Année politique Suisse 2006 : Economie / Crédit et monnaie
Banken, Börsen und Versicherungen
Der Nationalrat sprach sich mit 112 zu 43 Stimmen gegen eine Verankerung des
Bankkundengeheimnisses in der Bundesverfassung aus, wie dies die SVP-Fraktion mit einer parlamentarischen Initiative und die Kantone Aargau, Basel-Land, Genf, Tessin, Zug und Zürich mit Standesinitiativen gefordert hatten. Auch der Ständerat lehnte die sechs kantonalen Vorstösse ab. Noch Ende 2003 hatten die bürgerlichen Mehrheiten beider Parlamentskammern den SVP-Vorstoss unterstützt. Der Rat folgte mit dem jetzigen negativen Entscheid den Überlegungen der WAK beider Ratskammern, welche der Meinung waren, dass der rechtliche Schutz der Bankkunden vor Informationssammlern sowohl durch die Bundesverfassung (Art. 13, Schutz der Privatsphäre) als auch durch das Bankengesetz ausreichend gewährleistet sei. Wenn aus dem Ausland Forderungen nach der Aufhebung des Bankkundengeheimnisses laut würden, so hätten diese meist gar nichts mit diesem Prinzip an sich zu tun. Grund des Anstosses sei in der Regel vielmehr die schweizerische Steuergesetzgebung, welche einen strafrechtlichen Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und -betrug macht und bei Hinterziehung keine internationale Rechtshilfe (welche auch in der Schweiz das Bankkundengeheimnis aufhebt) gewährt. Schliesslich sprachen gemäss den WAK auch politisch-taktische Gründe gegen den verlangten Verfassungsartikel: Die politische Auseinandersetzung anlässlich der obligatorischen Volksabstimmung wäre dem Ansehen des schweizerischen Finanzplatzes bei ausländischen Anlegern wenig förderlich
[12].
Der Bundesrat beantragte dem Parlament eine
Revision des Gesetzes gegen Insidergeschäfte. Transaktionen an der Börse sollen in Zukunft auch strafbar sein, wenn sie aufgrund von speziellen Kenntnissen über bevorstehende Gewinnwarnungen (und damit erwartete Kursverluste) getätigt werden. Diese Schliessung einer offensichtlichen Lücke im ursprünglichen Gesetz, welches nur Insiderkenntnisse über erwartete Kursgewinne erwähnt hatte, hatten zuerst das Parlament mit der Überweisung einer Motion Jossen (sp, VS) und anschliessend auch eine vom EJPD eingesetzte Expertenkommission gefordert
[13].
Der Bundesrat leitete dem Parlament den Entwurf für ein neues
Bundesgesetz über Bucheffekten zu. Gleichzeitig empfahl er die Genehmigung des Haager Wertpapierübereinkommens. Hintergrund dieser beantragten Rechtsänderung bildet die Tatsache, dass Aktien und andere Kapitalmarktpapiere heute in der Regel nicht mehr als physische Urkunden an den Besitzer übergehen, sondern, wenn sie überhaupt noch in physischer Form existieren, bei zentralen Verwahrungsstellen deponiert sind (so genannt mediatisierte Wertpapierverwahrung). Sie spielen weder für die Geltendmachung der Rechte der Anlegerinnen und Anleger noch für den Kauf und Verkauf eine Rolle. Mit den durch das neue Gesetz definierten Bucheffekten soll diese Art der Wertpapierverwahrung auf eine transparente und verlässliche rechtliche Grundlage gestellt werden. Diese Bucheffekten weisen Merkmale sowohl einer schuldrechtlichen Forderung als auch einer Sache auf, und ihnen kommen damit alle funktionellen Eigenschaften eines modernen Wertpapiers zu. Das zur Genehmigung vorgelegte Haager Wertpapierübereinkommen dient der Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts im Bereich der mediatisiert verwahrten Wertpapiere. Es enthält insbesondere Regeln, die es ermöglichen, das bei grenzüberschreitenden Wertpapiergeschäften anzuwendende Recht zu bestimmen
[14].
Eine 2003 vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission für eine
Totalrevision des Versicherungsvertragsgesetzes lieferte im Berichtsjahr ihren Vorentwurf ab. Sie schlug unter anderem vor, den Schutz der Versicherten namentlich durch einen Ausbau der Informationsrechte zu verbessern. Neu sollen diese ausgebauten Schutzbestimmungen nicht nur für Privatpersonen gelten, sondern auch für Kleinunternehmen. Der Bundesrat beauftragte das Bundesamt für Privatversicherungen, auf der Grundlage der Expertenvorschläge einen Vernehmlassungsentwurf ausarbeiten
[15].
[12]
AB NR, 2006, S. 590 ff. sowie 1259 (ZG und ZH);
AB SR, 2006, S. 1217 f. Siehe auch
SPJ 2005, S. 100.
[13]
BBl, 2007, S. 439 ff.;
TA, 9.12.06. Siehe
SPJ 2005, S. 113.
[14]
BBl, 2006, S. 9315 ff.
[15]
NZZ, 22.9.06. Zur letzten Teilrevision des Versicherungsvertragsrechts, welche auf den 1.1.2006 in Kraft gesetzt wurde, siehe
SPJ 2004, S. 91 f.
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