Année politique Suisse 2011 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
Lega dei Ticinesi
Im Jubiläumsjahr – die Lega feierte am 17. Januar 2011 ihr 20-jähriges Bestehen – fand die Protestpartei aus dem Kanton Tessin zu
alter Stärke zurück. Bei den kantonalen Wahlen wurde sie zweitstärkste Partei im Parlament und eroberte sogar einen zweiten Regierungsratssitz. Ein Grosserfolg stellte sich in der Folge auch bei den nationalen Wahlen ein: nach ihrem Sitzgewinn verfügte die Lega wieder – wie bereits von 1991 bis 1995 und 1999 bis 2003 – über zwei Sitze in Bern, wo sie sich wie bereits in der letzten Legislatur der SVP-Fraktion anschloss. Mit ihren reisserisch kommunizierten Themen gegen Arbeitsplatzverluste aufgrund von Grenzgängern, gegen die politische Elite in Bern und ihrer Forderung des „Tessins für Tessiner“ vermochte die Partei Kapital aus der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verunsicherung der Tessiner Bevölkerung zu schlagen
[125].
Die beiden starken Köpfe der Lega, der extremistische Gründervater Giuliano Bignasca und der konziliantere Regierungsrat Marco Borradori, trugen entscheidend zur Erstarkung der Partei bei, gerieten aber im Berichtsjahr aufgrund einer kantonalen Initiative der Tessiner Grünen aneinander. Während Bignasca das Begehren unterstützte, das eine Beteiligung des kantonalen Elektrizitätswerkes „Azienda Elettrica Ticinese“ an einem deutschen Kohlekraftwerk verbieten wollte, sprach sich Regierungsrat Borradori zusammen mit Partei- und Regierungskollege Norman Gobbi gegen das Ansinnen aus. Prompt ernteten die beiden in Bignascas Sonntagszeitung „Mattino della domenica“ böse Kritik
[126].
Gegen den rüden Stil der Lega und die Verunglimpfung politischer Gegner im „Mattino della domenica“ regte sich Widerstand. Der Anfang Oktober gegründete Verein „Associazione Bel Ticino“ trat mit mehreren ganzseitigen Inseraten an die Öffentlichkeit, um gegen den Mattino zu protestieren. Darüber hinaus wurde ein Plagiat der Lega-Postille produziert, das in die Verteilboxen des Mattino gelegt wurde und das seinerseits Exponenten der Lega kritisierte. Bignasca sollte so der Spiegel vorgehalten werden. Während die einen die Aktionen als Zeichen einer erwachenden kritischen Tessiner Zivilbevölkerung deuteten, verurteilten sie andere als Fehler, weil die Kopie eines schlechten Stils schlechter Stil bleibe
[127].
[125] Presse vom 17.1.11;
BaZ, 19.1.11;
CdT, 22.1.11;
LT, 3.2.11;
CdT, 31.3.11;
NZZ, 8.4.11; Presse vom 12.4. und vom 24.–26.10.11;
Lit. BFS, vgl. oben Teil I, 1e (Eidgenössische Wahlen) und die detaillierten Resultate im Anhang.
[126]
CdT, 18.5.11;
TA, 24.5.11.
[127]
NZZ, 13.10.11;
CdT, 14.10 und 15.10.11 (Anzeigen);
CdT, 8.11.11;
TA, 19.11.11;
SoS, 5.12.11.
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