Année politique Suisse 2010 : Eléments du système politique / Droits, ordre public et juridique
 
Zivilrecht
Der Ständerat gab als Zweitrat einer parlamentarischen Initiative Lüscher (fdp, GE) Folge. Diese verlangt die Einführung des Prinzips der negativen Wirkung der Kompetenz-Kompetenz in das Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPRG). Bevor ein Richter Entscheide fällt, soll er abwarten, bis die Schiedsgerichte über ihre Zuständigkeit entschieden haben. Damit soll die Rolle der Schweiz als anerkannter internationaler Schiedsplatz erhalten und gestärkt werden. Entgegen der Mehrheit seiner Rechtskommission entschied sich der Ständerat mit 24 zu 14 Stimmen für die Annahme der Initiative. Er folgte damit der Kommissionsminderheit, die – auch in Anbetracht der deutlichen Zustimmung im Nationalrat – in dieser ersten Phase des Entscheids der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates die Möglichkeit geben wollte, sich genauer mit dem Anliegen auseinanderzusetzen [64].
Der Ständerat nahm den Vorschlag des Nationalrats zur Teilrevision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs diskussionslos an. Der Vorschlag geht auf eine parlamentarische Initiative Zanetti (sp, SO) aus dem Jahre 2003 zurück. Das Gesetz über Schuldbetreibung und Konkurs soll so geändert werden, dass die bei einem Konkurs ausstehenden Löhne nur noch bis zu einem Maximalbetrag (126 000 Franken Jahreslohn) gegenüber anderen Gläubigerforderungen privilegiert sein sollen. In der Schlussabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 192 zu zwei Stimmen, der Ständerat entschied sich einstimmig dafür [65].
Im April legte die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen ihren Bericht zu zwei parlamentarischen Initiativen vor, die 2006 von Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) bzw. 2007 von Hermann Bürgi (svp, TG) eingereicht worden waren. Beide Vorstösse verlangten eine Verlängerung der Verjährungspflicht für Sachmängelansprüche. Die Kommission schlug in einem Entwurf zur Revision des Obligationenrechts zwei Varianten vor, bei denen die Verjährung nach zwei bzw. fünf Jahren (bei Sachen für unbewegliche Werke) oder aber einheitlich bei fünf Jahren eintreten soll. Die bisherige Regelung sieht eine einjährige Frist ab Lieferung der Sache vor, was als zu kurz betrachtet wird und im Widerspruch zu EU-Recht steht. Alle Bundesratsparteien mit Ausnahme der SP sprachen sich gegen eine einheitliche Frist von fünf Jahren aus, begrüssten jedoch die variable Variante [66].
Zu den diversen Revisionen des OR bezüglich der Bestimmungen über Aktiengesellschaften und andere Unternehmensformen siehe unten, Teil I, 4a (Gesellschaftsrecht), zum neuen Namensrecht siehe unten, Teil I, 7d (Familienpolitik).
 
[64] AB SR, 2010, S. 585 f.; siehe SPJ 2009, S. 30.
[65] AB SR 2010, S. 396 f. und 745; AB NR 2010, S. 1154; siehe SPJ 2009, S. 30.
[66] Medienmitteilung vom 30.04.10; NZZ, 22.9.10.