Année politique Suisse 2011 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt
Andere Interessenorganisationen
Das
Verbandsbeschwerderecht war auch 2011 Gegenstand von Parlamentsverhandlungen. Die Motion Scherer (svp, ZH) verlangte, dass das Beschwerderecht für Umwelt-, Natur- und Heimatschutzorganisationen aufgehoben oder zumindest eine Gesetzesgrundlage geschaffen werde, mit der sich in Krisenzeiten das Verbandsbeschwerderecht ausser Kraft setzen lässt. Begründet wurde der Vorstoss mit der aktuellen Wirtschaftskrise: Anstelle von Konjunkturprogrammen solle eine bessere Investitions- und Rechtssicherheit für Bauvorhaben geschaffen werden; womit die Konjunktur effizienter angekurbelt würde, so der Motionär. Der Bundesrat lehnte die Motion mit Verweis auf die deutliche Volksabstimmung vom 30. November 2008 ab. Die grosse Kammer folgte dieser Argumentation und lehnte die Motion mit 106 zu 67 Stimmen ab. Die Befürworter stammten vorwiegend aus der SVP-Fraktion
[13].
Die Motion Rutschmann (svp, ZH) hingegen wurde von der grossen Kammer an der ausserordentlichen Session zu „Atomenergie und erneuerbare Energien“ (am 8. Juni) an den Ständerat überwiesen. Die Motion verlangt, dass das Beschwerderecht von Organisationen bei Vorhaben und Projekten, welche die
Energiepolitik betreffen, aufgehoben wird. Die Rutschmann-Motion wurde vom SR in einen Prüfantrag umgewandelt und dann vom NR entsprechend den Änderungen des SR überwiesen
[14].
Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (
Auns) reichte 2010 die Staatsvertrags-Initiative ein, welche im Berichtsjahr von beiden Räten zur Ablehnung empfohlen wurde. Im September lancierte die Auns zudem eine Neutralitäts-Initiative, für welche die Unterschriftensammlung noch im Berichtjahr startete. Im Zentrum der Vorstösse steht laut Auns die Schweizerische Souveränität
[15].
Die 2010 von der Gruppe Schweiz ohne Armee (
GSoA) lancierte Initiative zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht wurde bis zum Ende des Berichtsjahres noch nicht eingereicht, da die Sammelfrist erst im Januar 2012 abläuft
[16].
Im Januar des Berichtsjahres entschied das Bundesgericht, dass
Gastrosuisse, der Verband für Hotellerie und Restauration, ein Klassifizierungssystem mit Sternen führen darf, nachdem sich Gastrosuisse und
Hotelleriesuisse sechs Jahre darum gestritten hatten. Hotelleriesuisse verlor damit das Monopol auf die Bewertungen, welche den Standards des europäischen Hotel- und Restaurantverbandes Hotrec entsprechen
[17].
Sechs nationale
Familien- und Elternorganisationen bündelten 2011 ihre Kräfte, um die Kompetenzen der Eltern zu stärken. Um den neuen Herausforderungen der Elternschaft begegnen zu können, setzten sie auf die Schwerpunkte Elternberatung, Eltern und Bildung, Kleinkinderförderung bei Migrationshintergrund und Öffentlichkeitsarbeit
[18].
Die letztjährige landesweite Kampagne zur Rettung der finanziell angeschlagenen
Pro Juventute, bei der sich Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Gesellschaft engagiert hatten, zeigte erste Wirkung. Die Bereitschaft, sich für die Stiftung zu engagieren, war nach Stiftungsdirektor Oetiker deutlich zu spüren: Grossfirmen spendeten Geld oder Firmen stockten ihre bisherigen Beiträge auf
[19].
Die
Autoimporteur-Vereinigung, die bisher nicht für politische Einflussnahme bekannt war, wollte mit einer Kampagne vor den Wahlen möglichst viele autofreundliche Politiker ins Parlament bringen. Die Automobilbranche fürchtete sich vor einer Vervielfachung der Kosten für Automobilisten und rechnete vor, dass sich die Ausgaben pro Jahr für ein Auto in den nächsten Jahren verdoppeln würden.
Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) kritisierte diese Aussagen in einer Stellungnahme und sprach davon, dass es die Benützer des öffentlichen Verkehrs seien, welche der Bundesrat in den nächsten Jahren übermässig zur Kasse bitten wolle
[20].
Der
Touring Club der Schweiz (TCS) reformierte an einer ausserordentlichen Versammlung die Strukturen seiner nationalen Dachorganisation, wählte einen neuen Zentralpräsidenten und stimmte einer Revision seiner Statuten zu. Ein einziges nationales Führungsorgan mit 24 Verwaltungsräten, bestehend aus einem Zentralpräsidenten und den Vorsitzenden der Sektionen löst das bisher duale System bestehend aus einem Verwaltungsrat und Sektionsräten ab. Zudem bekräftigten die Delegierten, dass sie gegen das CO2 Gesetz das Referendum ergreifen wollten
[21].
2010 haben die beschwerdeberechtigten Umweltorganisationen in der Schweiz dem
Bundesamt für Umwelt BAFU insgesamt 63 Beschwerdefälle gemeldet, die 2010 erledigt wurden. Der Anteil von 59% teilweise oder ganz gutgeheissenen Beschwerden ist ähnlich hoch wie in den Vorjahren (2009: 61.5%). Im Bereich erneuerbare Energien hatten die Umweltorganisationen gegen sechs Vorhaben Beschwerde erhoben, wobei fünf davon ganz und eine teilweise gutgeheissen wurden. Die Liste mit abgeschlossenen Beschwerdefällen wurde von den Umweltorganisationen 2011 bereits zum dritten Mal veröffentlicht. Der Bundesrat hatte die Auswertung verlangt, nachdem 2007 das Umweltschutzgesetz aufgrund der Initiative Hofmann geändert worden war
[22].
[13] Mo. 09.3685:
AB NR, 2011, S. 598; vgl.
SPJ 2010, S. 377.
[14] Mo. 11.3338:
AB NR, 2011, S. 1909 ff.
[15] BRG 10.090:
AB NR, 2011, S. 2280;
Blick, 8.10.11
[16]
BBI 2011, S. 4403; vgl.
SPJ 2010, S. 376.
[19]
NLZ, 18.1.11; vgl. SPJ 2010, S. 376 f.
[22] Medienmitteilung des BR vom 11.7.2011; zur parlamentarischen Initiative Hofmann (02.436):
AB SR, 2003, S. 668 ff.
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