Année politique Suisse 2010 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises
Kulturpolitik
Im August des Berichtsjahres eröffnete das eidgenössische Departement des Innern das
Anhörungsverfahren zur Kulturbotschaft 2012-2015, welche gemäss dem im Vorjahr verabschiedeten Kulturförderungsgesetz neu die Steuerung der eidgenössischen Kulturförderungsgelder regeln soll. Neben den benötigten finanziellen Mitteln definiert die Botschaft des Bundesrates auch die strategische Ausrichtung der Kulturförderung für die alten und neuen Förderungsbereiche der Kulturinstitutionen des Bundes und umschreibt die Kulturförderung so erstmals als eigenständigen Politikbereich. Schwerpunkte plant der Bundesrat in der Förderung des Zugangs zur Kultur und der Bewahrung und Entwicklung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt. Die eidgenössischen Kulturinstitutionen werden sich in der ersten vierjährigen Kreditperiode erstmals gemeinsam mit zwei transversalen Themen auseinandersetzen. Das erste dieser Projekte, „Kultur Digital“, soll die Auswirkungen der fortschreitenden Digitalisierung auf Kulturproduktion, -vermittlung und -rezeption aufzeigen. In diesem Zusammenhang lancierte Pro Helvetia zusammen mit dem Bundesamt für Kultur (BAK) im Herbst das Projekt „GameCulture“, welches unter anderem vorsieht, die Entwicklung „künstlerisch anspruchsvoller“ Videospiele zu unterstützen. Das Projekt „Lebendige Traditionen“ will die kulturellen Traditionen der Schweiz aufrechterhalten und stützt sich dabei auf die im 2008 unterzeichneten UNESCO-Konventionen zur Förderung der kulturellen Vielfalt und Bewahrung des immateriellen Kulturerbes. Zusammen mit der Botschaft sollen dem Parlament insgesamt acht Kreditbeschlüsse in einer Gesamthöhe von 632,7 Mio Fr. unterbreitet werden, was dem bisherigen Kreditvolumen entspricht
[1].
Anhaltende Unstimmigkeiten in der Schweizer Filmförderung, welche im Vorjahr in der Einreichung einer Aufsichtsbeschwerde gegen die Sektion Film des BAK kulminierten, wurden auch von den Evaluatoren der Filmförderungskonzepte des BAK 2006-2010 wahrgenommen. In ihrem
Schlussbericht zur Angemessenheit und Wirksamkeit der selektiven Filmförderung empfahlen sie mit der Trennung von Filmpolitik und Filmförderung radikale Änderungen zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Institutionen. Während die Sektion Film des BAK heute sowohl die Strategie der Filmpolitik als auch die Entscheidungsgewalt über die geförderten Filmprojekte innehat, sollte sie sich laut den Empfehlungen der Evaluation in Zukunft nur noch um Ersteres kümmern. Ein neu geschaffenes, verwaltungsunabhängiges Organ würde indes die Entscheidungsmacht über die Vergabe von Förderungsgeldern übernehmen. Unter anderem rät der Schlussbericht den Filmfördernden, zentrale Begriffe sowie Anforderungen an die Gesuchsteller zu konkretisieren. So wird beispielsweise vorgeschlagen, Kriterien zur Auswahl der unterstützten Projekte zu präzisieren und darüber hinaus transparent zu machen, welche dieser Kriterien Vorrang haben. Die eidgenössische Filmkommission (EFiK) verabschiedete den Bericht im Juli und zeigte sich bereit, die im Bericht enthaltenen Empfehlungen einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen
[2].
Zur Volksinitiative „jugend + musik“ vgl. oben, Teil I, 8a (Grundschulen).
Der Nationalrat beschloss in der Wintersession mit einem deutlichem Mehr von 138 zu 32 Stimmen, im kommenden Jahr erneut einen Beitrag von 520 000 Franken an den
Betrieb des Schweizerischen Alpinen Museums zu entrichten. Eine Kommissionsminderheit Loepfe (cvp, AI) hatte analog dem Bundesrat die Kürzung des Beitrages auf 231 000 Franken verlangt, was den für 2008 und 2009 gesprochenen Beiträgen entsprochen hätte. Dies hätte laut der Mehrheit den Erhalt des Museums jedoch gefährdet. Mit einer knappen Mehrheit von 18 zu 14 Stimmen sprach sich auch der Ständerat für den Antrag des Nationalrates aus. Dass das Geschäft bereits zum dritten Mal in der Budgetdebatte beraten wurde, machte jedoch deutlich, dass eine vom Bund getätigte finanzielle Unterstützung von Drittmuseen umstritten ist
[3].
