Année politique Suisse 2008 : Enseignement, culture et médias / Médias
Presse
Das Angebot an
Gratiszeitungen nahm im Berichtsjahr weiter zu. Im Tessin lancierte die Sonntagszeitung „Il caffè della domenica“ im Februar eine elektronische Abendzeitung. Die Gratiszeitung „20 Minuten“ brachte im Oktober das Wochenmagazin „20 Minuten Friday“ auf den Markt. Das Heft wird durch Kurzinformationen über Konsumprodukte, Veranstaltungen sowie über Stars und Sternchen dominiert. Ein neues Gratisblatt gab es auch in Zürich: Im November ergänzten die Zürcher Oberlandmedien ihr Angebot nämlich um eine Gratis-Wochenzeitung, welche unter dem Titel „regio.ch“ erscheint
[2].
Die 2006 von Ringier lancierte Gratiszeitung „heute“ trägt seit Juni den Namen
„Blick am Abend“. Die publizistische Ausrichtung auf eine junge Leserschaft wurde beibehalten. Das bisher pastellfarbene Abendblatt erscheint aber neu mit einer grellen Grundfarbe in Pink
[3].
Auch im Segment der
Sonntagszeitungen wurde das Angebot 2008 erweitert. Seit September erscheint die „Zentralschweiz am Sonntag“, eine Sonntagsausgabe der „Neuen Luzerner Zeitung“ (NLZ). Das neue Sonntagsblatt der NLZ kooperiert eng mit „Sonntag“, der Sonntagsausgabe der Mittellandzeitung. Die beiden Partner bieten einen gemeinsamen Inseratepool an und arbeiten auch auf redaktioneller Ebene zusammen
[4].
Das EDA beschloss im August den
Subventionsbeitrag für die
Zeitschrift „Schweizer Revue“ mit Informationen für Auslandschweizer von 1,8 Mio auf 1,3 Mio Fr. zu kürzen. Dieser Entscheid löste bei den Auslandschweizer-Organisationen (ASO) heftige Proteste aus. Der ASO-Rat verabschiedete einstimmig eine Resolution, die die Folgen einer Beitragskürzung als inakzeptabel bezeichnet und Bundesrat und Parlament aufforderte, davon abzusehen. Meyer-Kaelin (cvp, FR), Vorstandsmitglied der ASO, gelang es bei den Beratungen zum Bundesgesetz über die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die finanzielle Unterstützung von Auslandschweizern in der vorberatenden Kommission einen Artikel durchzubringen, der die Subventionen für die „Revue“ sichert; allerdings legt der Gesetzestext keinen Betrag fest. Dieser Antrag der Kommissionsminderheit wurde vom Nationalrat in der Wintersession mit 86 zu 77 Stimmen gutgeheissen
[5].
Die Nachfrage nach abonnierten Tageszeitungen nahm weiter ab. Dies belegen die
Leser- und Verkaufszahlen, welche die AG für Werbemedien im Berichtsjahr veröffentlichte. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Leserschaft beim Tagesanzeiger um 9,1%, bei der NZZ um 6,7% und beim Blick um 5,7% zurück. Gewinner waren dagegen die Gratiszeitungen („20 minutes“ +21%, „Le Matin bleu“ und „Blick am Abend“ (ehemals „heute“) je +12%, „20 Minuten“ +7%). Bei den Verkaufszahlen mussten vor allem die „Tribune de Genève“ (seit 2005 -17%), „Le Matin“ (seit 2005 -20%) und der „Blick“ (seit 2005 -13%) dramatische Verluste hinnehmen
[6].
Die Medienhäuser wurden im Berichtsjahr zusätzlich von der Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen. Die
Einnahmen aus kommerziellen Inseraten in Schweizer Zeitungen und Zeitschriften brachen im September im Vergleich zum Vorjahr um 13,6% auf 172,6 Mio Fr. ein. Insbesondere die Anzeigen aus der Finanz- und Automobilbranche gingen deutlich zurück
[7]. Zahlreiche Verlagshäuser (Edipresse, NZZ-Gruppe, Publigroupe, Ringier, Société neuchâteloise de presse, Tamedia, Weltwoche) bauten im Berichtsjahr Arbeitsplätze ab oder kündigten Stellenstreichungen an
[8].
Im August lancierten der Tages-Anzeiger, die Basler Zeitung und die Berner Zeitung ein
gemeinsames Online-News-Netzwerk. Seit Oktober koordinieren auch die Luzerner Zeitung, das Sankt Galler Tagblatt, die Zürich Land Medien (Zürichsee-Zeitung, Zürcher Oberländer, Zürcher Unterländer), die Mittelland-Zeitung, die Schaffhauser Nachrichten und die Südostschweiz ihre Internetaktivitäten und betreiben mit
„News1.ch“ ein
gemeinsames Nachrichtenportal [9].
