Année politique Suisse 2007 : Politique sociale / Population et travail
 
Löhne
Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Nominallöhne um 1,6%. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Teuerung (0,7%) betrug das reale Lohnwachstum 0,9%. Damit machte sich der 2004 eingesetzte Konjunkturaufschwung erstmals bei den teuerungsbereinigten Salären der Arbeitnehmenden bemerkbar. Das BFS nannte zwei Gründe für den Anstieg der Reallöhne: Die gute Wirtschaftslage 2007 und die allgemein positiven Aussichten für 2008. Im Durchschnitt stieg die Gesamtheit der Nominallöhne stärker als die zuvor im Rahmen der wichtigsten Gesamtarbeitsverträge ausgehandelten Löhne, die ein Plus von 1,3% erwarten liessen. Überdurchschnittlich war die Steigerung im Bausektor (+1,7%), in der chemischen Industrie (+2,2%) sowie im Bereich Präzisionsinstrumente und Uhren (+1,6%). Im Dienstleistungssektor wurde der durchschnittliche Nominallohn (+1,7%) vor allem durch die Steigerung im Finanzsektor nach oben gedrückt. Die Löhne im Kredit- und Versicherungsgewerbe stiegen um 2,4%. Unterdurchschnittlich waren hingegen die Anstiege in den Bereichen Gesundheit (+1,4%) und Gastgewerbe (+1,1%) [9].
Gemäss der alle zwei Jahre vom BFS durchgeführten Lohnstrukturerhebung erhöhte sich der Medianmonatslohn (Lohn, der von mindestens 50% der Erwerbstätigen erreicht oder übertroffen wird) von 2004 bis 2006 um 126 Fr. auf 5674 Fr. Verbessert haben sich insbesondere die Saläre der Tieflohngruppen sowie, am anderen Extrem der Lohnskala, die Bezüge des oberen und obersten Kaders. Die höchsten Löhne (inkl. Boni) werden weiterhin bei den Banken und den Versicherungen bezahlt und die Lohndivergenz zwischen den Geschlechtern hat sich von 19,7% auf 18,9% verringert [10].
Mit 117 zu 56 Stimmen lehnte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) ab, die einen indexbereinigten Mindestlohn von 3500 Fr. sowie Höchsteinkommen verlangte, welche das Zehnfache des Mindestlohnes nicht übersteigen dürfen. Nach Aussage der Kommissionssprecherin hätten sich auch die Gewerkschafter in der Kommission mehrheitlich dagegen ausgesprochen, da ihre Strategie die Festlegung der Mindestlöhne über Gesamtarbeitsverträge (GAV) sei. Die Mehrheit der Kommission sei sich der Problematik der Working Poor bewusst, erachte aber eine Lösung über einen regulierten Arbeitsmarkt als nicht zielführend, da dadurch Stellen für unqualifizierte Arbeitnehmende vom schweizerischen Arbeitsmarkt verschwinden würden. Im Namen der Gewerkschaften relativierte SGB-Präsident Rechsteiner (sp, SG) die Aussagen der Kommissionssprecherin: Es sei zwar richtig, dass man im gewerkschaftlichen Lager primär auf GAV setze, es gebe aber Branchen, die sozialpartnerschaftlich kaum organisiert seien, weshalb hier gesetzliche Bestimmungen über den Mindestlohn dringend notwendig seien [11].
Mit einer parlamentarischen Initiative versuchte Teuscher (gp, BE) die Anstellungsbedingungen von Teilzeitbeschäftigten zu verbessern. Sie bemängelte, dass die Überzeit laut Gesetz nur dann mit einem Zuschlag von 25% zu entlohnen ist, wenn diese die höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 45 resp. 50 Stunden übersteigt, was bei Teilzeitangestellten kaum oder nie der Fall sein dürfte. Sie forderte deshalb, der Anspruch auf den Überstundenzuschlag sei proportional zum Beschäftigungsgrad zu definieren. Der Sprecher der Kommissionsmehrheit erklärte, eine differenzierte Berechnung würde zu einem hohen administrativen Aufwand führen. Die Initiative wurde mit 85 zu 59 Stimmen abgelehnt [12].
Zu den politischen Bestrebungen für eine Reduktion resp. bessere Kontrolle der von vielen als übertrieben empfundenen Löhne und Entschädigungen für Spitzenmanager und Verwaltungsratsangehörige von Grosskonzernen siehe oben, Teil, I, 4a (Gesellschaftsrecht).
 
[9] Presse vom 30.4.08.
[10] Presse vom 14.11.07.
[11] AB NR, 2007, S. 49 ff.
[12] AB NR, 2007, S. 1698 f.