Die kleine Kammer beschäftigte sich im Berichtsjahr als Zweitrat mit dem Entwurf zum
Bundesgesetz über die Buchpreisbindung, welcher für den Buchverkauf während einer Mindestdauer von 18 Monaten eine obligatorische Preisanbindung an einen von Verleger oder Importeur festgelegten Fixpreis vorsieht. Im Sinne der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK), welche argumentierte, dass sich das Gesetz zwar auf den Strukturpolitik-, jedoch nicht auf den Kulturförderungsartikel stützen könne, strich der Ständerat den Verweis zur Kulturpolitik aus der Präambel. Weiter wurde einem Antrag Frick (cvp, SZ) zugestimmt, welcher entgegen der vorberatenden Kommission dafür eintrat, auf aus dem Ausland zugestellte Bücher und auf den in der Schweiz getätigten Internethandel keine Preisregulierung vorzusehen. Die Befürworter dieses Zusatzes äusserten Bedenken zur Praktikabilität einer Preisregulierung des Internethandels und waren der Ansicht, dass dies gegen das Freihandelsabkommen verstossen würde. Ein Antrag Sommaruga (sp, BE), welcher sich gegen diese Ausnahmeregelung stellte, da dies eine Wettbewerbsbenachteiligung für den Schweizer Buchmarkt darstelle, unterlag mit 16 zu 23 Stimmen. Die Kantonskammer schuf eine weitere Differenz zum Nationalrat – in diesem Fall auf Anraten ihrer Kommission: Da es in den Augen der Mehrheit dem Preisüberwacher überlassen sei, den Buchpreis zu regulieren, sprach sich der Rat bei importierten Büchern gegen die Festlegung einer fixen Preisbandbreite von 100 bis 120 Prozent des ursprünglichen Verkaufspreises aus. In letzterem Punkt schloss sich der Nationalrat, welcher das Geschäft zur Differenzbereinigung in der Wintersession behandelte, denn auch dem Ständerat an. Er blieb aber bei seiner Version der Präambel, mit der Begründung, dass das Buch nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Kulturgut sei. Was die Ausnahmeregelungen von der Preisregulierung betraf, sprach er sich erneut für eine abweichende Lösung aus. Er folgte mit 106 zu 73 Stimmen dem Antrag einer Kommissionsminderheit Hassler (bdp, GR), welche sich für die Streichung des betreffenden Zusatzes und somit für eine vollständige Preisregulierung aussprach. Dieses Anliegen wurde insbesondere von den Grünen, der SP und von einem Grossteil der CVP unterstützt
[4].
Eine Motion der WAK, welche vom Bundesrat einen
Bericht inklusive Antrag zur Förderung von Schweizer Buchautorinnen und Buchautoren fordert und welcher der Ständerat im Vorjahr bereits zugestimmt hatte, wurde in der Herbstsession auch vom Nationalrat begrüsst und somit an den Bundesrat überwiesen. Der Nationalrat folgte dabei dem Antrag seiner Kommission, welche zwar von dem im September publizierten Verwaltungsbericht zur selektiven Förderung in der schweizerischen Buch- und Literaturpolitik Kenntnis nahm, den darin enthaltenen Massnahmenkatalog jedoch als zu wenig ausführlich erachtete
[5].
In der Sommersession überwies der Ständerat mit knapper Mehrheit ein Postulat Savary (sp, VD) an den Bundesrat, welches diesen beauftragt, einen
Bericht über die Situation des illegalen Herunterladens von Musik zu erstellen. Im Rahmen dieses Berichts soll der Bundesrat auch prüfen, welche möglichen gesetzlichen Anpassungen zur Bekämpfung dieser Problematik in Frage kommen
[6].
[1]
TA, 13.4. und 10.9.10 (GameCulture);
NZZ,
TA, 26.8.10. Vgl.
SPJ 2009, S. 258 ff.
[2]
NZZ, 29.7.10;
Lit. de Perrot e.a. Vgl.
SPJ 2009, S. 261.
[3]
AB NR, 2010, S. 1744 ff.;
AB SR, 2010, S. 1128 ff.;
NZZ, 30.11.10;
Bund 1.12.10. Eine langfristige Finanzierung will die Motion Joder (svp, BE) sicherstellen (
Mo 10.3998). Vgl.
SPJ 2005, S. 237. Zur allgemeinen Budgetdebatte vgl. oben, Teil I, 5 (Voranschlag 2011).
[4]
AB SR, 2010, S. 27 ff.;
AB NR, 2010, S. 1836 ff. Vgl.
SPJ 2009, S. 261 f.
[5]
AB NR, 2010, S. 1539 f. Vgl.
SPJ 2009, S. 262. Für den Bericht siehe www.bak.admin.ch.
[6]
AB SR, 2010, S. 596 ff.
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