageszeitung „24 heures“, welche in vier Regionalausgaben erscheint [18]. Die Gruppe Hersant, die Edipresse eine Monopolstellung vorwirft, hat bei der Wettbewerbskommission dagegen Beschwerde eingereicht. Fünf Jahre nach der Deutschschweiz erlebte die Westschweiz die Lancierung einer Gratistageszeitung; diese trägt den Namen „Le Matin bleu“ [19].
 
[4] AB NR, 2005, S. 416 ff. Siehe SPJ 2004, S. 242.
[5] BaZ, 19.10.05; NZZ, 20.10.05.
[6] Siehe SPJ 2004, S. 242.
[7] TA, 15.9.05; NZZ, 16.9.05; WoZ, 22.9.05. Vgl. SPJ 2004, S. 168.
[8] TA, 17.9.05; www.presserat.ch, Jahresbericht 2005. Vgl. SPJ 2004, S. 242 f.
[9] NZZ, 9.12.05.
[10] Zum Jubiläum der NZZ siehe auch Lit. Maissen und Meyer.
[11] Presse vom 28.1.05.
[12] TA, 22.1.05; NZZ, 22.1.05.
[13] NZZ, 1.3.05; BaZ, 26.2.05.
[14] Presse vom 9.9.05.
[15] SGT, 6.12.05.
[16] AZ, 30.6.05; NZZ, 6.7.05.
[17] NZZ, 15.4.05.
[18] NZZ, 5.3.05; Lib., 3.3.05.
[19] AZ und LT, 31.10.05; NZZ, 1.11.05.