Année politique Suisse 2007 : Chronique générale / Finances publiques / Indirekte Steuern
Auch in diesem Jahr stimmten die Räte zahlreichen
Motionen zur
Vereinfachung der Mehrwertsteuer und zur Vereinheitlichung der Steuersätze zu. Der Nationalrat überwies eine Motion der CVP, welche eine Verkürzung der Verjährungsdauer im Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer verankern wollte. Mit einer solchen könne das Risiko für den Unternehmer, aufgrund ihm nicht bekannter Regelungen nicht überwälzbare Steuern nachzahlen zu müssen, verkleinert werden und damit werde seine Rechtssicherheit vergrössert. Die absolute Verjährungsfrist soll bei fünfzehn Jahren bleiben. Auch eine Motion der FDP, welche bei der anstehenden Revision des Mehrwertsteuergesetzes die Steuererhebung in den Bereichen Rechtssicherheit und Verfahrensgerechtigkeit verbessern möchte, nahm der Nationalrat an. Die FDP kritisiert mit dieser Motion, dass der Steuerpflichtige an die abgegebene Quartalsabrechnung gebunden sei und bei einem Fehler den objektiven Straftatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht habe. Die Verwaltung könne jederzeit auf die Abrechnungen zurückkommen und der Steuerpflichtige geniesse erst Rechtssicherheit, wenn die Verjährungsfrist von fünf Jahren abgelaufen sei. Diese Frist könne allerdings durch die Verwaltung mit einfachsten Mitteln unterbrochen werden. Eine Motion Leutenegger (fdp, ZH) setzte sich für eine grundsätzliche Vereinfachung der Verwaltung der Mehrwertsteuer ein und wurde ebenfalls überwiesen. Eine Motion Müller (fdp, AG) wollte, dass die Mehrwertsteuerverwaltung keine Nachbelastungen allein gestützt auf formelle Mängel vornimmt, wenn sie erkennen kann, dass durch den formellen Mangel beim Bund kein Steuerausfall entstanden ist. Eine letzte Motion in diesem Bereich von Nationalrat Darbellay (cvp, VS) verlangte, dass bei der Revision des Mehrwertsteuergesetzes die Steuerausnahme in Artikel 18 für Sportvereine und sportliche Anlässe beibehalten bleibt. Auch diese beiden Vorstösse fanden im Nationalrat eine Mehrheit
[43].
Gleichzeitig schickte das EFD die Reform zur
Vereinfachung des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer in die
Vernehmlassung. Da die Mehrwertsteuer als zu komplex und für die Steuerzahler und die Verwaltung administrativ als zu aufwändig und risikoreich kritisiert wurde, schlug der Bundesrat zahlreiche Änderungsvorschläge von eher technischer Natur bis hin zu radikalen und innovativen Reformschritten, wie die Einführung eines einheitlichen Steuersatzes und die Abschaffung möglichst vieler Steuerausnahmen, vor. Als Modelle standen zur Diskussion: 1. Ein Einheitssteuersatz von 6%, der auch für das Gesundheitswesen gilt, 2. Zwei Sätze von 3.4 und 7.6% sowie der Verzicht auf viele Ausnahmen und 3. Die Beibehaltung der drei heutigen Sätze, aber mit administrativen Vereinfachungen. Umstritten waren dabei nicht die Vereinfachungen im Gesetz, wohl aber die Änderungen bei den Steuersätzen, die allenfalls eine Verfassungsänderung erfordern würden sowie der Abbau von Ausnahmen bei der Steuerpflicht. Gegen den Einheitssteuersatz wehrten sich SP, SVP und CVP, welche diesen als unsozial und als versteckte Steuererhöhung ansahen
[44].
In Bezug auf den
Vorsteuerabzug bei der Mehrwertsteuer reichte der Nationalrat Imfeld (cvp, OW) zwei Motionen ein. Während die eine verlangt, dass Start-up-Unternehmungen, die sich durch staatliche Zuschüsse oder private Schenkungen finanzieren, zum vollumfänglichen Vorsteuerabzug berechtigt werden, will die zweite Motion, dass ein Unternehmer auch dann als vorsteuerabzugsberechtigt angesehen wird, wenn sachlich und zeitlich kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den steuerbaren Eingangs- und Ausgangsumsätzen besteht. Der Nationalrat nahm beide Motionen an
[45].
Sowohl eine Motion der SVP als auch eine Motion Jenny (svp, GL) wollten die Mehrwertsteuer per 1. Januar 2010 um ein Prozent senken unter der Bedingung, dass bis dahin die Schulden des Bundes jährlich um 3 Mia Fr. gesenkt werden. Der Bundesrat lehnte beide Motionen entscheiden ab, da einerseits der hohe Überschuss im Jahr 2006 sowie die vorgesehenen Überschüsse 2008-2011 nicht für die Finanzierung neuer Vorhaben zur Verfügung stehen und andererseits die Forderung nach einer
Steuersenkung bei der Mehrwertsteuer nicht der Steuerstrategie des Bundesrates entspricht, welche darauf abzielt, dort steuerliche Erleichterungen vorzunehmen, wo der positive Einfluss auf Wachstum und Arbeitsplätze am grössten ist. Die Motion Jenny wurde im Ständerat und die Motion der SVP Fraktion im Nationalrat deutlich abgelehnt
[46].
Eine Motion der SP setzte sich dafür ein, dass die
Reform der Mehrwertsteuer sozialverträglich ausgestaltet wird. Die Entlastung von Unternehmen und Verwaltung solle nicht von Haushalten mit tiefen und mittleren Einkommen finanziert werden. Dieser Meinung waren auch der Bundesrat und der Nationalrat, welche die Motion annahmen
[47].
[43]
AB NR, 2007, S. 203 (CVP), 200 ff. (FDP), 202 f. (Leutenegger), 200 ff. (Müller) und 1516 (Darbellay).
[44]
BBl, 2007, S. 1545; Presse vom 16.2.07.
[45]
AB NR, 2007, S. 1517.
[46]
AB SR, 2007, S. 868 ff.;
AB NR, 2007, S. 1513.
[47]
AB NR, 2007, S. 571.
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