Année politique Suisse 2006 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche / Forschung
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Gentechnologie
Zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln und insbesondere zum Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft siehe oben, Teil I, 4c (Produits alimentaires).
Das Parlament überwies mehrere Vorstösse zur Gentechnologie-Forschung in der Landwirtschaft: Diskussionslos billigte der Nationalrat drei Motionen der SP-Fraktion. Beim Nationalen Forschungsprogramm „Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen“ verlangte sie geeignete Foren für die Diskussion der Resultate für interessierte Bevölkerungskreise. Bei der Analyse möglicher gesundheitlicher Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen und Lebensmittel sei die Entwicklung geeigneter molekularbiologischer Methoden und Forschungsansätze zu fördern. Schliesslich sollte sich der Bundesrat baldmöglichst für breit angelegte und umfassende Untersuchungen über innovative Lösungen ohne Gentechnologie in der Landwirtschaft einsetzen. Der Ständerat unterstützte die beiden ersten Begehren diskussionslos, das dritte lehnte er ab, weil es den Eindruck erwecke, die traditionelle Forschung entwickle sich in die falsche Richtung [49]. Auf Zustimmung stiess hingegen eine Motion Leumann (fdp, LU), welche eine Intensivierung der Ressortforschung im Bereich des Nebeneinanders von gentechnisch veränderten und gentechnisch nicht veränderten Pflanzen durch praktische Feldversuche verlangt [50].
In der Wintersession nahm der Nationalrat die Beratungen zur Ausführungsverordnung des Patentrechtsvertrags sowie zur Änderung des Patentgesetzes in Angriff. Im Zentrum steht die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen. Alle Fraktionen begrüssten die Vorlage; Grüne, SP und EVP unterlagen jedoch mit ihren Anträgen. Sie wehrten sich vergeblich dagegen, Körperteile zur Patentierung zuzulassen, die technisch bereitgestellt werden, weil dies gegen die Würde des Menschen verstosse. Patentierbar sind auch von einer natürlich vorkommenden Sequenz oder Teilsequenz abgeleitete Gensequenzen, wenn sie technisch bereitgestellt werden und ihre Funktion konkret angegeben wird; die Grünen wollten Entdeckungen von Genen der Allgemeinheit und nicht Privaten zugute kommen lassen. Keine Chancen hatten auch Anliegen, die bereits in der Beratung des Stammzellengesetzes erfolglos blieben: Von der Patentierbarkeit ausnehmen wollten SP und Grüne Tiere mit menschlichen Genen (sie gelten nicht als Mischwesen), ebenso wie nebst unveränderten auch veränderte menschliche embryonale Stammzellen und Stammzelllinien, ferner die Verwendung menschlicher Embryonen generell und nicht nur für nichtmedizinische Zwecke sowie alle Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren sowie die so erzeugten Tiere. Auf Ablehnung stiess ferner ein erweiterter Schutz genetischer Ressourcen indigener Völker und von traditionellem Wissen analog der Biodiversitätskonvention, welche die Benennung des Ursprungslandes und nicht der Quelle verlangt. Gemäss Nationalrat erstreckt sich die Wirkung eines Patents auch auf Erzeugnisse, die durch die Vermehrung von biologischem Material gewonnen werden und dieselben Eigenschaften aufweisen, also bspw. auf Saatgut aus Folgegenerationen. Nutzt ein Züchter die Vorteile eines patentierten Produkts kommerziell, soll er Lizenzgebühren bezahlen müssen. Bei den Parallelimporten überwies die grosse Kammer eine Motion der Kommissionsmehrheit und beauftragte die Regierung, bis Ende 2007 eine separate Vorlage zu dieser Frage auszuarbeiten. Die Vorlage passierte die Gesamtabstimmung mit 110:51 Stimmen bei 25 Enthaltungen, der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Patentrechtsvertrages und der Ausführungsverordnung mit 183 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Die Mehrheit der SP hatte die Revision verworfen, weil sich ihrer Ansicht nach einseitig die Interessen der Pharma- und der chemischen Industrie durchgesetzt hätten, die Grünen bezeugten mit dem Nein ihren Widerstand gegen Patente auf Leben [51].
 
[49] AB NR, 2006, S. 486 und 489 sowie Beilagen I, S. 490, 492 f. und 534; AB SR, 2006, S. 701 f. und 730 f.; zur Risikoforschung im Gentech-Bereich siehe auch die Antwort des BR auf eine Interpellation Kunz (svp, LU) in AB NR, 2006, Beilagen III, S. 705 f.; vgl. SPJ 2005, S. 231.
[50] AB SR, 2006, S. 104; siehe auch die gleich lautende, im NR bekämpfte Motion Randegger (fdp, BS) in AB NR, 2006, S. 486 und Beilagen I, S. 539 f.
[51] AB NR, 2006, S. 1838 ff., 1928 ff., 1985 ff., 1994 (Mo) und 1995 ff.; Presse vom 13. und 20.-21.12.06; vgl. SPJ 2005, S. 232. Zu den Parallelimporten siehe auch oben, Teil I, 4a (Wettbewerb). Zum Stammzellengesetz siehe SPJ 2004, S. 176. Abgelehnt wurde eine Motion Savary (sp, VD) zur Aufhebung von Patenten auf pharmazeutischen Produkten im Fall eines Gesundheitsnotstands (AB NR, 2006, S. 2026 und Beilagen V, S. 55).