Année politique Suisse 2010 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
Parteiensystem
Zu den Sitzanteilen der Parteien auf Exekutiv- und Legislativebene sowie zu den Frauenanteilen vgl. oben, Teil I, 1e (Wahlen) sowie Anhang (
anhang_2010.pdf). Zu den Parolen der Parteien zu den eidgenössischen Volksabstimmungen siehe die Tabellen
parolen2010.pdf am Ende dieses Kapitels. Siehe dazu auch die verschiedenen Sachkapitel.
Im Nationalrat wurden – auch aufgrund der Diskussionen nach den Abstimmungskampagnen einiger eidgenössischer Initiativen – erneut Vorstösse diskutiert, die mehr
Transparenz hinsichtlich Parteienfinanzierung verlangen. Alle drei von Links-Grün eingereichten parlamentarischen Initiativen (Pa. Iv. sozialdemokratische Fraktion, Pa. Iv. Hodgers, gp, GE und Pa. Iv. Gross, sp, ZH) wurden in ein und derselben Sitzung von der rechts-bürgerlichen Mehrheit abgelehnt. Insbesondere die Idee der Offenlegung der Parteispenden und Spendernamen war bereits in der staatspolitischen Kommission auf Widerstand gestossen. Eine solche scheint nach wie vor politisch nicht mehrheitsfähig
[1].
Allerdings stösst die Idee von transparenten Parteifinanzen nicht auf grundsätzlichen Widerwillen. Dies zeigte sich im Berichtsjahr auch im vom Ständerat nur relativ knapp abgelehnten (18 zu 11 Stimmen) Minderheitsantrag, eine Petition der Jugendsession von 2008 zum Thema Parteienfinanzierung an die Staatspolitische Kommission zu überweisen. Die Petition hätte die Offenlegung von Parteifinanzen und Spenden zum Ziel gehabt
[2].
Ab dem 1. Januar 2011 können Spenden bis zu 10 000 Fr. von den Steuern abgezogen werden. Die Stadtberner FDP sorgte im Mai für Schlagzeilen, nachdem sie ankündigte, in Zukunft die
Namen von Grossspendern offenzulegen, die der Partei mehr als 5000 Franken zukommen lassen. Die Kantonalzürcher FDP und die Jungfreisinnigen wollen in Zukunft Spenden zwar nicht nach Namen, aber nach Kategorien (Private und Unternehmen) und Branchen ausweisen. Die meisten kantonalen und die nationale Mutterpartei machten aber klar, dass sie eine solche Handhabung nicht übernehmen werden
[3]. Bei der Veröffentlichung des Korruptionswahrnehmungsindex rügte
Transparency International die Schweiz als einziges demokratisches Land, das keine Regelungen zur Parteienfinanzierung kenne
[4].
In der Presse war Ende des Berichtsjahrs eine
Schätzung der Wahlkampfbudgets der Parteien nachzulesen, die aufgrund der ebenfalls geschätzten Ausgaben bei den Wahlen 2007 sowie einigen Antworten auf entsprechende Anfragen bei den Generalsekretariaten beruhten. Dass Geld für den Wahlerfolg eine Rolle spiele, sei unbestritten. Die Wahlkampfbudgets seien jedoch sehr ungleich. Mit Abstand am meisten Mittel zur Verfügung habe die SVP (15 Mio.), gefolgt von der CVP (3 Mio.), der FDP (2.6 Mio.) und der SP (1.5 Mio.). Die kleineren Parteien (GP, GLP, BDP) hätten weniger als eine Viertelmillion zur Verfügung
[5].
Eine am IDHEAP durchgeführte Studie zeigt auf, dass die
Parteienlandschaft nirgends in Europa derart polarisiert ist, wie in der Schweiz. Noch in den 1990er Jahren galt das Parteiensystem in der Schweiz als relativ stabil und nur wenig polarisiert. Die Studie macht aber aufgrund von Professionalisierung und verstärkter Themenorientierung in den letzten Jahren eine massive Zunahme der Polarisierung aus. Sie begründet diese Entwicklung mit den Eigenheiten des Proporzwahlsystems und der Konkordanz. Beide Institutionen machten es möglich, dass auch Regierungsparteien starke Positionen einnehmen können und nicht auf Koalitionen oder ihre Mehrheitsfähigkeit Rücksicht nehmen müssen. Die Studie vergleicht die grossen Schweizer Parteien mit den europäischen Schwesterparteien und streicht die im Vergleich auffallend radikale Politisierung der SVP und der SP heraus. Demgegenüber lassen sich die CVP, die FDP und die Grünen gut mit ihren europäischen Pendants vergleichen
[6].
Die
Mitteparteien CVP, FDP und BDP diskutierten im Berichtjahr
eine Strategie-Allianz, um sich gegen die Polparteien SP und SVP besser zur Wehr setzen zu können. Die vorerst geheimen Absprachen gelangten aufgrund einer Indiskretion an die Sonntagspresse. Die drei Parteien dementierten die vermuteten strategischen Absprachen zur Rettung der Bundesratssitze und betonten, dass es bei den Sitzungen lediglich um die zukünftige Zusammenarbeit bei Sachthemen gegangen sei
[7].
[1]
AB NR, 2010, S. 255 ff.;
TA, 12.2.10.
[2]
AB SR, 2010, S. 742 f.
[3] Steuerabzug:
NZZ, 30.12.10; Offenlegung:
TA, NZZ, Bund, 19.5.10;
NZZ, 28.5.10.
[4]
TA, 10.10.10;
QJ, 27.10.10.
[6] Lit. Ladner;
SN, 4.5.10.
[7] Presse vom 9. bis 11.5.10.
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