Année politique Suisse 2011 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Mouvement Citoyens Romand (MCR/MCG)
Die Ziele des vor allem in Genf starken, 2005 von den beiden SVP-Dissidenten Georges Letellier und Eric Stauffer gegründeten rechtspopulistischen Mouvement Citoyens Genevois (MCG) waren ambitiös. Sechs Nationalrats- und ein Ständeratssitz sollten erobert werden. Als Mouvement Citoyens Romand (MCR) trat die Bewegung sowohl in Genf als auch im Kanton Waadt zu den nationalen Wahlen an. In Genf erhielt die Bewegung Sukkurs von 9,8% der Wählerschaft, was für einen Sitz in Bern ausreichte. Im Kanton Waadt kam der MCG allerdings lediglich auf 0,5% Wähleranteil. Eine Kandidatur des ehemaligen FDP-Regierungsrats Frédéric Hainard für den MCR im Kanton Neuenburg kam nicht zustande. Der Gewinn eines Nationalratsmandats kam trotz der vorgängigen Erfolge bei den kantonalen (2009) und kommunalen Wahlen (2011) in Genf für viele überraschend. Die Mischung aus rechten Forderungen wie Sicherheit, Schutz der Arbeitsplätze vor Grenzgängern und linken Postulaten (Kinderzulagen, tiefere Krankenkassenprämien) schien dort auch für die nationalen Wahlen zu verfangen. Der gewählte Mauro Poggia wurde allerdings von keiner Fraktion aufgenommen. Weniger Erfolg hatte der MCR mit seinem Versuch, einen Ständeratssitz zu erobern. Die Zweiertickets in Genf (Mauro Poggia und Danièle Magnin) und der Waadt (André Corboz und Roland Villard) lagen jeweils abgeschlagen auf den letzten Plätzen [128].
Bei den lokalen Wahlen im Kanton Genf zog der MCG in 16 von 19 Gemeindeparlamenten ein. Den grössten Erfolg feierte die Bewegung in der Stadt Genf, wo der MCG auf Anhieb elf von 80 Sitzen erobern konnte. 20 Jahre nach den „Vigilants“, die mit ihrem Protest gegen italienische Immigranten erfolgreich gewesen waren, Mitte der 1980er Jahre aber wieder verschwanden, erstarkte in Genf eine neue rechtspopulistische Kraft, die mit Sündenbockpolitik und Ressentiments gegen Grenzgänger Stimmen zu holen vermag. Weniger Erfolg hatte der MCG allerdings bei den lokalen Regierungswahlen. Einzig Präsident Stauffer schaffte es in Onex in die Gemeindeexekutive. Bescheiden war das Ergebnis auch in anderen Kantonen: kantonale Sektionen konnten lediglich in den Kantonen Waadt und Neuenburg gegründet werden. Bei den Lokalwahlen in Lausanne blieb der Mouvement Citoyens Vaudois (MCVD) unbedeutend [129].
Nicht nur mit markigen Worten, sondern auch mit seinen Plakaten wirbelte der MCG Staub auf. Auf einem Plakat wurden drei grosse Krankenkassen unter dem Titel „Arnaque d’Etat“ angeprangert. Nachdem das Plakat verboten wurde, ersetzte es der MCG durch ein schwarzes Plakat mit dem Titel „Affiche censurée“ [130].
 
[128] BaZ, 19.1.11; LT, 14.3.11; TA, 15.3.11; WW, 17.3.11; TG, 19.7.11; NZZ, 22.9.11; Presse vom 24.–26.10.11; Lit. BFS, vgl. oben Teil I, 1e (Eidgenössische Wahlen) und die detaillierten Resultate im Anhang.
[129] QJ, 14.3.11; WW, 31.3.11; BaZ, 5.4.11; QJ, 14.3.11; WoZ, 21.4.11; LT, 15.6.11; vgl. SPJ 2010, S. 371.
[130] Presse vom 6.9.11, 24h, 7.10.11, LT, 8.10.11, SGT, 12.10.11, TG, 15.10.11.