Année politique Suisse 2006 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
Evangelische Volkspartei (EVP)
Auf ihrer Versammlung im Februar in Thun (BE) verabschiedeten die Delegierten der EVP einstimmig das
neue Parteiprogramm, das auf der Grundlage einer Mitgliederbefragung entstanden war. Die EVP positionierte sich darin als Mittepartei mit tendenziell konservativen Werten, aber eher linken sozial- und ökopolitischen Standpunkten. Konkret will sich die EVP für die Harmonisierung und Erhöhung von Kinderzulagen engagieren. Auch die Steuern sollen massvoll harmonisiert werden. Gesundheitspolitisch stellt sich die Partei eine Einheitskrankenkasse bei Beibehaltung des Prämiensystems vor. Die Sonntagsarbeit soll auf ein Minimum reduziert, die Lohnnebenkosten mittels Energiesteuern gesenkt werden. Die EVP ist für eine öffentlichrechtliche Infrastruktur von Stromversorgung oder Telekommunikation, aber für private Dienstleistungen. Deutlich stellt sich die Partei gegen die Sterbehilfe und die Förderung von Präimplantationsdiagnostik und spricht sich, angesichts der gegenwärtigen Probleme, für die Beibehaltung der Strafbarkeit von Drogenkonsum aus. Anklang fand bei den Delegierten auch die Ersetzung der allgemeinen Wehrpflicht durch einen obligatorischen Gemeinschaftsdienst
[51].
Auf der Delegiertenversammlung in Aarau im Juni wurden die Nein-Parolen zu den
Asyl- und Ausländergesetzen (mit 61:36 resp. 57:38 Stimmen) beschlossen
[52].
Ende Oktober fassten die Delegierten zwei Ja-Parolen für die
Osthilfe und die
Familienzulagen. Letztere gehen deutlich in Richtung der grundsätzlichen familienfreundlichen Anliegen der EVP. Auch die Stärkung der neuen osteuropäischen EU-Staaten wurde als ein vitales Interesse der Schweiz aufgefasst. Wichtig sei allerdings, die Kompensation der Kohäsionsmilliarde im Haushalt nicht zu Lasten der Entwicklungshilfe durchzuführen
[53].
Die Geschäftsleitung der EVP kündigte an, die Volksinitiative des Schaffhauser Unternehmers Thomas Minder gegen überrissene Managerentschädigungen (so genannte
Abzockerlöhne) aktiv zu unterstützen, um den Druck auf Parlament und Bundesrat verstärken zu helfen. Die EVP war ausser der Luzerner Sektion der FDP die einzige Partei, die diese Initiative mitzutragen gewillt war
[54].
Im Übrigen unterstützte die EVP den Bildungsartikel und die linke Kosa-Initiative.
Die
Vereinigung evangelischer Wählerinnen und Wähler (VEW), die Sektion der EVP in
Basel-Stadt, wechselte auf der Mitgliederversammlung in Riehen (BS) ihren Parteinamen zu EVP. Sie gab sich auch ein neues Grundlagenpapier und kündigte an, eine engere Zusammenarbeit mit der CVP anzustreben. In Genf wurde die Gründung einer EVP-Sektion geplant
[55].
In den kantonalen Parlamentswahlen gelang es der EVP, die Zahl ihrer Abgeordneten in Bern um zwei und in Freiburg um einen zu erhöhen.
[51]
NZZ, 27.2.06.
Zu Details des Parteiprogramms siehe
NZZ, 24.2.06.
[55] BS:
BaZ, 25.10.06. GE:
TG, 16.2. und 26.10.06.
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