Année politique Suisse 2008 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
An ihrer Versammlung vom 19. Januar in Altdorf (UR) stimmten die CVP-Delegierten den Plänen der Parteileitung zu, eine
straffere interne Organisation einzuführen. Dazu gehört eine zentrale Mitgliederkartei, aber auch eine Anpassung der kantonalen Parteiprogramme an das nationale Parteiprogramm, um einheitlicher auftreten zu können. Auch bei Wahlkämpfen soll enger mit den Kantonalparteien zusammengearbeitet werden. Zudem wurde die Möglichkeit einer Direktmitgliedschaft in der nationalen Partei geschaffen. Die CVP strebt mit den erwähnten Massnahmen an, ihre Stammlande gegen die SVP zu verteidigen. Dieses Ziel zeigte sich auch an der inhaltlichen Positionierung der CVP in Altdorf: Schwerpunktthema war die Sicherheit. Die Delegierten verlangten diesbezüglich unter anderem 3000 zusätzliche Polizisten. Sie verabschiedeten einstimmig die „Altdorfer Erklärung“, eine
Aktualisierung des Parteiprogramms. Diese Erklärung sollte das bürgerliche Profil der CVP herausstellen. Sie enthielt Positionen zu den Themen demokratischer Rechtsstaat, Nachhaltigkeit, Familie und Unternehmenspolitik. Die CVP nahm mit Forderungen nach „Rückeroberung des öffentlichen Raums für alle“ und „Ausschaffung krimineller Ausländer“ auch Themen der SVP auf. Sie bezeichnete sich aber gleichzeitig als wirtschaftsliberal und sozial und forderte unter anderem eine Reduktion des CO2-Ausstosses um 20% und eine Senkung der Steuerbelastung der Familien um 15%. Parteipräsident Darbellay sagte, die CVP solle sich als „einzige Mittepartei“ positionieren
[23].
An ihrer Delegiertenversammlung am 26. April in Belp (BE) diskutierte die CVP kontrovers über den
Gesundheitsartikel. Die CVP-Delegierten beschlossen die Nein-Parole mit 165 zu 63 Stimmen, dies trotz des Einsatzes für die Vorlage durch Krankenkassenlobbyisten innerhalb der Partei, wie der für Santésuisse tätigen Nationalrätin Ruth Humbel (AG). Vor allem die Delegierten aus der Romandie lehnten den Gesundheitsartikel fast geschlossen ab. Aber auch alle amtierenden CVP-Gesundheitsdirektoren waren dagegen. Das Hauptargument gegen den Gesundheitsartikel war, dass man den Krankenkassen nicht Steuergelder überlassen sollte, ohne dass diese einer demokratischen Kontrolle unterstehen würden. Zur SVP-Einbürgerungsinitiative beschlossen die Delegierten mit 272 zu 13 Stimmen die Nein-Parole. Die CVP besetzte zudem ihr erweitertes Präsidium mit 11 Mitgliedern (darunter der Fraktionspräsident Urs Schwaller als Mitglied von Amtes wegen). Parteipräsident Darbellay wurde bestätigt, ebenso die bisherigen Präsidiumsmitglieder Dominique de Buman (FR), Ida Glanzmann (LU), Lucrezia Meier-Schatz (SG), Luigi Pedrazzini (TI) und Heidi Z’Graggen (UR). Glanzmann wurde als Nachfolgerin von Bruno Frick zudem neben de Buman zur Vizepräsidentin der CVP Schweiz gewählt. Zu neuen Präsidiumsmitgliedern wurden in einer Kampfwahl Pirmin Bischof (SO), Kathrin Amacker (BL), Barbara Schmid-Federer (ZH) und Patricia Mattle (SG) bestimmt, letztere als Vertreterin der Jungen CVP. Die ebenfalls kandidierenden Ruth Humbel (AG) und Gerhard Pfister (ZG) hatten das Nachsehen
[24].
Eine persönliche Niederlage erlebte Parteipräsident
Christophe Darbellay im Juni: Er hatte eine Kandidatur für den Walliser Staatsrat angestrebt, wurde aber von seiner Partei nicht nominiert
[25].
Am Parteitag der CVP in Baden (AG) Ende Juni beschlossen die Delegierten mit 170 zu 48 Stimmen die
Nein-Parole zur Hanfliberalisierungsinitiative. Für die Revision des Betäubungsmittelgesetzes wurde mit 211 zu 15 Stimmen die Ja-Parole gefasst. Zustimmung fand auch die IV-Zusatzfinanzierung über eine befristete Mehrwertsteuererhöhung. Die Volksinitiativen für ein flexibles Rentenalter und für eine Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts lehnten die Delegierten dagegen ab
[26].
An ihrer Delegiertenversammlung Ende August in Basel verabschiedete die CVP ein
Positionspapier zur Volksschule, das unter anderem folgende Forderungen enthielt: Eine gezieltere Sprachförderung, ein striktes Schulobligatorium, Naturwissenschaften ab der ersten Klasse, die Schaffung von Tagesstrukturen und eine stärkere Einbindung der Eltern. So sollen etwa Elternabende und andere Termine mit Eltern von den Schulen obligatorisch erklärt werden können und Bussen bei unentschuldigtem Fernbleiben möglich sein. Die CVP richtete sich gegen die freie Schulwahl, weil diese den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Qualität der Schule gefährden könne. Kantone sollen Privatschulen zwar unterstützen dürfen, es soll jedoch keine Bildungsgutscheine geben, um den staatlichen Schulen nicht die Mittel zu entziehen. Die Delegierten sprachen sich auch für das Konkordat Harmos aus. Die CVP fasste weiter für ein mögliches Referendum über die Personenfreizügigkeit die Parole: Mit 213 zu 1 Stimme stimmten sie der Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit der EU zu. Die Partei gab zudem die Nein-Parole zur Volksinitiative für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern bekannt
[27].
An der Delegiertenversammlung der CVP vom 25. Oktober wurde einstimmig eine
Resolution zur Europapolitik verabschiedet. In dieser nannte die CVP Handlungsbedarf auf drei Gebieten: Erstens beim Versicherungsabkommen: Die Öffnung der Versicherungsmärkte solle auf Lebensversicherungen ausgedehnt werden. Zweitens solle ein Elektrizitätsabkommen angestrebt werden, das den Stromtransit regeln würde und der Schweiz die Gelegenheit geben würde, zur europäischen Strom-Drehscheibe zu werden. Drittens solle ein Gesundheitsabkommen geschlossen werden, das dem Schweizer Gesundheitswesen beim Export helfen würde. Das Papier wurde einstimmig verabschiedet
[28].
Nach seiner Wahl in die Berner Stadtexekutive kündigte
Reto Nause seinen Rücktritt als
Generalsekretär der CVP Schweiz auf Anfang 2009 an. Interimistisch wurde das Amt an Fraktionssekretärin Alexandra Perina-Werz übertragen. Nause war seit 2001 Generalsekretär der CVP gewesen
[29].
[23]
TA, 10.1. und 16.1.08;
NLZ, 11.1.08;
LT, 18.1.08; Presse vom 21.1.08.
[24]
TA, 19.4.08;
AZ, 26.4.08; Presse vom 28.4.08.
[25]
TG, 7.3.08;
Lib., 7.6.08;
TA, 9.6.08.
[27]
NZZ und
Bund, 1.9.08.
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