Der einzigen romanischen Tageszeitung
„La Quotidiana“, die durch die Südostschweiz Presse und Print AG herausgegeben wird, drohte aus wirtschaftlichen Gründen die Rückstufung zu einem Wochenblatt. Um das Überleben der Zeitung zu sichern, wurde im Dezember eine enge Zusammenarbeit mit der staatlich subventionierten Agentura da Novitats Rumantscha (ANR) beschlossen. Teile der „Quotidiana“ werden künftig in einem aus dem ANR-Budget finanzierten Redaktionspool generiert. Die Kooperation wurde von der Bündner Regierung und vom Bundesamt für Kultur abgesegnet; mit der Auflage, dass die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der ANR vertraglich gewährleistet werden müsse
[10].
Die Zeitung
„Der Bund“ muss um ihr Fortbestehen bangen. Der Tamedia Konzern gab im Dezember bekannt, dass das Berner Traditionsblatt als eigenständige Zeitung keine wirtschaftliche Perspektive mehr habe. Bis Mitte 2009 will er zwei Modelle prüfen: Im einen Fall würde der Bund mit der Tages-Anzeiger-Redaktion kooperieren. Im anderen Szenario ginge er in der Berner Zeitung auf. Im Anschluss an die Ankündigung von Tamedia formierte sich ein Komitee, welches sich die
Rettung des Bundes zum Ziel gesetzt hat und zu diesem Zweck auch eine Online-Petition lancierte. Nebst den beiden Berner Ständeräten Sommaruga (sp) und Luginbühl (bdp) sind auch die Nationalräte Joder (svp, BE), von Graffenried (gp, BE), Markwalder (fdp, BE) sowie mehrere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Kultur vertreten
[11].
Impressum und Comedia forderten den Verlegerverband Schweizer Presse anlässlich seiner Jahresversammlung im September zu
Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für die Deutschschweiz und das Tessin auf. Die Gewerkschaften stützten ihre Forderung auf die Vereinbarung, welche die Verleger beim Beitritt zum Presserat (siehe unten) unterschrieben und in welcher sie das Recht auf Kollektivverhandlungen sowie auf eine klare Regelung der Arbeitsbedingungen durch einen GAV anerkannt haben. Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument lehnte dies ab; gemäss seinem Standpunkt vermittelt die Aufnahme der Verleger in den Presserat keinen Anspruch auf Aufnahme von GAV-Verhandlungen
[12].
Im Juni wurden die Verleger und die SRG in den
Presserat aufgenommen. Die beiden neuen Partner nehmen nun Einsitz in den Stiftungsrat und anerkennen auch den berufsethischen Kodex sowie die Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten. Im Vorfeld der Erweiterung der Trägerschaft kam es in den Journalistenverbänden, die den Presserat bisher allein getragen hatten, zu intensiven Debatten über die Unabhängigkeit des Selbstkontrollorgans und zur Frage, wieweit ethische Regeln und Sozialpartnerschaft zusammengehören
[13].
Im Berichtsjahr wurden die Ergebnisse einer
Studie über den Presserat veröffentlicht. Bei den befragten Medienschaffenden wird das Qualitätssicherungsorgan zwar als kompetent und fair wahrgenommen, sie wollen ihm aber keine Sanktionsbefugnisse einräumen. Die Verfasser der Studie empfahlen dem Presserat, seine Beratungsfunktion stärker in den Vordergrund zu rücken. Zudem regten sie die Verantwortlichen dazu an, die Richtlinien und Standards des Presserats stärker mit den Qualitätssicherungsprozessen in den Redaktionen zu koppeln
[14].
[2]
Bund, 19.2.08 („Il caffè della domenica“);
NZZ, 31.10.08 („20 Minuten Friday“);
NZZ, 18.4., 28.8. und 5.11.08 („Zürcher Oberländer“).
[3]
Bund, 5.3.08;
NZZ, 2.6.08. Vgl.
SPJ 2006, S. 251.
[4]
NZZ, 11.6. und 8.9.08;
NLZ, 1.7. und 8.9.08.
[5]
AB NR, 2008, S. 1945 ff.;
NZZ, 6.8. und 23.8.08;
NLZ, 19.8.08. Zum Bundesgesetz über die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die finanzielle Unterstützung von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland, vgl. Teil I, 2 (Principes directeurs).
[6] Presse vom 9.9.08 (Leserzahlen);
NZZ, 2.10.08 (Verkaufszahlen).
[7]
NZZ und
TA, 22.10.08.
[8]
LT, 28.8.08 (Edipresse);
NLZ, 5.11.08 (Publigroupe);
LT, 27.11.08 (Ringier);
Lib., 8.11.08 (Société neuchâteloise de presse);
TA, 20.11.08 (Tamedia);
LT, 27.11.08 (Weltwoche).
[9] Presse vom 7.8.08;
BZ und
TA, 8.8.08.
[10]
BüZ, 6.8., 11.11., 26.11. und 24.12.08;
NZZ, 7.8. und 27.11.08.
[11] Presse vom, 2.12.08;
NZZ, 13.12.08
; Bund, 16.12.08;
BaZ und SGT, 29.12.08.
[12]
AZ und
TA, 12.9.08;
NZZ, 12.9. und 13.9.08.
[13]
NZZ, 6.6. und 5.9.08;
TA, 6.6.08. Vgl.
SPJ 2006, S. 251.
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