Année politique Suisse 2007 : Eléments du système politique / Problèmes politiques fondamentaux et conscience nationale
Grundsatzfragen
Die von einer privaten Vereinigung veranstaltete
Bundesfeier auf dem Rütli erfreute sich auch dieses Jahr grosser Aufmerksamkeit bei den Medien. Nach den störenden Auftritten von Rechtsextremen in den Jahren 2004 und 2005 sorgten die Veranstalter wie bereits im Vorjahr mit strengen Sicherheitsmassnahmen dafür, dass nur vorangemeldete Gäste Zugang fanden. Die Rechtsradikalen wurden nicht zugelassen; rund 300 von ihnen folgten einem Aufruf der PNOS und versammelten sich eine Woche später am selben Ort. Im Zentrum der 1. August-Feier auf dem Rütli standen im Berichtsjahr die Frauen. Die mitveranstaltenden Frauenorganisationen hatten Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (sp) und Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi-Obrist (fdp, AG) als Hauptrednerinnen eingeladen. Die Kantone der Innerschweiz waren weder von der Idee einer von der SP-Bundespräsidentin angeführten Frauenfeier am 1. August noch vom zu erwartenden Sicherheitsaufwand angetan und stellten phasenweise die Durchführung des diesjährigen Anlasses in Frage. Der Disput hatte auch wahlkampfspezifische Aspekte und wurde von den Medien während Monaten in breitester Form abgehandelt. Die SP gebärdete sich als Hüterin des schweizerischen Patriotismus und die SVP fand auf einmal diese Bundesfeier auf dem Rütli (in den Worten ihres Präsidenten Maurer „… nur eine Wiese mit Kuhdreck“) nicht mehr so wichtig. Die Finanzierung des Sicherungsaufwands übernahmen, nach einigem Hin und Her und der Zusage eines Beitrags von privaten Sponsoren, die Stadt und der Kanton Luzern sowie Uri. Die Veranstaltung wurde ohne Störungen durchgeführt. Diese Feier und ihre Umstände wurden auch im Parlament zu einem Thema. Der Bundesrat bestätigte in seiner Antwort auf eine Interpellation Inderkum (cvp, UR) seine Haltung, dass sich der Bund nicht finanziell an dieser Veranstaltung auf dem Rütli beteiligen werde. Grundsätzlich lehne die Landesregierung die Durchführung einer zentralen nationalen Bundesfeier, egal ob auf dem Rütli oder anderswo, ab, da dies nicht dem föderalistischen Charakter der Schweiz entsprechen würde
[1].
Der Bundesrat beantragte dem Parlament, dass sich die Schweiz an der
Weltausstellung von Mai bis Oktober
2010 in Schanghai (China) beteiligen solle. Das Leitthema der von rund 200 Staaten und internationalen Organisationen beschickten Ausstellung wird „Better City; Better Life“ sein. Die Organisation Präsenz Schweiz hatte für die Gestaltung des schweizerischen Pavillons im Jahr 2006 einen Projektwettbewerb durchgeführt und erkor im Mai des Berichtsjahres den Sieger. Der Bundesrat beantragte einen Kreditrahmen von 20 Mio Fr., wobei ein Fünftel davon durch die Privatwirtschaft aufgebracht wird. Im Ständerat betonte Kommissionssprecherin Langenberger (fdp, VD) einerseits die grosse Bedeutung, welche China nicht zuletzt auch wirtschaftlich für die Schweiz hat, und andererseits auch die hohe Qualität des schweizerischen Projekts. Opposition gegen das Vorhaben gab es keine
[2].
Der Bundesrat gab, wie vom Parlament im Vorjahr gefordert, gegen Jahresende den Vorentwurf für ein Gesetz zum
Schutz der Marke Schweiz und des Schweizer Wappens in die Vernehmlassung. Beim Wappen definierte er den genauen Farbton des roten Hintergrundes (Pantone 485). Zudem bestätigte er die weltweit einzigartige quadratische Form der Fahne und legte die genauen Grössenverhältnisse und die Positionierung der weissen Balken fest. Vor allem von wirtschaftlicher Bedeutung ist die Frage, unter welchen Bedingungen das Wappen und die Bezeichnung „Swiss Made“ in der Werbung und Etikettierung von Produkten verwendet werden dürfen. Neu soll dies nur noch dann möglich sein, wenn mindestens 60% der Herstellungskosten einer Ware im Inland angefallen sind
[3].
Zu den Plänen für die Reorganisation der vom Bund unterstützten Werbung für die Schweiz im Ausland siehe unten, Teil I, 4a (Strukturpolitik).
Die von der GfS-Bern im Auftrag der Crédit Suisse jährlich durchgeführte repräsentative Befragung über die wichtigsten Sorgen der Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz ergab die selben Spitzenreiter wie im Vorjahr. Trotz anhaltend guter Wirtschaftslage und zunehmender Beschäftigung figurierte die
Arbeitslosigkeit (57%; -9% gegenüber dem Vorjahr) immer noch an der Spitze der Rangliste, gefolgt von der Sorge um die Altersvorsorge (45%; -6%) resp. die Gesundheit (38%; -17%). Alle drei Bereiche wurden allerdings markant weniger häufig genannt als im Jahr 2006. Massiv zugelegt haben demgegenüber die nächstwichtigen Themen
Ausländerproblematik (35%; +8%) und die Angst, die
persönliche Sicherheit sei nicht mehr gewährleistet (30%; +17%). Dass die Umfrage im August durchgeführt wurde, also zu der Zeit als die Inserat- und Plakatkampagne der SVP mit genau diesen beiden Themen überall präsent war, mag an diesem Resultat nicht ganz unschuldig sein. Ähnliches gilt wohl auch für die grösser gewordene Angst vor der Zerstörung der Umwelt, welche 2006 nur von 7% der Befragten als eines der fünf wichtigsten Themen genannt wurde, im Wahljahr 2007 aber von 25%
[4].
[1]
TA, 20.1., 25.1., 23.2. und 11.5.07;
SoZ, 21.1.07;
Blick, 21.5.07 (Maurer);
NZZ, 21.6.07 (Sponsoren);
Bund, 31.7. (Wahlkampf) und 6.8.07 (Rechtsradikale); Presse vom 1.5.-2.8.07;
AB SR, 2007, S. 230 f. (Interpellation Inderkum). Siehe auch die Interpellationen Darbellay (cvp, VS), Haller (svp, BE), Markwalder (fdp, BE) und Menétrey (gp, VD) in
AB NR, 2007, S. 1716 f. und Beilagen III, S. 492 ff. Vgl.
SPJ 2006, S. 14.
[2]
BBl, 2007, S. 4323 ff.;
AB SR, 2007, S. 697 f.;
BZ und
LT, 25.5.07 (Pavillon);
SHZ, 6.6.07.
[3]
NZZ, 30.7.07 und
24h, 17.10.07 (v.a. Farbwahl);
BaZ und
LT, 29.11.07 (Vernehmlassung). Vgl.
SPJ 2006, S. 15.
[4] Crédit Suisse, „Sorgenbarometer 2007“, in
Bulletin plus – Magazin der Crédit Suisse, Dezember 2007;
24h, 18.12.07. Vgl.
SPJ 2006, S. 15.
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