Année politique Suisse 2009 : Politique sociale / Groupes sociaux
 
Kinder- und Jugendpolitik
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Jugendarbeitslosigkeit
Die steigende Jugendarbeitslosigkeit beschäftigte im Berichtsjahr Politik und Sozialpartner: Junge Leute wurden von der Rezession besonders hart getroffen, im Juli lag die Arbeitslosenquote von Jugendlichen im Alter zwischen 20 und 24 Jahren bei 5,6% und damit fast doppelt so hoch wie im Sommer 2008. Für das Jahr 2010 prognostizierte das Staatssekretariat für Wirtschaft sogar einen Anstieg auf 9,4%. Aufgrund dieser düsteren Aussichten rief Volkswirtschaftsministerin Leuthard an einer Medienkonferenz mit dem Arbeitgeberverband, dem Gewerbeverband und dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund dazu auf, Jugendliche nach der Ausbildung weiter zu beschäftigen sowie ihre Arbeitsmarktfähigkeit mit Praktika und Übungsfirmen zu verbessern  BaZ und NZZ, 29.4.09; Bund, 8.9.09..
Vorschläge für ein Massnahmenpaket zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gab es auch von der SP. Sie verlangte in erster Linie die Weiterbeschäftigung von Jugendlichen nach dem Lehrabschluss. Dabei plädierte sie für ein Modell, bei dem die Betriebe die ausgebildeten Lehrlinge während 12 Monaten zu einem reduzierten Ausgebildeten-Salär von 90% anstellen könnten und die restlichen 10% durch den Bund getragen würden. Ausserdem wollte sie zur Finanzierung der Massnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit auf Löhnen über 126 000 Fr. ein vorübergehendes Solidaritätsprozent erheben  SZ, 11.4.09; NZZ, 18.4.09..
In der Herbstsession befasste sich auch der Nationalrat mit der Problematik von stellenlosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, allerdings wurden die Vorstösse, welche fast ausschliesslich aus den Reihen der SP stammten, ausnahmslos abgelehnt. So unter anderem eine Motion Galladé (sp, ZH) zur Ausschöpfung des Innovationszehntels zugunsten der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit, eine Motion Meinrado (cvp, TI) für ausserordentliche Massnahmen zur beruflichen Förderung von Jugendlichen sowie eine Motion der SP zur Weiterbeschäftigung von Lernenden in bundesnahen Betrieben  AB NR, 2009, S. 1545 (Mo. Meinrado), 1549 (Mo. Galladé und Mo. SP). Vgl. zu den Vorstössen, die auf eine Weiterbildung der arbeitslosen Jugendlichen zielten, unten, Teil I, 8a (Berufsbildung). Zu den Massnahmen, welche im Rahmen des dritten Konjunkturpakets im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit verabschiedet wurden siehe oben, Teil I, 4a (Konjunkturlage und -politik)..
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Jugendgewalt
Ein weiteres Thema, welches Politik und Wissenschaft in Anspruch nahm, war die Bekämpfung der Jugendgewalt. Der Bundesrat lancierte im Mai ein fünfjähriges Präventionsprogramm, mit dem er das Phänomen stärker bekämpfen will. Dabei strebt er in erster Linie eine Verbesserung der statistischen Grundlagen an. Ausserdem möchte er die Programme auf kantonaler und kommunaler Ebene stärker koordinieren sowie den Zugang zu Risikogruppen erleichtern. Durch eine engere Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis will die Landesregierung schliesslich sicherstellen, dass die getroffenen Massnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden  Bund, LT und TA, 26.5.09. Für die Vorstösse zur Verschärfung des Jugendstrafrechts siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht)..
