Année politique Suisse 2007 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires / Parlament
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Parlamentsmandat
Das Büro beantragte den Räten eine Anpassung der Entschädigungen der Abgeordneten und der Fraktionen an die Teuerung. Dieser Ausgleich war zum Teil seit 2001 nicht mehr vorgenommen worden. Ausgehend von der Tatsache, dass die Parlamentarier vermehrt zur Zielscheibe von verbalen und körperlichen Attacken geworden sind, beantragte das Büro zudem, den Ratsmitgliedern einen jährlichen Beitrag von 500 Fr. zum Abschluss einer privaten Rechtsschutzversicherung auszubezahlen. Der Ständerat übernahm den Antrag ohne Gegenstimme [30].
In der Frühjahrssession stimmte auch der Nationalrat den neuen strengeren Regeln für die Unvereinbarkeit zwischen einem Parlamentsmandat und Tätigkeiten für den Bund oder ihm nahe stehende Institutionen zu. Er übernahm dabei den Beschluss des Ständerats, dass Parlamentarier weiterhin in bloss beratenden Expertenkommissionen tätig sein dürfen. Damit konnten die neuen Regeln auf den Zeitpunkt der Konstituierung des im Herbst neu gewählten Parlaments in Kraft gesetzt werden [31].
Mit der Publikation der Interessenbindungen scheint für den Nationalrat die Forderung nach einer Transparenz über allfällige Abhängigkeiten ausreichend erfüllt. Er lehnte mit 74 zu 59 Stimmen eine parlamentarische Initiative Schelbert (gp, LU) ab, welche die Offenlegung aller Einkünfte von mindestens 10 000 Fr. pro Jahr aus Verwaltungsratstätigkeiten, Gutachten und ähnlichen Quellen forderte [32].
Das Parlament erteilte dem Bundesrat den Auftrag, zu überprüfen, ob in der laufenden Revision der Akkreditierungsverordnung eine Offenlegungspflicht für die Interessenbindung der Bundeshausjournalisten einzuführen ist. Der Nationalrat, von dem diese Idee ursprünglich stammte, schloss sich im Berichtsjahr der kleinen Kammer an und überwies die von dieser abgeänderte Motion Stahl (svp, ZH). Der Nationalrat stellte sich damit gegen die Mehrheit seiner SPK, welche seit dem letzten Jahr ihre Meinung geändert hatte und nun eine derartige Gesinnungsüberprüfung bei Medienschaffenden als unnötig und rechtswidrig beurteilte [33].
Nach längerer Zeit hatte sich das Parlament wieder einmal mit Gesuchen um die Aufhebung der Immunität seiner Mitglieder zwecks Eröffnung eines Strafverfahrens auseinander zu setzen. Es ging zum einen um den Zürcher Nationalrat Schlüer (svp), der in dem von ihm als Chefredakteur geleiteten Blatt „Schweizerzeit“ eine Person des Denunziantentums bezichtigt hatte und in der Folge von dieser angezeigt worden war. Der Nationalrat beschloss gegen den Widerstand der Ratslinken, auf das Gesuch einzutreten, es abzulehnen und damit die Immunität zu gewähren. Der Ständerat teilte diese Haltung nicht, sondern folgte seiner Rechtskommission, welche der Ansicht war, dass kein enger Zusammenhang zwischen dem nicht namentlich gezeichneten Presseartikel und dem politischen Amt von Schlüer bestehe. Da damit die Grundvoraussetzung für die Gewähr der Immunität nicht gegeben war, beschloss er mit 20 zu 7 Stimmen, nicht auf das Gesuch einzutreten und den Behörden freie Bahn für ein Strafverfahren zu geben. Im September schloss sich der Nationalrat in der Differenzbereinigung auf Antrag seiner Rechtskommission diesem Entscheid an. Praktische Relevanz kommt ihm allerdings keine mehr zu, da Schlüer im Oktober als Nationalrat abgewählt wurde und damit ohnehin kein Immunitätsprivileg mehr geniesst.
In einem zweiten Fall ging es um Nationalrat Waber (edu, BE). Dieser hatte in einem Zeitungsinterview im Zusammenhang mit der von ihm mitgetragenen Volksinitiative für ein Minarettverbot den Islam und seine Vertreter massiv kritisiert und war deshalb von einer Privatperson wegen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz angezeigt worden. Der Nationalrat erkannte einen engen Zusammenhang zwischen dem politischen Amt von Waber und dem Interview und trat deshalb auf das Gesuch der Zürcher Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Immunität ein. Auf Antrag seiner Rechtskommission beschloss er dann ohne Gegenstimme, dem Gesuch keine Folge zu geben. Gemäss der Argumentation der Rechtskommission sei die freie Meinungsäusserung des Politikers Waber in diesem Fall höher zu werten als die nicht besonders schwerwiegenden Anschuldigungen [34].
 
[30] BBl, 2008, S. 49 ff. und 161 f.; AB SR, 2007, S. 1108 f.
[31] AB NR, 2007, S. 2 ff. und 599; AB SR, 2007, S. 311; BBl, 2007, S. 229; AZ, 5.3.071; NZZ, 6.3.07. Siehe auch Lit. Sägesser. Vgl. SPJ 2006, S. 34.
[32] AB NR, 2007, S. 1451 ff.
[33] AB NR, 2007, S. 563 f. Siehe SPJ 2006, S. 35.
[34] Schlüer: AB NR, 2007, S. 564 ff. und 1376 f.; AB SR, 2007, S. 653 ff.; TA, 26.9.07. Waber: AB NR, 2007, S. 2027 f.