Année politique Suisse 2010 : Eléments du système politique / Structures fédéralistes
Territorialfragen
Diverse Vorstösse boten im Berichtsjahr Diskussionsstoff zum Thema
Kantonsfusionen. Ein Postulat Comte (fdp, NE) wollte den Bundesrat auffordern, in einem Bericht die gegenwärtigen Hindernisse für Kantonsfusionen darzulegen und Lösungen aufzuzeigen. Da gegenwärtig einige Fusionsprojekte diskutiert würden, müsse sich der Bund möglichst früh insbesondere mit allfälligen Auswirkungen auf den Ständerat oder den Finanzausgleich befassen. Trotz der Empfehlung des Bundesrats, das Postulat anzunehmen, lehnte es der Ständerat mit 17 zu 12 Stimmen ab. Ein solcher Bericht sei zum heutigen Zeitpunkt nicht nötig, so der Tenor im Rat
[7].
Bei den von Comte angetönten Fusionsprojekten handelte es sich zum einen um einen möglichen
Zusammenschluss der beiden Basel. Aufgrund eines Vorstosses der kantonalen CVP, der die Planung eines Projekts zur Simulation einer Wiedervereinigung von Baselland und Basel-Stadt verlangte, wurde ein solches Ansinnen verstärkt diskutiert. Die SVP-nahe Opposition gegen eine Kantonsfusion organisierte sich in der Folge in einem Komitee „Baselland bleibt selbständig“. Zum anderen hatte die Association pour un canton de l’Arc jurassien ihr Manifest für einen
Kanton „Arc jurassien“, bestehend aus den Kantonen Neuenburg und Jura und Gemeinden des Berner Juras veröffentlicht. Eine von MIS Trend durchgeführte Umfrage legte nahe, dass die Bewohner dieser Regionen einem solchen Kanton mehrheitlich positiv gegenüber stehen würden. Für die Regierung des Kantons Jura haben jedoch Verhandlungen mit den bernjurassischen Gemeinden Vorrang vor dem Projekt eines Superkantons, das bereits Anfang der 1990er Jahre ohne konkretes Resultat diskutiert worden war. Auch die Regierung des Kantons Bern sprach sich gegen einen Kanton Jurabogen aus. Eine Motion Rennwald (sp, JU), die vom Bundesrat fordert, die politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umrisse eines Kantons Jurabogen zu prüfen, wurde von der Bundesregierung abgelehnt, bisher von den Räten aber noch nicht behandelt
[8].
Die
Assemblée interjurassienne (AIJ) und die Tripartite-Konferenz bestehend aus Delegationen der bernischen und jurassischen Regierungen sowie der Vorsteherin des EJPD zogen nach der Vorstellung ihres Berichtes über die Zukunft der Region an verschiedenen öffentlichen Informationsveranstaltungen Bilanz und bekräftigten ihre bereits im Vorjahr abgegebene Empfehlung für eine Volksabstimmung zur Lösung des Jurakonfliktes. Die Kantone Jura und Bern sollten nochmals die Durchführung eines Urnengangs prüfen. Während die Jurassische Regierung einen raschen Abstimmungstermin anstrebte, gab sich die Berner Regierung zurückhaltender und sprach sich für weitere Abklärungen aus. Nach dem Rücktritt von Serge Sierro ernannte der Bundesrat den Tessiner Ständerat
Dick Marty (fdp) zum Nachfolger als
Präsident der AIJ. Während das Mouvement autonomiste jurassien die Wahl begrüsste, stiess sie bei den Berntreuen auf Kritik, da diese gegen eine externe Präsidentschaft einstanden
[9].
Für die 24 Sitze im Bernjurassischen Rat (
Conseil du jura bernois, CJB), der im Berichtsjahr zum zweiten Mal gewählt wurde, kandidierten 160 Personen. Das mit dem Sonderstatutsgesetz geschaffene Gremium soll mithelfen, die sprachliche und kulturelle Identität der bernjurassischen Bevölkerung zu wahren. Der Rat hat Kompetenzen im Bildungsbereich und kann über Subventionen aus dem Sport- und Lotteriefonds entscheiden. Darüber hinaus vertritt er die Interessen des Berner Juras auch in Bezug auf das weitere, am Bericht der AIJ orientierte Vorgehen in der Jurafrage. Die SVP gewann zwei Sitze und zählt neu sieben Mitglieder im Rat. Die BDP behielt ihren einen Sitz, die FDP verlor zwei (neu drei Sitze) und die SP einen Sitz (neu vier Mandate). Die Grünen errangen zwei Sitze und die EVP einen. Die stärker separatistisch orientierten PSA (vier Sitze), die Alliance Jurassienne (ein Sitz) und die Entente PDC/PLJ (ein Sitz) mussten den Verlust von total zwei Sitzen hinnehmen. Insgesamt lässt sich damit ein eher berntreuer Trend ausmachen. Die Wahlbeteiligung betrug 32%
[10].
[7]
AB SR, 2010, S. 795 f.
[8]
BAZ, 11.2.10;
QJ, 28.1 und 12.10.10; Presse vom 29.1. und vom 15.6.10. Mo. Rennwald: 09.3830.
[9] Presse vom 1.7. bis 8.7.10; zur Wahl von Marty: Presse vom 18.12.10.
[10]
Bernbilingue, Bulletin Mai 2010; Staatskanzlei des Kantons Bern (Wahlarchiv); vgl. auch http://www.conseildujurabernois.ch/
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