Année politique Suisse 2009 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
Nach acht Jahren im Amt trat die Präsidentin der CVP-Frauen, Ida Glanzmann-Hunkeler (LU), zurück. Für ihre Nachfolge kandidierten Esther Egger-Wyss (AG) und Babette Sigg Frank (ZH). Sigg Frank, bisher Präsidentin der Zürcher CVP-Frauen, konnte sich bei der Wahl durchsetzen [17].
An ihrer Delegiertenversammlung vom 14. Februar in Solothurn verabschiedete die CVP eine Resolution, in der sie eine nachhaltige, liberal-soziale Wirtschaft fordert. Unter anderem will die CVP die Chancen älterer Arbeitnehmer verbessern: Dies soll mit einem linearen und gleichen Beitragssatz für alle Arbeitgeber bei den Pensionskassenbeiträgen (unabhängig vom Alter der Mitarbeiter) erreicht werden. Die Delegierten beschlossen zudem die Ja-Parole zum Bundesbeschluss über die Komplementärmedizin. Am Vortag hatte der Parteivorstand bereits einstimmig die Ja-Parole zur Einführung des biometrischen Passes gefasst [18].
Der Politikwissenschaftler Timotheos Frey trat im Berichtsjahr sein Amt als Generalsekretär der CVP an. Er löste Reto Nause ab, der in die Exekutive der Stadt Bern gewählt worden war. Frey war zuletzt als Oberassistent an der Universität Zürich tätig und hat seine Doktorarbeit über die Erfolgsgründe christlich-demokratischer Parteien in Europa geschrieben [19].
Im Juni kündigte die CVP an, auf eine bereits zugesagte Parteispende der Grossbank UBS zu verzichten. Parteipräsident Christophe Darbellay hatte die Spende zunächst annehmen wollen, musste jedoch nach öffentlicher Kritik zurückkrebsen. Die CVP will nun so lange keine Parteispenden von der UBS annehmen, wie diese staatliche Unterstützung erhält [20].
Am Parteitag der CVP vom 20. Juni in Delémont (JU) wurde das Parteipräsidium beauftragt, ein Konzept für eine Reform des schweizerischen Gesundheitssystems auszuarbeiten. Nach dem Willen der CVP soll das Gesundheitssystem neu strukturiert werden. Grundidee ist die Schaffung eines Verfassungsartikels, der die rechtliche Grundlage für die Einführung von sieben Versorgungs- und Planungsregionen im Bereich der Gesundheit bilden würde. Die Kantone müssten innerhalb dieser Regionen eng zusammenarbeiten. Die CVP fordert zudem eine Stärkung der Hausarztmedizin und die Abschaffung des Numerus Clausus beim Medizinstudium. Weitere geforderte Massnahmen im Bereich Gesundheitspolitik sind eine transparentere Rechnungslegung der Krankenkassen und eine regelmässige Überprüfung des Katalogs der Grundversicherungsleistungen. Insgesamt wurden in einem Positionspapier 15 Reformelemente aufgeführt [21].
Ebenfalls im Juni wurde bekannt, dass die CVP für den nach dem Rücktritt von Pascal Couchepin (fdp) frei gewordenen Bundesratssitz eine Kandidatur lancieren würde. Ihren Sitzanspruch begründete die CVP damit, dass die Position der Mitte in der Regierung gestärkt werden müsse. Zudem wies die CVP darauf hin, dass die CVP-GLP-EVP-Fraktion in der Bundesversammlung grösser sei als die freisinnig-liberale Fraktion, weshalb der CVP eher zwei Bundesratssitze zuständen als der FDP. Als CVP-Kandidat war von Anfang an Ständerat Urs Schwaller (FR) im Gespräch, der im August dann auch öffentlich sein Interesse an einer Wahl erklärte und von der Fraktion nominiert wurde. Als Schwierigkeit stellte sich jedoch heraus, dass der aus dem deutschsprachigen Teil des Kantons Freiburg stammende Schwaller nicht als Romand wahrgenommen wurde. Für die Rückeroberung eines zweiten Bundesratssitzes wäre die CVP auf die Unterstützung der Linksparteien angewiesen gewesen. Diese hatten jedoch kein starkes Interesse daran, die CVP-Kandidatur zu unterstützen. Bei der Wahl setzte sich der FDP-Kandidat Didier Burkhalter durch [22].
An ihrem Parteitag in Genf vom 22. August verabschiedete die CVP ein Positionspapier zum Thema Arbeitslosigkeit. In diesem wurde unter anderem gefordert, dass der Bund Unternehmen unterstützen soll, die Stellen für Junge schaffen. So soll die Jugendarbeitslosigkeit bekämpft und der Einstieg von Jugendlichen ins Arbeitsleben erleichtert werden [23].
An ihrer Delegiertenversammlung in Dietikon (ZH) vom 31. Oktober verabschiedete die CVP eine Resolution zur Stärkung der dualen Berufsbildung. Diese müsse gegen eine schleichende Akademisierung verteidigt werden. Parteipräsident Darbellay warnte insbesondere vor einer Erhöhung der Maturitätsquote. An der Versammlung wurde zudem mit 274 gegen 7 Stimmen bei 5 Enthaltungen die Nein-Parole der CVP zur Anti-Minarett-Initiative beschlossen. Die Nein-Parole zur GSoA-Initiative für ein Verbot von Kriegsmaterialexporten war bereits vom Parteivorstand gefasst worden [24].
Im Dezember verabschiedete das CVP-Parteipräsidium ein Positionspapier mit dem Titel „7 Gebote für einen zukunftsträchtigen Finanzplatz Schweiz“. Darin wird gefordert, dass es im Krisenfall möglich sein müsse, systemrelevante Funktionen aus Finanzunternehmen herauszulösen. Damit soll verhindert werden, dass systemrelevante Unternehmen durch den Staat gerettet werden müssen. Zudem soll das Konkursrecht so geändert werden, dass bei einem Konkurs gewisse Kategorien von Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt werden. Die CVP sprach sich hingegen gegen eine Zerschlagung der Grossbanken mittels eines „Trennbankensystems“ aus, weil das Systemrisiko so nicht beseitigt werden könne [25].
 
[17] NZZ, 15.1. und 9.3.09; BaZ, 20.1.09.
[18] NZZ, 16.2.09.
[19] BaZ und NZZ, 16.2.09; Lit. Frey.
[20] Lib. und LT, 4.6.09; Presse vom 8.6.09.
[21] NZZ und SGT, 22.6.09.
[22] BüZ und SN, 16.6.09; NZZ, 19.6., 31.7., 4.8., 8.8. und 14.8.09; AZ, 27.6.09; SGT, 14.8. und 17.9.09; Presse vom 1.9.09. Siehe oben, Teil I, 1c (Regierung).
[23] NZZ und TA, 24.8.09.
[24] NZZ, 2.11.09.
[25] NZZ, 15.12.09.