Année politique Suisse 2010 : Politique sociale / Groupes sociaux / Familienpolitik
Im Juni entschied der Bundesrat, die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber an die
Erwerbsersatzordnung (EO) von 0,3 auf 0,5 Lohnprozente anzuheben. Die Beitragserhöhung wurde erforderlich, weil die Reserven des EO-Fonds seit Einführung der Mutterschaftsversicherung im Jahre 2005 unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbetrag gesunken waren
[55].
Die eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) lancierte im Berichtsjahr eine Debatte über eine
Elternzeit. In einer im Oktober veröffentlichten Publikation forderte sie, dass Mütter und Väter nach der Geburt eines Kindes 24 Wochen Elternzeit erhalten sollen, die sie sich gemeinsam aufteilen können. Während dieser Zeit erhielten sie 80% des Lohnes; maximal 5880 Fr. im Monat. Die Elternzeit müsste nicht am Stück, sondern könnte bis zur Einschulung des Kindes in Tranchen oder auch als Teilzeitarbeit bezogen werden. Die Kosten für die Einführung der Elternzeit schätzte die EKFF auf 1,1 bis 1,2 Mia Fr. Eine Finanzierung des Elterngeldes über die Erwerbsersatzordnung würde eine Erhöhung bei den Lohnprozenten von je 0,2% für Arbeitnehmende und Arbeitgebende bedeuten. Bei einer Finanzierung über die Mehrwertsteuer müsste der Satz um 0,4 bis 0,5% angehoben werden. Bei bürgerlichen Politikern und der Wirtschaft stiess die Idee auf Widerstand. Sie wehrten sich gegen zusätzliche Sozialabgaben und bezweifelten die zentrale Bedeutung einer Elternzeit für die Standortattraktivität der Schweiz
[56].
Der Ständerat überwies mit 27 zu 10 Stimmen ein Postulat Seydoux-Christe (cvp, JU), welches den Bundesrat beauftragt, die Einführung eines
ausreichend langen bezahlten Urlaubs für Eltern von schwerkranken Kindern zu prüfen. Ein vom Rat ebenfalls gutgeheissenes Postulat Maury Pasquier (sp, GE) fordert die Regierung dazu auf, das Problem des Einkommens der Frau zu klären, wenn der Anspruch auf Entschädigung durch die Mutterschaftsversicherung infolge der Hospitalisierung des Neugeborenen aufgeschoben wird. Nach geltendem Recht können Mütter ihren Anspruch auf Leistungen der Mutterschaftsversicherung hinausschieben, wenn das Neugeborene nach der Geburt länger als gewöhnlich im Spital bleiben muss. Aufgrund des Arbeitsverbots während der ersten acht Wochen nach der Niederkunft stelle sich jedoch die Frage nach dem Verdienst während dieser Zeit
[57].
[56]
BZ,
NLZ und
TA, 27.10.10;
Lit. Eidgenössische Koordinationskommission für Familienfragen.
[57]
AB SR, 2010, S. 43 f. (Po. Seydoux-Christe) und 793 f. (Po. Maury Pasquier).
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