Année politique Suisse 2006 : Politique sociale / Groupes sociaux
Jenische
Die Stiftung „Zukunft für Schweizer Fahrende“ wurde 1997 von der Eidgenossenschaft gegründet. Sie hat den Auftrag, die Lebensbedingungen der fahrenden Bevölkerung in der Schweiz zu sichern und zu verbessern und einen Beitrag zur Wahrung ihres kulturellen Selbstverständnisses zu leisten. In dieser Zielsetzung kommt die Tatsache zum Ausdruck, dass die Fahrenden, die in der Schweiz während langer Zeit diskriminiert und verfolgt wurden, heute eine vom Bund anerkannte nationale Minderheit bilden. Mit der Ratifizierung des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten 1998 verpflichtete sich die Schweiz, die Bedingungen zu fördern, die es Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln.
Die Stiftung war zu Beginn mit einem Stiftungskapital von 1 Mio Fr. dotiert und seither zweimal mit fünfjährigen Rahmenkrediten für Betriebsbeiträge von jährlich 150 000 Franken ausgestattet worden. Für die Jahre
2007-2011 beantragte der Bundesrat nun dem Parlament einen
Rahmenkredit
von 750 000 Fr. Damit soll vor allem das nach wie vor ungelöste Problem der Stand- und Durchgangsplätze angegangen werden. Im Ständerat befand eine Minderheit aus SP und CVP, angesichts der schleppenden und sogar rückläufigen Entwicklung (zwischen 2001 bis 2005 wurden lediglich zwei Durchgangsplätze und ein Standplatz neu erstellt, aber neun Durchgangsplätze geschlossen) sei dies ungenügend. Ihr Antrag auf eine Verdoppelung des Rahmenkredits unterlag aber mit 21 zu 13 Stimmen. Im Nationalrat wurde der gleiche Antrag von links-grüner Seite gestellt. Da am ersten Tag der Herbstsession in Flims das elektronische Abstimmungsprozedere noch nicht funktionierte, konnte der Präsident lediglich feststellen, dass der Minderheitsantrag mit offensichtlichem Mehr abgelehnt wurde
[23].
Der Bundesrat hat im Oktober den Bericht zur
Situation der Fahrenden in der Schweiz verabschiedet. Der erste Teil des Berichts analysiert die Verpflichtungen, welche die Schweiz mit einer allfälligen Ratifizierung des Übereinkommens über Eingeborene und in Stämmen lebende Völker (Übereinkommen Nr. 169) der Internationalen Arbeitsorganisation übernehmen würde. Es wurde festgehalten, dass das schweizerische Recht die Anforderungen des Übereinkommens nicht erfüllt. Der zweite Teil widmet sich den Handlungsmöglichkeiten des Bundes zur Schaffung von Stand- und Durchgangsplätzen für Fahrende in der Schweiz. Er bildet die Antwort auf ein vom Nationalrat 2003 angenommenes Postulat der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit mit dem Titel „Beseitigung der Diskriminierung von Fahrenden in der Schweiz“
[24].
[23]
BBl, 2006, S. 3049 ff.;
AB SR, 2006, S. 480 ff.;
AB NR, 2006, S. 1186 ff.;
BBl, 2006, S. 8657.
[24]
SECO, Medienmitteilung, 18.10.06. Vgl. für das Postulat
SPJ 2003, S. 250.
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