Année politique Suisse 2007 : Eléments du système politique / Droits, ordre public et juridique
Staatsschutz
Der Nationalrat beriet in der Dezembersession als Erstrat das
neue Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes. Die SP und die Grünen zogen ihre zuvor angekündigten Nichteintretensanträge zurück. Sie stellten in der Detailberatung aber eine Reihe von Anträgen, welche die Rechte der in den Datenbanken der Polizei registrierten Personen besser schützen sollten, blieben aber damit erfolglos. So verlangten sie etwa die Aufhebung der temporären Einschränkung des Einsichtsrechtes beim Informationssystem Bundesdelikte. Der Bundesrat und die bürgerliche Mehrheit argumentierten, dass es bei den in dieser Datenbank erfassten Fällen von schwerer Kriminalität im Sinne einer effizienten Aufklärung sinnvoll sei, nicht allen Anfragern ohne Verzug mitzuteilen, ob gegen sie ermittelt werde oder nicht. Ebenfalls abgelehnt wurde der Antrag der Linken, im neuen Polizeiindex lediglich festzuhalten, wer in irgendeinem polizeilichen Informationssystem verzeichnet ist und welche Behörde für Rechtshilfeauskünfte zuständig ist, hingegen nicht den Grund für den Eintrag
[8].
Im Juni legte der Bundesrat dem Parlament seinen Entwurf für eine
Revision des Staatsschutzgesetzes (Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit) vor. Die darin vorgesehenen zusätzlichen Mittel der Informationsbeschaffung begründete er auch mit der in den letzten Jahren erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass auch die Schweiz Ziel von „islamistisch motivierten Terroranschlägen“ werden könnte. Die in der Vernehmlassung am meisten umstrittenen Änderungen, die präventive Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, das Abhören und Beobachten von Privaträumen sowie das Durchsuchen von Computersystemen bei Verdacht auf Terrorismus, internationalen Waffenhandel oder Spionage, wurden beibehalten. Die Anordnung dieser aussergewöhnlichen Massnahmen erfordert eine doppelte, richterliche und politische Kontrolle, welche durch das Bundesverwaltungsgericht einerseits und die Vorsteher von EJPD und VBS andererseits ausgeübt wird. Der Justizminister soll zudem die Kompetenz erhalten, Tätigkeiten zu verbieten, die terroristische oder gewalttätige Aktivitäten fördern oder die innere oder äussere Sicherheit des Staates gefährden. Der Bundesrat möchte zudem die in den letzten Jahren mehr als einmal umstrittene Tätigkeit von Informanten des Inlandnachrichtendienstes beim Bundesamt für Polizei (DAP, Dienst für Analyse und Prävention) auf eine sicherere rechtliche Basis stellen. Dazu gehören einerseits Vorschriften über die Entschädigung dieser Agenten, andererseits aber auch Massnahmen zu ihrem Schutz vor Repressalien durch die Ausstattung mit einer Tarnidentität. In ersten Reaktionen sprachen sich die Linke und die SVP gegen, die CVP und die FDP für die vorgeschlagenen Massnahmen aus
[9].
Anfangs Jahr legte der Bundesrat dem Parlament den von diesem 2005 mit einer Motion geforderten
Bericht über die schweizerischen Nachrichtendienste zur Kenntnisnahme vor. Er beschreibt darin die Aufgaben, die Kompetenzen und vor allem die Kooperation und Kontrolle der vier Dienste, von denen drei beim VBS (Strategischer Nachrichtendienst, Militärischer Nachrichtendienst und Luftwaffennachrichtendienst) und einer (Dienst für Analyse und Prävention, DAP) beim EJPD untergebracht sind. Die Delegation der GPK der beiden Parlamentskammern kritisierte in einem eigenen Bericht, dass sich die Führung der zivilen und militärischen Geheimdienste auch 2006 kaum verbessert habe. Insbesondere bemängelte sie, dass auch mit den neu geschaffenen „Informationsplattformen“ keine echte Koordination stattfinde. Der Bundesrat war mit dieser negativen Einschätzung überhaupt nicht einverstanden. Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats reichte im Frühjahr eine Motion ein, welche die Zusammenfassung aller sicherheitsrelevanten Dienste und Ämter, und dazu gehören insbesondere auch die vier Nachrichtendienste, in einem einzigen Departement fordert. Beide Kammern überwiesen diesen auch vom Bundesrat unterstützten, von der Linken allerdings bekämpften Vorstoss noch im Berichtsjahr
[10].
[8]
AB NR, 2007, S. 1968 ff. Vgl.
SPJ 2006, S. 19. Siehe auch den Bericht des BR zur Sicherheitslage und zur Tätigkeit der Sicherheitsorgane des Bundes 2007 in
BBl, 2008, S. 2769 ff.
[9]
BBl, 2007, S. 5037 ff.;
NZZ, 5.4.07; Presse vom 16.6.07;
NZZ, 18.7.07 (Kritik der Rechtsprofessoren Helen Keller und Wolfgang Wohlers). Zur Vernehmlassung siehe
SPJ 2006, S. 20.
[10] BR:
BBl, 2007, S. 1489 ff. GPK:
TA, 27.1.07;
AZ, 1.2.07. Motion:
AB SR, 2007, S. 602;
AB NR, 2007, S. 1483 ff.;
AZ, 18.4.07. Vgl. auch
SPJ 2005, S. 20.
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