Année politique Suisse 2008 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport / Gesundheitspolitik
Zum Teilpaket der laufenden KVG-Revision zu den Medikamentenpreisen siehe unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).
Die Medikamentenkosten waren auch dieses Jahr wieder ein Thema im Parlament. Einerseits behandelte der Nationalrat eine Motion der Kommission des Ständerates, welche im Anschluss an die Ablehnung von zwei Standesinitiativen der Kantone Genf und Wallis entstanden war. Diese beauftragte den Bundesrat, eine Regelung vorzuschlagen, welche Klarheit schafft über die Transparenz und das zulässige Ausmass von
Rabatten, die im Rahmen der Verschreibung und Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten gewährt werden. Die Motion, welche der Ständerat bereits im Jahr 2006 angenommen hatte, fand auch im Nationalrat Anklang und wurde hier ebenfalls angenommen. Der Ständerat seinerseits überwies die im Vorjahr vom Nationalrat gut geheissene Motion der CVP für mehr Transparenz bei der Verschreibung von Arzneimitteln
[29].
Eine parlamentarische Initiative Menétrey-Savary (gp, VD) verlangte, dass der
Versandhandel von Arzneimitteln wirksam verboten wird, die Ausnahmen im Heilmittelgesetz präziser festgelegt und die Vorteile, welche den Ärzten bei dieser Vertriebsmethode gewährt werden, ausgeschlossen werden. Zwar verbietet das Heilmittelgesetz grundsätzlich den Versandhandel mit Medikamenten, aber die Kantone können unter bestimmten Bedingungen Bewilligungen erteilen. Dies hatte dazu geführt, dass der Versandhandel einen Marktanteil von 20% einnahm. Erschwerend kam hinzu, dass den Ärzten mit der Verschreibung von Medikamenten beim Versandhandel zum Teil finanzielle Vorteile zukamen. Die Kommission des Ständerates gab der Initiative im Gegensatz zu derjenigen des Nationalrates keine Folge. Sie argumentierte damit, dass die Zulässigkeit von neuen Vertriebskanälen für Medikamente in einem umfassenden Rahmen diskutiert werden müsse. Obwohl seine Kommission an ihrem Beschluss festhielt, lehnte der Nationalrat die Initiative mit 79 zu 90 Stimmen ab
[30].
Eine Motion Robbiani (cvp, TI) wollte diejenigen Bestimmungen des gescheiterten Entwurfs zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung auf Verordnungsebene wiederaufnehmen, die am stärksten dazu beitragen können, die Arzneimittelpreise einzudämmen. Aufgenommen werden sollte dabei insbesondere das Instrument der regelmässigen, dreijährlichen
Überprüfung der Arzneimittelpreise. Der Bundesrat erklärte sich bereit, seinen bestehenden Spielraum auf Verordnungsstufe auszuschöpfen und eine Regelung vorzubereiten, welche den Rhythmus der Überprüfung der Arzneimittel bezogen auf deren Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit zum Gegenstand hat. Der Nationalrat schloss sich der Meinung des Motionärs und des Bundesrates an und nahm die Motion ebenfalls an
[31].
Der Ständerat behandelte als erster die vom Bundesrat im Vorjahr vorgelegte Teilrevision des Heilmittelgesetzes zur vereinfachten Zulassung von Medikamenten in Spitalapotheken. Seine Kommission wies zu Beginn der Debatte auf die Dringlichkeit der Änderung hin, da Ende 2008 die Übergangsfrist des neuen Heilmittelgesetzes auslief. Ohne eine Gesetzesanpassung könnten vor allem Spitäler viele Präparate nicht mehr legal selber herstellen oder aus dem Ausland beschaffen. Die Kommission empfahl in fast allen Punkten den Vorschlägen des Bundesrates zu folgen. Einzig bei den kantonalen Zulassungen von Arzneimitteln wurde eine Ergänzung vorgenommen, indem die Zulassungsrechte bis Ende 2011 verlängert wurden. Der Ständerat unterstützte ohne Diskussion die kleinen Änderungen seiner Kommission und nahm die Teilrevision einstimmig an.
Auch im Nationalrat gab die Frage der kantonalen Zulassungen am meisten zu reden. Dazu gab es drei Anträge. Einerseits denjenigen der Kommission, welche vorschlug, ganz auf die Befristung für bestehende kantonale Zulassungen von Arzneimitteln zu verzichten. Dann einen Antrag Heim (sp, SO), welcher dem Ständerat folgen und die Zulassungen bis Ende 2011 befristen wollte. Eine Art Kompromiss aus diesen beiden Vorschlägen war der Antrag Baumann (svp, TG), der eine Frist bis Ende 2013 vorschlug. Der Nationalrat folgte knapp dem Kommissionsantrag mit 77 zu 76 Stimmen. In der Gesamtabstimmung nahm er die Vorlage einstimmig an.