Im Berichtsjahr wurden auch mehrere Studien zur Gewalttätigkeit von Jugendlichen veröffentlicht. Eine Untersuchung des Bundesamts für Polizei (FedPol) zeigte, dass es in der Schweiz rund 500 jugendliche Intensiv- oder Mehrfachtäter gibt. Dabei handelt es sich um Jugendliche, die eine – je nach Kanton unterschiedliche – Anzahl von Gewalttaten innerhalb eines definierten Zeitraums begangen haben. Das FedPol zeichnete in seinem Bericht auch ein Profil dieser Täter, sie sind meist männlich, jünger als 25 Jahre, stammen mehrheitlich aus bildungsfernen Schichten mit Migrationshintergrund und leben in problematischen Verhältnissen – in Bezug auf Familie, Schule, Arbeit und Drogenkonsum. Gemäss einer weiteren Untersuchung, welche die Universität Zürich im Auftrag des Kantons Sankt Gallen erstellt hat und bei der 5200 Jugendliche befragt wurden, haben bereits 26% der 15-16-Jährigen Erfahrungen als Gewalttäter. Bei den selbst deklarierten Delikten handelt es sich um Körperverletzungen, Gruppenschlägereien, Raub und sexuelle Gewalt. Generell sind die Täter dreimal häufiger männlich; Jugendliche, die in erster oder zweiter Generation in der Schweiz leben, üben doppelt so oft Gewaltdelikte aus wie solche ohne Migrationshintergrund  NZZ und SZ, 3.7.09 (Studie FedPol); Bund, NZZ und SGT, 25.8.09 (Studie Universität Zürich)..
Der Nationalrat verwarf im Berichtsjahr mit 64 zu 124 Stimmen eine Motion Galladé (sp, ZH) mit der gefordert wurde, Jugendlichen unter 21 Jahren keinen Waffenerwerbsschein mehr abzugeben. Ebenfalls abgelehnt hat er eine Motion Rielle (sp, GE), welche die Abgabe von Militärwaffen an Kinder, Jugendliche und weitere Zivilpersonen verbieten wollte  AB NR, 2009, S. 397 (Mo. Rielle) und 398 (Mo. Galladé)..
Keine Folge gab die grosse Kammer ausserdem einer parlamentarischen Initiative Meyer-Kaelin (cvp, FR), die darauf abzielte, die Prävention von Suizid bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausdrücklich in der Gesetzgebung zur Prävention und Gesundheitsförderung zu verankern  AB NR, 2009, S. 694 ff..
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Jugendförderung
Im Oktober schickte der Bundesrat eine Totalrevision des Jugendförderungsgesetzes in die Vernehmlassung. Mit dem neuen Erlass sollen die Präventions- und Integrationswirkungen der Fördermassnahmen verbessert und eine effektivere Steuerung der Bundesgelder ermöglicht werden. Während bisher nur Dachorganisationen und Verbände wie Jungschar, Blauring oder Jungparteien von den Bundessubventionen profitieren können, will die Landesregierung künftig auch die offene Jugendarbeit – das heisst die professionelle Tätigkeit abseits von Vereinen und Verbänden – finanziell unterstützen. Schliesslich sollen auch die Beiträge an die Eidgenössische Jugendsession gesetzlich verankert werden  BBl, 2009, S. 6841; NZZ und SGT, 1.10.09..
Der Nationalrat überwies im Berichtsjahr eine parlamentarische Initiative Amherd (cvp, VS), welche die Förderung und den Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Bundesverfassung verankern will, sowie eine Motion Amherd (cvp, VS), die ein Bundesgesetz über die Kinder- und Jugendförderung sowie den Kinder- und Jugendschutz fordert. Bei der Motion übernahm die grosse Kammer eine abgeänderte Fassung, die vom Ständerat 2008 verabschiedet worden war. Aufgrund mehrerer Postulate hatte der Bundesrat damals bereits einen Bericht zur schweizerischen Kinder- und Jugendpolitik vorgelegt. Mit Einverständnis der Motionärin war im Ständerat beschlossen worden, sich der Stossrichtung dieses Berichts anzuschliessen, die Motion aber in modifizierter Form zu überweisen, um dadurch den politischen Druck aufrechtzuerhalten  AB NR, 2009, S. 146 (pa.Iv.) und 1224 (Mo.). Vgl. SPJ 2001, S. 213 f. und 2008, S. 235..
Zur Senkung des Stimmrechtalters auf 16 Jahre siehe oben, Teil I, 1b (Bürger- und Stimmrecht). Für die Strafbarkeit von Kindsmisshandlungen und Pädophilie siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).