Année politique Suisse 2007 : Enseignement, culture et médias / Médias
 
Medienpolitische Grundfragen
Die Kontroverse über die Verurteilung von Medienschaffenden wegen der Veröffentlichung amtlich geheimer Dokumente setzte sich im Berichtsjahr fort. Die beiden Journalisten die einen als geheim deklarierten Fax, mit Informationen zu den Verhörzentren der CIA veröffentlicht hatten, mussten sich vor dem Militärgericht in St. Gallen verantworten. Sie wurden mit der Begründung freigesprochen, die Publikation des Faxes habe die Sicherheit der Schweiz nicht ernsthaft gefährdet [1].
Im Jahr 2006 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Urteil gegen einen Journalisten der „Sonntags-Zeitung“ aufgehoben. Dieser hatte in den neunziger Jahren einen vertraulichen Bericht des damaligen Schweizer Botschafters in den USA, Carlo Jagmetti, mit Empfehlungen an den Bundesrat zur politischen Behandlung von Forderungen aus den USA im Zusammenhang mit Bankkonten von Holocaustopfer publiziert. Die Eidgenossenschaft akzeptierte erstmals einen Entscheid des EGMR nicht und zog ihn an die grosse Kammer weiter. Diese kam im Berichtsjahr zum Schluss, die Schweiz habe mit der Verurteilung des Medienschaffenden die Meinungsfreiheit nicht verletzt und stiess damit das Urteil der kleinen Kammer des EGMR um [2].
Eine Untersuchung zur Berichterstattung über den Rechtsextremismus stellte den Medien ein gemischtes Zeugnis aus: Obwohl sich die Medien der Meinung angeschlossen hätten, Rechtsextremismus werde zu wenig bekämpft oder gar verharmlost, fehlte laut den Forschenden bisher ein echter öffentlicher Diskus über Gründe des Rechtsextremismus wie auch über Massnahmen zu dessen Bekämpfung. Die Rechtsextremen erhielten insbesondere in den Boulevardmedien ein publizistisches Gewicht, das in keinem Verhältnis zu ihrer politisch-sozialen Bedeutung stehe [3].
Die Zürcher Tamedia-Gruppe kaufte im Berichtsjahr 80% der Espace Media Gruppe, des grössten Berner Medienunternehmens. Durch diese Übernahme stieg der konsolidierte Umsatz von Tamedia auf 971 Mio Fr.; damit überholte sie den Konkurrenten Edipresse und wurde hinter Ringier zum zweitgrössten Schweizer Verlagshaus [4].
Der Nationalrat stimmte der Motion Stahl (svp, ZH) für vermehrte Transparenz bei den Interessenbindungen von Bundeshausjournalisten in der vom Ständerat abgeschwächten Form zu. Der Bundesrat wird nun beauftragt, im Rahmen der Revision der Akkreditierungsverordnung zu prüfen, inwieweit die Interessenbindungen von Journalisten offen gelegt werden sollen [5].
 
[1] Blick, NZZ und TA, 18.4.07. Vgl. SPJ 2006, S. 249.
[2] TA, 11.12.07. Vgl. SPJ 2000, S. 296 und 2006, S. 249 f.
[3] LT und NZZ, 15.2.07.
[4] Presse vom 25.5.07.
[5] AB NR, 2007, S. 563 f. Vgl SPJ 2006, S. 250.