In der
Differenzbereinigung wies der Ständerat auf Abklärungen in den Kantonen hin, welche ergeben hätten, dass es unter den kantonal registrierten Arzneimitteln auch einige kritische Punkte gäbe. Daher war er der Meinung, dass der Vorschlag des Nationalrates, auf die Befristung für bestehende kantonale Zulassungen von Arzneimitteln zu verzichten, in die falsche Richtung laufe. Im Sinne eines Kompromisses sprach sich der Ständerat für eine Fristverlängerung bis Ende 2013 aus. Dem schloss sich auch der Nationalrat an und beide Kammern nahmen die Vorlage in der Schlussabstimmung einstimmig an
[32].
Eine Motion der SGK des Nationalrates über die
Zulassungspraxis von Swissmedic war mit der oben besprochenen Revision des Heilmittelgesetzes bis zu einem gewissen Teil bereits erfüllt. Sie hatte nämlich den Bundesrat beauftragt, einerseits die Schwierigkeiten und Gefahren des Versorgungsproblems der Spitäler mit Medikamenten zu minimieren, indem die betreffenden Verordnungen revidiert werden. Andererseits sollten die entsprechenden Stellen bei der Teilrevision des Heilmittelgesetzes berücksichtigt werden. Der zweite Teil war mit der Revision des Heilmittelgesetzes bereits erfüllt. Den ersten Teil der Motion hingegen hatte der Nationalrat gegen den Willen des Bundesrates ebenfalls angenommen. Auch die Kommission des Ständerates war der Meinung, dass es sinnvoll sei, den Druck auf den Bundesrat für die Anpassungen auf Verordnungsstufe aufrechtzuerhalten. Der Ständerat teilte damit die Meinung des Nationalrates und nahm die Motion als Ganzes und nicht nur die zweite Ziffer an
[33].
Die von Nationalrat Borer (svp, SO) im Jahr 2005 eingereichte parlamentarische Initiative mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Einteilung der zur
Selbstmedikation zugelassenen Heilmittel, war im vorigen Jahr vom Nationalrat gegen den Willen des Bundesrates in eine Motion umgewandelt und angenommen worden. Der Ständerat schloss sich im Berichtsjahr dem Nationalrat an
[34].
Der Ständerat überwies die Motionen Heim (sp, SO) und Humbel Näf (cvp, AG) für mehr Preiswettbewerb im Bereich der
Mittel- und Gegenstände (Migel) ebenfalls. Wie vom Bundesrat gewünscht, wandelte er sie aber in einen Prüfungsantrag um. Auf Antrag seiner Kommission nahm er einen Zusatz auf, der beinhaltet, dass das Tarifvertragssystem dem Kartellgesetz unterstellt werden soll, da sonst Preisabsprachen zu befürchten seien
[35].
Eine Motion Heim (sp, SO) verlangte vom Bundesrat, konkrete Massnahmen auszuarbeiten, um die Erkenntnislücke bei der
medikamentösen Behandlung von Kindern zu schliessen. Auch der Bundesrat war der Ansicht, dass die Verfügbarkeit von Medikamenten, welche den spezifischen Bedürfnissen des kindlichen Körpers angepasst sind, unbefriedigend sei. Der Nationalrat war ebenfalls einverstanden mit dem Anliegen der Motion und nahm diese an
[36].
Eine Motion Müller (gp, AG) setzte sich dafür ein, dass auch in Zukunft
Einzelimpfstoffe gegen Tetanus, Diphterie und Pertussis wie auch gegen Masern, Mumps und Röteln verfügbar sind. Diese Einzelimpfstoffe wurden in den letzten Jahren gemäss Motionär immer mehr zugunsten von Mehrkomponenten-Impfungen vom Markt genommen. Eine Sistierung von Einzelimpfstoffen bedeute eine Einschränkung der Wahlfreiheit, welche von einer Minderheit der Bevölkerung als einschneidend empfunden wird. Der Bundesrat teilte die Befürchtungen des Motionärs nicht und war der Meinung, dass die Verfügbarkeit der Impfstoffe den Gesetzen der Marktwirtschaft unterliege. Zudem sei eine Reihe von Einzelimpfstoffen auf dem Schweizer Markt weiterhin erhältlich. Auch der Nationalrat teilte die Ansicht des Bundesrates und lehnte die Motion ab
[37].
[29]
AB NR, 2008, S. 82 f.;
AB SR, 2008, S. 969 f. Siehe
SPJ 2006, S. 188 f. und
2007, S. 218.
[30]
AB NR, 2008, S. 91 f.
[31]
AB NR, 2008, S. 1954.
[32]
AB SR, 2008, S. 22 ff., 434 und 533;
AB NR,2008, S. 613 ff., 872 f. und 1024;
BBl, 2008, S. 4873 ff. Siehe
SPJ 2007, S. 218.
[33]
AB NR, 2008, S. 82;
AB SR, 2008, S. 814.
[34]
AB SR, 2008, S. 815 ff. Siehe
SPJ 2007, S. 219.
[35]
AB SR, 2008, S. 813 f.
[36]
AB NR, 2008, S. 1552.
[37]
AB NR, 2008, S. 1005.
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